Freitag21. November 2025

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Lullingen„Park Sënnesräich“: Mit 21.000 Besuchern zieht das interaktive Angebot vor allem Familien an

Lullingen / „Park Sënnesräich“: Mit 21.000 Besuchern zieht das interaktive Angebot vor allem Familien an
Vor dem Eingang zum Indoorbereich mit den interaktiven Stationen signalisieren Nase und Ohren, worum es bei dem Besuch geht: die fünf menschlichen Sinne Foto: Editpress/Claude Lenert

Die große Nase neben den stilisierten Ohren am Eingang zum „Park Sënnesräich“ zeigt, worum es hier geht: die fünf menschlichen Sinne. Kinder ab vier Jahren machen hier körperliche Erfahrungen in einer Zeit, in der die virtuelle Welt zunehmend die Oberhand gewinnt und der Kampf um „Medien- oder Handyzeiten“ in Familien alltäglich ist.

Die angenehm altmodische Erfahrung der Sinne in Echtzeit ist ein Erfolgsrezept – wahrscheinlich gerade heute. 21.000 Besucher haben den „Park Sënnesräich“ im Norden Luxemburgs 2024 besucht. Das ist für die ländliche Region ein respektables Ergebnis. Vor allem existiert er noch gar nicht so lange. Er wurde erst 2017 gegründet und ist jetzt schon eine touristische Attraktion, die sich nicht nur als „Entertainment“ versteht.

Elisabeth Fretz (31) ist für den Park zuständig
Elisabeth Fretz (31) ist für den Park zuständig Foto: Editpress/Claude Lenert

Im Gegenteil: Es gibt mehrere Anliegen bei dem Projekt. Das erste ist die Pädagogik. „Wir wollen, dass nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene hier etwas lernen und mitnehmen“, sagt Elisabeth Fretz (31). Die Betriebswirtin ist seit 2020 für den Park zuständig, der gleichzeitig eine von fünf Werkstätten für Menschen mit Beeinträchtigungen ist. Neben den Sinnen geht es darum, deren Funktion zu vermitteln und der Frage nachzugehen, was es für Menschen bedeutet, wenn diese Sinne eingeschränkt sind.

Teilhabe für Menschen mit Beeinträchtigungen

Das ist der Anspruch der interaktiven Stationen im Indoorbereich. Die Hauptaufgabe ist aber eine andere. „Unsere erste Mission ist es, Menschen mit Handicap eine Arbeitsmöglichkeit zu geben“, sagt Fretz. In Wintger sind es überwiegend Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen. Das Konzept, Menschen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine oder kaum eine Chance haben, über ein touristisches Angebot einzubinden, ist nicht neu.

Mit verbundenen Augen durch das Labyrinth
Mit verbundenen Augen durch das Labyrinth Foto: Editpress/Claude Lenert

Die „Baggerweier“ in Remerschen oder der „Parc merveilleux“ funktionieren ähnlich und sind Besuchermagneten. Zurück nach Wintger: Ist das Lavendel oder doch Pfefferminze, was ich da rieche? Oder schaffe ich es, die Melodie aus dem Lautsprecher auf dem großen, hölzernen Xylofon nachzuspielen? Und wie fühlt es sich an, mit verbundenen Augen große Bürsten zu passieren, um anschließend im Labyrinth „blind“ den Ausgang zu finden?

Sinne, Balance und Wissen

Oder komponiere ich in der „Disco“ mit den Füßen auf den im Boden eingelassenen großen runden Platten nicht nur Musik, sondern rocke auch gleich dazu ab? Ein Besuch weckt in diesen Zeiten Sinneseindrücke, die angesichts der Konkurrenz elektronischer Medien auf dem Rückzug sind. Das gilt genauso für psychomotorische Fähigkeiten bei Kindern, Stichwort: zu wenig Bewegung. Das „AirTramp“, ein zehnmal zehn Meter großes Luftkissen in einem eigens dafür bereit gestellten Raum, ist beliebt und eine weitere Attraktion.

