Freitag21. November 2025

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AustralienOmikron-Explosion führt zu Testchaos und gefährlichen Fehlern

Australien / Omikron-Explosion führt zu Testchaos und gefährlichen Fehlern
Warten auf einen PCR-Test an einer Teststation am Bondi Beach in Sydney Foto: AAP/dpa/Mick Tsikas

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Australien hat das Coronavirus dank geschlossener Grenzen und Blitzlockdowns lange erfolgreich unterdrückt. Doch die Omikron-Variante lässt die Fallzahlen nun so rasant ansteigen, dass Testzentren und Labore völlig überlastet sind. Einige gefährliche Fehler könnten die Situation in den kommenden Tagen nun nochmal verschärfen.

Die Autoschlange nimmt schier kein Ende. Tausende wollen sich derzeit vor allem in Sydney für Covid-19 testen lassen. Die Testzentren sind inzwischen so überlastet, dass Leute wieder weggeschickt werden oder mehrere Tage auf ihre Ergebnisse warten müssen. „Als enge Kontaktpersonen mussten wir heute den gefürchteten PCR-Test absolvieren“, schrieb die Sydneysiderin Jill Gilchrist auf einem Sydney-Stadtteilforum auf Facebook. Um kurz nach halb sechs Uhr am Morgen seien sie bereits die Nummer 28 in der Schlange gewesen. Und als das Testzentrum um 8 Uhr morgens dann aufgemacht habe, da habe die Polizei bereits begonnen, die ersten wieder wegzuschicken.

Bisher hatte Australien seine Bevölkerung dank geschlossener Grenzen und strenger, meist schnell umgesetzter Lockdowns verhältnismäßig gut durch die Pandemie gebracht. Selbst ein Ausbruch der Delta-Variante in Sydney im Juni konnte nach einem 15-wöchigen Lockdown wieder unter Kontrolle gebracht werden. Doch mit der nochmals ansteckenderen Omikron-Variante explodieren die Fallzahlen auf bisher nie gesehene Rekordstände. Am Mittwoch verzeichnete der am schlimmsten betroffene Bundesstaat New South Wales, in dem Sydney liegt, 11.201 Neuinfektionen und drei Todesfälle. Die Zahl der neuen Infektionen verdoppelte sich damit im Vergleich zum Vortag fast. Die Krankenhauseinweisungen kletterten von 557 am Vortag auf 625. 61 Patienten befinden sich derzeit auf der Intensivstation. Aber auch im Rest von Australien – mit Ausnahme des abgeschotteten Westaustralien, das kaum Reisende aus anderen Teilen des Landes zulässt – schossen die Covid-Zahlen in die Höhe: So verzeichnete der Bundesstaat Victoria am Mittwoch über 3.700 neue Fälle und Queensland und Südaustralien meldeten jeweils rund 1.500 neue Fälle.

Hausgemachte Probleme

Vor allem in New South Wales sind die Gesundheitsbehörden inzwischen so überlastet, dass die Kontaktverfolgung – bisher eines der Mittel, die sich in der australischen Pandemiebekämpfung als sehr erfolgreich herausgestellt hatte – reduziert werden muss. Auch in den Testzentren und Laboren herrschen chaotische Zustände. „Die Testkapazität in New South Wales ist derzeit unter enormem Druck und nur die Leute sollten einen PCR-Test machen, die Covid-19-Symptome haben oder in einem Haushalt mit einem positiven Fall leben“, schrieb die Gesundheitsbehörde NSW Health deswegen auf Twitter.

Die Probleme sind hausgemacht: So wurden einige Zentren über die Feiertage geschlossen oder waren nur stundenweise besetzt. Zudem ließen sich viele Leute gerade vor den Feiertagen testen, obwohl sie keine Symptome hatten. Enormen Druck erzeugt seit Wochen aber auch eine Vorgabe der beliebten Urlaubsziele im Bundesstaat Queensland, wo man bisher zur Einreise einen negativen PCR-Test vorlegen musste. Letzteres wurde angesichts der Überlastung der Systeme nun erst mal auf Eis gelegt.

