Der Klimawandel sorgt für immer extremere Hitzewellen, ausgetrocknete Naturlandschaften und gigantische Waldbrände. Spanien erlebte im August die schlimmste Feuerkatastrophe seit Jahrzehnten. Deshalb suchen Gemeinden nach neuen Strategien der Vorbeugung. Eine davon klingt zunächst ungewöhnlich: Ziegen als Feuerwehr.
Immer mehr Orte im ganzen Land setzen inzwischen auf die vierbeinigen Helfer. Mit großem Appetit fressen sich die Ziegenherden durch Gestrüpp in den Wäldern und durch hohes Gras auf brachliegenden Feldern – und bremsen damit die Ausdehnung von Bränden.
Eigentlich ist dies eine uralte Methode, mit der jahrhundertelang die Naturlandschaft sauber gehalten wurde. Eine Methode, die in Vergessenheit geriet. Doch angesichts verwilderter Wälder und steigender Brandgefahr erlebt der Ziegeneinsatz neuerdings ein Comeback in Spanien.
50 Tiere arbeiten für die Gemeinde
Ein Beispiel ist das andalusische Dorf Benarrabá in der südspanischen Provinz Málaga. Dort stehen inzwischen 50 Tiere als städtische Angestellte im Dienst. Ihre Aufgabe: Sträucher, Gras und dürres Unterholz vertilgen – das beste Mittel, damit sich ein Feuer im Ernstfall nicht rasend schnell ausbreitet. Jede Ziege frisst im Schnitt 2,5 Kilo trockenes Pflanzenmaterial pro Tag und düngt mit ihren Hinterlassenschaften auch gleich den Boden.
Das sei ein Pionierprojekt, sagt Bürgermeister Silvestre Barroso. In Benarrabá leben rund 2.000 Menschen. „Wir sind die erste Gemeinde in Spanien, die über eine städtische Ziegenherde verfügt.“ Die Ortsverwaltung habe die Ziegen gekauft und sogar einen Hirten angestellt. Der Ziegeneinsatz sei ein öffentlicher Dienst. Wie die Müllabfuhr.
Der Hirte ist ein Einwanderer aus Afrika und heißt Mohammed. Er stammt aus der von Marokko besetzten Westsahara und wurde in einem EU-Kurs zum Hirten ausgebildet. Auf dem spanischen Arbeitsmarkt hatte sich niemand für die Stelle gefunden. Auch die Kosten des Experiments trägt zum Teil Brüssel: Die EU subventioniert das Projekt, das zur Waldbrandprävention beiträgt, der Landflucht entgegensteuert und auch den Erhalt eines aussterbenden Berufs fördert.
„Wir applaudieren“, sagt der Bauernverband. Man hoffe, dass möglichst vielen Gemeinden dies als Anregung diene. Der Verband erinnert daran, dass Weidevieh jahrzehntelang außerhalb eingezäunter Flächen verboten war. Ziegen galten als „Waldzerstörer”, da sie auch junge Pflanzentriebe und Baumrinden abfressen. Inzwischen habe man jedoch erkannt, dass die Ziegenherden, wenn man sie kontrolliert einsetze, zur Landschaftspflege und damit zum Brandschutz beitragen.
Ziegenkäse mit Brandschutzprädikat
Das Modell macht Schule. Auch in den Wäldern um Madrid und Barcelona, auf den Inseln Gran Canaria und Teneriffa sowie im zentralspanischen Kastilien sind inzwischen Herden im Einsatz. Besonders weit geht die nordostspanische Region Katalonien. Dort wurden die „Ramats de Foc“ – die Ziegenherden zur Feuerbekämpfung – sogar mit einem Gütesiegel ausgezeichnet. Käse, der aus der Milch dieser Tiere gemacht wird, trägt das Etikett „Ramats de Foc“. Das hilft bei der Vermarktung: „Wer unseren Käse kauft, rettet nebenbei die Wälder“, werben die Hirten.

Auch das Rathaus der katalanischen Stadt Mataró nahe Barcelona lobt den Einsatz der tierischen Helfer. „Das Projekt ist ein voller Erfolg“, sagt der zuständige Dezernent. Und das Rathaus teilt mit: „Die Beweidung verbessert die Bodenqualität, fördert die Regeneration der Vegetation und steigert die Biodiversität.“ Zusätzlich reduziere sich durch Freihalten des Unterholzes die Brandgefahr und verringere sich die Ausbreitungsgeschwindigkeit möglicher Flammen.
Während Meckern im Rathaus eher unerwünscht ist, gilt es bei den vierbeinigen Mitarbeitern als gutes Zeichen. „Wenn Ziegen meckern, heißt das, dass es ihnen gut geht und sie glücklich sind“, lautet eine alte Hirtenweisheit. Sie meckern, weil sie einfach tun, was sie am meisten lieben: fressen.
Und die Bevölkerung Matarós? Geht ihr die Meckerei vor ihrer Haustür nicht auf die Nerven? Ganz im Gegenteil, wie eine Anwohnerin sagt: „Es ist schöner, Ziegen zu sehen, als lärmende Mähmaschinen zu hören.“
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