EditorialOpfer des Menschenhandels besser schützen

Editorial / Opfer des Menschenhandels besser schützen
 Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Der rezente Bericht der Menschenrechtskommission („Commission consultative des droits de l’Homme“, kurz CCDH) zum Thema Menschenhandel spricht von 127 bekannten Fällen in den Jahren 2021 und 2022. Der Bericht ist aber weit mehr als eine Auflistung von aufgedeckten Fällen, er ist auch eine Bestandsaufnahme der Versäumnisse auf staatlicher Seite.

Allein die Tatsache, dass es das Phänomen Menschenhandel – eigentlich ist das Wort „Sklaverei“ viel treffender – noch gibt, müsste aufhorchen lassen, und eigentlich müsste der Staat alles daransetzen, um es zu bekämpfen. Dem ist leider nicht so. Die CCDH ist sich sicher, dass die Dunkelziffer der Fälle wesentlich höher ist, was offensichtlich daran liegt, dass der Staat eben nicht die nötigen Mittel einsetzt, nicht die Prozeduren ausgearbeitet hat, um Verdachtsfällen auf den Grund zu gehen. Unzeitgemäße Statistikmethoden; eine Helpline, die nicht rund um die Uhr erreichbar ist; ungenügend Polizeikräfte; oder noch mangelnde Unterstützung der Opfer, wie z.B. das Fehlen eines Zeugenschutzprogramms usw.: Die Liste der Unzulänglichkeiten ist lang.

Und einigen Behörden fehlt es an Prozeduren oder schlicht an gutem Willen. Ein Beispiel: Dass Flüchtlinge der Gefahr der Ausbeutung durch Menschenhändler besonders ausgesetzt sind, dürfte niemanden verwundern, dass aber die Behörde, die für die Aufnahme von Antragstellern auf internationalen Schutz („Office national de l’accueil“) zuständig ist, seit 2013 keinen einzigen Fall entdeckt hat, verwundert die Autoren des Berichts doch sehr.

Menschenhandel – sei es nun sexuelle Ausbeutung oder Ausbeutung auf dem Arbeitsmarkt – ist eines der lukrativsten Geschäfte der organisierten Kriminalität. Ungeachtet dessen scheint Luxemburg aber ein Paradies für Menschenhändler zu sein. Die Strafen, die gegen solche Täter verhängt werden, sind lächerlich gering. In den letzten zehn Jahren gab es nur 48 Verurteilungen wegen Menschenhandels; die meisten Strafen wurden aber ganz oder teilweise zur Bewährung ausgesetzt. Die Höchststrafe betrug vier Jahre Gefängnis, davon 30 Monate auf Bewährung. Die Opfer wurden hingegen mit Peanuts entschädigt: Der Höchstbetrag lag in den letzten zehn Jahren bei 5.000 Euro.

Der Grund dafür, dass die Strafen und Entschädigungen in keinem Verhältnis zur Tat stehen, könnte u.a. damit zusammenhängen, dass die Opfer oft als Täter gesehen werden. „On ne voit pas l’individu comme victime de la traite des être humains mais comme un délinquant (…)“, wird der belgische Rechtsgelehrte Charles-Eric Clesse im erwähnten Bericht zitiert. Diese Attitüde scheint tief in einem Teil der politischen Elite verwurzelt zu sein, und sie tritt nun offen zutage. Mit dem Bettelverbot macht die Regierung nämlich genau das. Da man an die Drahtzieher der organisierten Zwangsbettelei (um diese geht es ja offenbar) nicht herankommt, hält man sich an die Opfer – und behandelt sie wie Täter. Und dies, obwohl das Strafrecht klipp und klar sagt, dass jemand, der zu einer Straftat gezwungen wurde, nicht dafür belangt werden kann.

Leila
4. März 2024 - 10.17

Dieses Phänomen gibt es nicht nur in Luxemburg, sondern weltweit, (40 Mio Opfer)! Am 6. März kommt auf BR die Doku "Stimmen vom Feuer" um 22:45 h, sicherlich sehenswert.