Dienstag21. Oktober 2025

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KinoOb Nicole Kidman mit „Babygirl“ ein Comeback gelingt?

Kino / Ob Nicole Kidman mit „Babygirl“ ein Comeback gelingt?
Nicole Kidman (l.) und Harris Dickinson (r.) in „Babygirl“ Foto: Courtesy of A24

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Mit „Babygirl“ feiert die australische Schauspielerin Nicole Kidman gerade ihr viel besprochenes Comeback. Der Film, der auf ironische Weise das Image der Schauspielerin thematisiert, geht spielerisch mit Genrecodes um. Gelingt eine kluge Gesellschaftsanalyse? 

„Babygirl“ ist im Wesentlichen eine Kombination aus der kritischen Schärfe von Todd Fields psychologischem Drama „Tár“ (2022), der Cate Blanchett als virtuose Dirigentin in einem toxischen Netz der Cancel-Culture in Szene setzte, und den effekthaschenden Oberflächenreizen der Bestseller-Verfilmung „Fifty Shades of Grey“ (2015).

Darum geht es: Die erfolgreiche Geschäftsfrau Romy, verkörpert von Nicole Kidman, Leiterin eines Unternehmens, das sich auf Künstliche Intelligenz und Robotisierung spezialisiert hat. Als Romy auf den deutlich jüngeren Praktikanten Samuel (Harris Dickinson) trifft, beginnt sie eine leidenschaftliche Affäre mit ihm, die ihre ausgefallenen sexuellen Wünsche erfüllen soll. Romy hat eine Vorliebe für intensiven BDSM-Sex und sucht die Dominanz, die ihr Ehemann, der devote Familienvater und etwas erfolglose Theaterregisseur Jacob (Antonio Banderas), nicht bieten kann. So entsteht ein komplexes Dreiecksverhältnis, in dem nie ganz durchsichtig wird, wer gerade im Begriff ist, wen zu manipulieren.

Über Machtverhältnisse

Die Regisseurin Halina Reijn hat ihren niederländischen Kollegen Paul Verhoeven als Inspirationsquelle für ihre filmische Arbeit mehrfach genannt, gerade dessen Frühwerk ist an Freizügigkeit in der Darstellung von sexuellen Inhalten und Nacktheit nicht zimperlich. Doch um Freizügigkeit geht es Reijn nicht so sehr, vielmehr fällt ihr Film durch eine düstere Note auf – zudem vermittelt er seine Erotik eher durch Andeutungen als durch explizite Inszenierung, bietet hingegen viele komödiantische und ironische Elemente. Das liegt in der Konzeption dieses Films, der weniger auf kontroverse Schauwerte als auf eine kluge Gesellschaftsanalyse aus ist.

Zunächst berichtet „Babygirl“ viel von der Scham vor den eigenen Gelüsten, der Überwindung dieser Scham und vom Verständnis füreinander im Ausleben dieser. Reijn lässt dabei das Themennetz aus Automatisierung, Kontrolle und Überwachung als zentrale Mechanismen mit einfließen, um so den Blick auf das Hauptthema des Films zu lenken: Es geht um Machtverhältnisse und deren permanente Verschiebung in privaten Beziehungen sowie am Arbeitsplatz. Diese leitmotivische Komponente setzt der Film mit seiner ersten Einstellung, die, in Großaufnahme gelöst, ferngesteuerte Roboterarme bei der Arbeit zeigt. In seinen besten Momenten ist „Babygirl“ eine Erzählung über die Unmöglichkeit eines Machtvakuums – Reijn zeigt in klugen Figurenkonstellationen, dass es nie keine Macht geben kann.

Gelungenes Comeback

Zu diesen distanzierten interpersonellen Beobachtungsversuchen – der Verweis auf Hendrik Ibsens „Hedda Gabler“ ist bewusst im Film gesetzt – fügen sich kalte Bilder in Licht- und Farbsetzung, dazu die unterkühlt-sterilen Räume, die nur noch durch die Unnahbarkeit und Kälte der Hauptdarstellerin übertroffen werden. Denn darüber hinaus ist „Babygirl“ ein Film über Nicole Kidman selbst.

Die Schauspielerin, die oft wegen ihres Körperbildes und der zahlreichen Eingriffe an diesem in den Klatschspalten steht, feiert mit diesem Werk ein Comeback, das auch als Selbstbekenntnis interpretiert werden kann. Kidman und ihr Körper sind auf ironische Weise in die Erzählung integriert – es ist eine bis zu einem gewissen Grad mutige Selbstdarstellung. Auch deshalb mag sie bei den vergangenen Filmfestspielen von Venedig mit der Coppa-Volpi-Trophäe als beste Darstellerin ausgezeichnet worden sein.

„Babygirl“ bewegt sich an der Schnittstelle zwischen Erotikthriller – dessen Genrezuschreibung indes vielmehr Marketingzweck ist –, dunkler Komödie und psychologischem Drama und geht spielerisch mit diesen Genreversatzstücken um. In jedem Fall ist es ein Angriff auf die amerikanische Prüderie und das vermeintliche Glück der Kernfamilie, deren Werte er am Ende zumindest partiell doch wieder affirmiert.