„Der gesamte Gazastreifen ist glücklich“, freut sich Abed Rabbo, der die Aussicht auf Frieden mit einer Gruppe junger Palästinenser vor dem Nasser-Krankenhaus in der Stadt Chan Junis im Süden des Küstengebiets feiert. Unter ausgelassenen „Gott ist groß“-Rufen wird einer der Gruppe von einem anderen auf die Schultern gehoben, andere jubeln, klatschen und tanzen zu Musik.
In der Nacht zuvor hatten Israel und die Hamas nach tagelangen Verhandlungen der ersten Phase eines Friedensplans von US-Präsident Donald Trump zugestimmt. Die Vereinbarung, die am Donnerstag unterzeichnet werden soll, sieht eine Waffenruhe und die Freilassung der Geiseln im Austausch für palästinensische Häftlinge vor. Auch dringend benötigte Hilfsgüter für die Menschen im Gazastreifen sollen bereitgestellt werden.
„Trotz all der Verletzungen und des Tötens und des Verlusts von Nahestehenden und Angehörigen sind wir heute glücklich“, sagt Aiman al-Nadschar, der in Chan Junis lebt. Er habe seine Cousins, mehrere Freunde und seinen geliebten Großvater verloren. „Aber heute, trotz alledem, sind wir glücklich“, betont er.
Auch in der sogenannten sicheren Zone Al-Mawasi im Süden des Gazastreifens, in der Vertriebene Zuflucht gefunden haben, ist die Erleichterung spürbar. „Als ich aufwachte, sagte meine Mutter zu mir: ,Der Krieg ist vorbei‘“, erzählt der neunjährige Lajan Massud. „Ich bin aus dem Zelt gerannt und habe meinen Freundinnen zugerufen: ,Es gibt einen Waffenstillstand! Es gibt einen Waffenstillstand!‘“ Viele Kinder erzählen AFP-Reportern, sie hofften auf die baldige Wiedereröffnung ihrer Schulen, die seit rund zwei Jahren geschlossen sind.
Ausgelöst worden war der Krieg im Gazastreifen durch den Überfall von Kämpfern der radikalislamischen Hamas und mit ihr verbündeter Islamisten auf Israel am 7. Oktober 2023. Dabei wurden mehr als 1.200 Menschen getötet. 251 Menschen wurden in den Gazastreifen verschleppt. Seither geht Israel massiv militärisch im Gazastreifen vor, zehntausende wurden getötet, die humanitäre Lage in dem Palästinensergebiet ist katastrophal.

Auch in Tel Aviv hofft man auf Frieden
Zwei Jahre nach dem Hamas-Überfall befinden sich noch immer 47 Geiseln in der Gewalt der Hamas. 25 von ihnen sind nach Angaben der israelischen Armee bereits tot. Bestandteil der Vereinbarung, die am Donnerstag unterzeichnet werden soll, ist in einem ersten Schritt die Freilassung der 20 mutmaßlich noch lebenden israelischen Geiseln. Im Gegenzug sollen fast 2.000 Palästinenser aus israelischer Haft entlassen werden.
„Wir haben 734 Tage auf diesen Tag gewartet“, sagt die 54-jährige Laurence Jizchak inmitten von jubelnden Menschen auf dem Platz in Tel Aviv, der als Platz der Geiseln weltweit bekannt geworden ist, weil die Angehörigen und Freunde dort seit zwei Jahren ausharren und für die Rückkehr der Geiseln demonstrieren. Zahlreiche Bewohner der Stadt schwenken Flaggen Israels und der USA, andere halten Fotos der israelischen Geiseln in die Luft oder tragen Aufkleber mit den Worten „Sie kommen zurück“. Die erwartete Freilassung der Geiseln als Bestandteil des Abkommens sei „eine immense Erleichterung, gemischt mit Sorge, Angst und Trauer für die Familien, die diese Freude nicht erleben werden“, fügt Jizchak mit Blick auf die Toten hinzu.
Die 49-jährige Rachel Peery ringt um Worte, um ihre Gefühle zu beschreiben. „Spontane Freude, Aufregung, Tränen“, sagt die Tech-Angestellte, die ihr Büro verlassen hat, um sich den Menschen auf den Straßen Tel Avivs anzuschließen. „Wir konnten einfach nicht arbeiten. Das ist ein Tag, auf den die ganze Nation seit zwei Jahren gewartet hat, jede Sekunde, jeden Tag.“
Der Geschäftsmann Gyura Dishon ist völlig überwältigt: „Man könnte nicht aufhören zu weinen.“ Die Aussicht auf die Rückkehr der Geiseln nennt er „unglaublich“. Es sei, als wenn plötzlich etwas wahr werde, von dem niemand geglaubt habe, dass es passieren werde.
Auch einige Palästinenserinnen und Palästinenser können kaum glauben, dass ein Ende des Krieges in greifbare Nähe gerückt ist. „Es ist ein seltsames Gefühl – unbeschreiblich – nach zwei Jahren voller Bombenangriffe, Angst, Terror und Hunger“, sagt der 26-jährige Chaled al-Namnam aus Al-Maghasi im Zentrum des Gazastreifens am Telefon. „Als würden wir wiedergeboren.“
De Maart
Feiern die etwa zusammen?
"Unter ausgelassenen „Gott ist groß“-Rufen"
Welcher Gott ist denn nun am grössten?