Dienstag4. November 2025

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Team LëtzebuergOlympische Parallelwelt: Das Leben in einer abgeschotteten sportlichen Blase

Team Lëtzebuerg / Olympische Parallelwelt: Das Leben in einer abgeschotteten sportlichen Blase
Gwyneth ten Raa und Matthieu Osch trainierten vor der Eröffnungsfeier bereits fleißig auf dem hundertprozentigen Kunstschnee Fotos: FLS und privat

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Am Donnerstag informierte Missionschef Heinz Thews die luxemburgische Presse in einer Videokonferenz über den Stand der Dinge. Das dominante Thema bleibt weiterhin das Coronavirus. In China ist die gewohnte olympische Parallelwelt dieses Mal sogar hermetisch abgeriegelt.

Das Phänomen ist nicht neu – auch nicht die Kritik daran! –, nur ist dieses Mal in Peking die Qualität noch einmal eine ganz andere. Die Olympischen Spiele sind eine hochexklusive Angelegenheit für die weltbesten Sportler. Dies bedeutet eine streng begrenzte Anzahl an Betreuern, und selbst die Akkreditierungen für die Presse werden nur handverlesen herausgegeben. Aber selbst diese wenigen Pressevertreter kommen, außer beim traditionellen Besuch des Großherzogs, nicht ins abgeschottete olympische Dorf. Die Sportler sollen sich ungestört auf ihre Wettkämpfe vorbereiten können.

Obwohl es ebenfalls Gratis-Fahrscheine für den öffentlichen Transport gab, bewegten sich bereits vor der Pandemie, etwa in Rio de Janeiro 2016, die Journalisten vornehmlich mit den olympischen Buslinien für Akkreditierte und aßen im Medienzentrum oder Hotel. Fotos der Favelas wurden mit riesigen Zoomobjektiven aus dem Bus gemacht und ein Austausch mit der Bevölkerung fand, bis auf wenige Ausnahmen, nicht statt. Aber wenigstens gab es die Möglichkeit.

„Aus dem ‚closed loop‘ rauszukommen, ist nicht vorgesehen. Sightseeing wird es nicht geben“, erklärt Heinz Thews auf Nachfrage kategorisch. Ausnahmslos alle Mitarbeiter, Gäste, Aktive, jeder, der mit den Olympischen Spielen zu tun hat, lebt in dieser Blase. Es dürfte der chinesischen Regierung sogar ziemlich Recht sein, dass der Olympiazirkus vom normalen China hermetisch abgeriegelt ist. So ist hier auch, ganz im Gegensatz zu dem restlichen China, der Zugang zum Internet und sämtlichen Applikationen augenscheinlich uneingeschränkt möglich.

„Paradiesische Zustände“

„Unser Village ist sehr kompakt, alles neu, und der Standard absolut hervorragend. Die fünf Wohnblöcke mit jeweils eigenem Kraftraum und allem, was man sonst braucht, sind hier in Yangyin malerisch angelegt“, lobt Thews die Gastgeber. Da es von diesen nur 300 Meter bis zu den Wachskabinen und dem Skimaterial sei, und von da gleich die Lifte zu hervorragenden Pisten starteten, seien es „paradiesische Zustände“. In seiner gewohnt locker-lustigen Art erklärte er noch vor der Konferenz: „Wir haben ziemliche Freiheit, sobald man im ‚closed loop‘ ist. Man fühlt sich nur wie bei Star Wars mit den Startroopers in ihren Anzügen und beim 50. Mal ist ein PCR-Test dann auch nicht mehr so schlimm.“ Perfekt orchestriert, würde es bei den von 6 bis 23 Uhr durchgehend geöffneten Testzentren auch keine Wartezeiten geben. Diese würde man mittlerweile nach dem Geschick der jeweiligen Fachleuten aussuchen. „Also, ob diese einmal sanft durch den Rachenraum streichen, anstatt tief zu wühlen.“ Wobei der erste Test in Nasen- und Rachenraum gleich nach dem Touchdown am Flughafen der „deepest ever“ gewesen sei und man habe aus den Nachbarkabinen die Schreie gehört.

Auf (Infektions-)Sicherheit wird vom Organisator extrem Wert gelegt, aber das Training und die Wettkämpfe sollen davon möglichst ungestört bleiben. Selbst „closed contacts“ oder Grenzfälle zwischen dem in China üblichem CT-Wert 40 und dem olympischen Standard für Positivfälle von 35 isoliert man „nur“ im Einzelzimmer mit (noch) strengeren Testverfahren und ermöglicht weiterhin Training und Wettkampf. Jedenfalls solange die Infektionszahlen unter Kontrolle bleiben, denn die relativ wenigen Positivtests im „closed loop“ stehen bisher nicht miteinander in Verbindung. Man spüre aber eine gewisse Nervosität, wobei sich nicht nur das Team Lëtzebuerg penibel an sämtliche Vorschriften halte. Neben den täglichen PCR-Tests und Temperaturchecks hat so jeder ständig – auch im Freien – eine Maske auf. „Kein Athlet will hier in Quarantäne oder ,closed contact‘ sein“, meint Thews.

Die Maske immer auf

Das deutlich strengere und im Vergleich zu Tokio vor allem ausnahmslos abgeschirmte chinesische Konzept verlangt den Involvierten zwar Einiges ab, scheint aber aufzugehen und einem Maximum an Athleten aus sportlicher Sicht ungestörte, perfekte Spiele zu bieten. Auch Großherzog Henri ist mitsamt seinem ganzen Hotel für IOC-Mitglieder in der Blase in Peking und wird zum ersten Rennen von Gwyneth Ten Raa am Montagmorgen dann anderthalb Stunden isoliert von „loop“ zu „loop“ reisen. Ähnliches gilt für COSL-Präsident André Hoffmann und Generalsekretär Dan Dax in ihrem Hotel für die „IOC-Familie“. Und selbst der luxemburgische Botschafter lebt als Begleitung des Großherzogs im „closed loop“ und wird nach dessen Abreise beim Rückweg ins normale China – wie die Tausenden Chinesen bei diesen Spielen – erst einmal durch eine 14-tägige strenge Quarantäne müssen.


Eröffnungsfeier am Freitag im Vogelnest

Freitagmittag ab 13 Uhr (20 Uhr Lokalzeit) werden die XXIV. Olympischen Winterspiele, wie bereits vor 14 Jahren zu den Sommerspielen, mit einer großen Feier im Pekinger Vogelnest eröffnet. Beim Einmarsch der Nationen trägt, wie bereits vor vier Jahren, Matthieu Osch die luxemburgische Fahne. Dieses Mal aber begleitet von Gwyneth ten Raa, denn wie bereits in Tokio im letzten Jahr, wünscht sich das IOC eine Frau und einen Mann als Repräsentanten. Der langatmige Einmarsch von 2008 wird dabei deutlich kürzer, da an Winterspielen nur rund ein Drittel der Athleten von Sommerspielen teilnehmen. Zudem dürfen wegen der Pandemie nur jeweils sechs Funktionäre ihre Athleten begleiten. Das kleine Team Lëtzebuerg ist dennoch vollzählig. Und Missionschef Heinz Thews befeuert die Neugier: „Es wird ‘ne Riesenshow. Das ganz große Geheimnis hier ist, wie die Flamme entzündet wird. Da ist ganz was Besonderes geplant, und es soll absolut einmalig sein.“ (ChB.)

Dorj
4. Februar 2022 - 13.20

"Deepest ever", ass dat ären Eescht?