Über die Weihnachtsfeiertage kam es nun noch zusätzlich zu einem möglicherweise schwerwiegenden Fehler. So erhielten rund 1.500 Menschen fälschlicherweise negative Ergebnisse, die eigentlich mit dem Virus infiziert waren. Mary-Louise McLaws, eine Expertin für Infektionskrankheiten und die Covid-19-Beraterin der Weltgesundheitsorganisation, sagte im Interview mit dem australischen Fernsehsender Channel 10, dass dieser Fehler sich als „sehr gefährlich“ herausstellen könnte. Sie sei sich ziemlich sicher, dass diese Menschen ausgegangen und mindestens eine andere Person getroffen hätten, wie sie meinte. „Das sind mindestens weitere 1.400 Leute und wenn es sich hauptsächlich um Delta und einige Omikron-Infektionen handelt, können sie natürlich mindestens bis zu sechs weitere Personen infiziert haben.“ Letzteres könnte bis zu 8.500 zusätzliche positive Fälle zur Folge haben, erklärte McLaws.

Schnelltests sollen Abhilfe schaffen

Die Expertin empfahl, den Druck auf die Testzentren zu entlasten, indem man Menschen, die sich isolieren müssen und die keine Symptome haben, sechs Antigen-Schnelltests gebe und sie bitte, ein paar Tage zu Hause zu bleiben. „Nach Tests über zwei Tage hinweg erreicht man damit eine Genauigkeit von fast 100 Prozent“, sagte sie. „Wenn Sie also zwei Tage hintereinander negativ testen, gehen Sie raus und haben Spaß. Aber testen Sie sich selbst noch weitere vier Tage lang, denn mit Omikron können Sie ab etwa dem dritten oder vierten Tag symptomatisch werden, mit Delta jedoch definitiv am vierten Tag.“

Am Mittwoch kündigte der Premier des Bundesstaates New South Wales, Dominic Perrottet, dann auch an, insgesamt 50 Millionen Schnelltests bestellt zu haben. Perrottet steht selbst derzeit auch in der Kritik, da er trotz steigender Fallzahlen vor Weihnachten das Maskenmandat sowie das Scannen von QR-Codes, das bisher beim Betreten von Geschäften, Schwimmbädern oder Gastronomie Pflicht war, abgeschafft hatte. Erst als der Staat innerhalb einer Woche Rekord-Fallzahlen verzeichnete, ruderte er zurück und führte die Restriktionen wieder ein.

Problem für Gesundheitswesen

Die Summe der Fehler gepaart mit der hohen Ansteckungsgefahr der Omikron-Variante könnte laut Kerry Chant, dem Gesundheitsbeauftragten von New South Wales, nun dazu führen, dass die erste Welle der Omikron-Variante etwa zehn bis 15 Prozent der Bevölkerung in New South Wales infiziert. Obwohl die derzeitige Datenlage in Australien zwar auf einen milderen Krankheitsverlauf der Omikron-Variante im Vergleich zu Delta hindeutet, könnte ein hohes Infektionsgeschehen die absoluten Zahlen bei den Krankenhauseinweisungen trotzdem über kurz oder lang so sehr in die Höhe treiben, dass das Gesundheitswesen in Probleme gerät, wie Ivo Müller, ein Epidemiologe, der am medizinischen Forschungsinstitut Wehi in Melbourne forscht, in einem Telefoninterview erklärte. Dies könne vor allem dann geschehen, wenn auch ein Teil des medizinischen Personals erkranke oder sich isolieren müsse. Zu welchem Ausmaß dies passieren könnte, ist bisher jedoch schwer einzuschätzen. „Omikron scheint eine mildere Variante zu sein, doch unklar ist bisher, ob sie halb so schwer ist wie die Delta-Variante oder ob sie beispielsweise zehnmal milder ist“, wie Müller sagte.