Schmecken …
Schmecken … Foto: Editpress/Claude Lenert

Eigene Produkte

Die federnde Leichtigkeit des Kissens fördert Koordinations- und Balancefähigkeiten. An diesem Tag ist er leider abgebaut. Der Raum wird für die Vorbereitung der Weihnachtspräsente mit den „Gaart“-eigenen Produkten gebraucht. Die aromatisierten Essigessenzen oder Öle, Marmeladen, Schnäpse und Liköre aus den Produkten der Gärtnerei tragen zur Finanzierung der Werkstätten bei.

Die Eigenprodukte der Werkstätten
Die Eigenprodukte der Werkstätten Foto: Editpress/Claude Lenert

Die Erlöse gehören neben den Zuwendungen des Familien- und Arbeitsministeriums zu den Einnahmequellen der Genossenschaft, dem „Lëlljer Gaart“, der hinter dem Projekt steht. Ökonomische Hintergründe hat rund um das Jahr 2010 die Idee, etwas aus dem Park rund um das Gebäude zu machen. „Nur auf die Natur zu setzen, macht in einer Region, wo sie allgegenwärtig ist, keinen Sinn“, sagt der damalige Ideengeber, Marc de Geest (59), Generaldirektor der „Autisme Luxembourg ASBL“.

Der Barfußpfad
Der Barfußpfad Foto: Editpress/Claude Lenert

Der Sozialpädagoge sitzt zu der Zeit ehrenamtlich im Vorstand der Genossenschaft, als die Suche nach einer einträglichen Verwendung des Geländes im Gang ist. Der Eintritt im Park kostet. Der Outdoorbereich empfängt mit einem Hecken- und Maislabyrinth, fünf Trampolinen, Klangstationen, Barfußpfad und einem Spielplatz und bietet mit der Möglichkeit zur Einkehr im Bistro ein ganzes „Tagespackage“ für Besucher.

Besonders im Sommer profitieren Touristen von dem Angebot. Aber nicht nur. „Uns ging es damals darum, etwas Spielerisches zu finden, um gleichzeitig Wissen und Erfahrungen zu vermitteln“, sagt De Geest. Das ist gelungen. Nicht nur die Erwachsenen, sondern auch Senioren- und Kindergruppen aus „Maisons relais“ zählen zu den Besuchern. Im „Park“ denkt man großregional. Seit dem Sommer 2024 gibt es eine Kooperation mit dem Sinnespark „Utopia“ im benachbarten Houffalize in Belgien.

Die Grenze ist nah. Aus dem Interreg-Projekt ist unter anderem eine grenzüberschreitende Schatzkarte entstanden. Wer sucht und die Fragen beantwortet und das Lösungswort ausfüllt, bekommt entweder in Belgien oder in Luxemburg ein Souvenir. Die Bewertungen eines Besuchs reichen von „Daumen hoch“ bis zu „ich habe in Luxemburg noch nichts Vergleichbares gesehen“. Der „Park Sënnesräich“ ist bis jetzt eine Erfolgsgeschichte, die zusätzlich einen sozialen Zweck erfüllt.

„Lëlljer Gaart“ und „Park Sënnesräich“

Die Genossenschaft „Lëlljer Gaart“ betreibt in Lullingen, einer zur Gemeinde Wintger gehörenden Ortschaft, seit 1991 Werkstätten für Menschen mit Beeinträchtigungen. Die meisten Anteile an der Genossenschaft hält das „Foyer Éisleker Heem“, eine Wohneinrichtung für Menschen mit Autismus. Aktuell gibt es fünf Werkstätten: Wäscherei, Bistro, Kreativatelier, Gärtnerei und „Park Sënnesräich“. 73 Menschen mit Behinderungen sind aktuell dort beschäftigt. 20 davon arbeiten allein im „Sënnesräich“. Hinzu kommen 18 Betreuer und fünf Mitarbeiter im administrativen Bereich. Die Erklärungen im interaktiven Museum sind in deutscher und französischer Sprache, die Guides sprechen Luxemburgisch und es gibt Erklärungen auf Englisch, die auf Wunsch begleitend ausgehändigt werden.

Öffnungszeiten: Das Mitmach-Museum ist während der Schulzeit samstags und sonntags von 10.00 bis 17.00 Uhr geöffnet und während der Ferien freitags, samstags und sonntags zwischen 10.00 und 17.00 Uhr. Der Eintritt kostet. www.sennesraich.lu.