Corona-KriseNun ist die Zeit der Eigenverantwortung: Parlament diskutiert zweite Phase der Exit-Strategie

Corona-Krise / Nun ist die Zeit der Eigenverantwortung: Parlament diskutiert zweite Phase der Exit-Strategie
Zum dritten Mal erklärte die Regierung ihre Vorgehensweise im Rahmen der Corona-Krise vor dem Parlament Foto: Editpress/Alain Rischard

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Bereits am Montag hatte Staatsminister Xavier Bettel angekündigt, ab kommendem Montag werde die zweite Phase des „Déconfinement“, also des Einstiegs in eine gewisse Normalität im Rahmen der Corona-Krise, beginnen. Am Donnerstag präsentierte er diese zweite Phase dem Parlament, das über das weitere Vorgehen debattierte.

Vieles von dem, was Bettel sagte, war demnach bereits bekannt. Er betonte, dass Luxemburg, trotz 98 Toter, bislang Schlimmeres hat verhindern können. Das Gesundheitssystem sei nicht zusammengebrochen, das Virus unter Kontrolle gebracht worden. Dies sei nur durch die Solidarität der ganzen Gesellschaft inklusive der Grenzgänger möglich gewesen. Jetzt sei die Zeit für einen langsamen Übergang in die Normalität gekommen. Besuche bei anderen seien ab Montag zwar möglich. Bis zu sechs Personen können eingeladen werden; allerdings gelten auch dann die sanitären Regeln, die besagen, zwei Meter Distanz zu halten, ansonsten eine Maske zu tragen ist. 20 Menschen dürften sich im Freien treffen, hiermit seien aber keine Grillpartys im Garten gemeint, sondern Treffen an öffentlichen Orten. 

Eine wieder schnellere Verbreitung des Virus sei weiter möglich, deshalb gelte es nun, an die Eigenverantwortung der Bevölkerung zu appellieren, die sich trotz der weicheren Quarantänebedingungen und der anstehenden Eröffnung der meisten Geschäfte verantwortlich benehmen und die oben genannten Regeln einhalten solle. 

Er sei sich bewusst, dass die Gaststättenbetriebe zurzeit einen Überlebenskampf führten, die Regierung werde diese Unternehmen weiter unterstützen, eine Eröffnung von Restaurants und Cafés sei allerdings zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich. Zurzeit werde zudem untersucht, wie die Kurzarbeit weiter genutzt werden könne und die Mietbelastung für die Unternehmen soll durch steuerliche Maßnahmen entschärft werden.

Auch die Medien, die den Wegfall der meisten Anzeigen verdauen müssen, werden finanziell unterstützt. Zurzeit habe der Medienbereich mehr Publikum als sonst, weshalb das Personal gebraucht werde und kaum „Chômage partiel“ angefragt wurde. Er sei froh, dass professionelle Journalisten über die Krise berichteten und man sich nicht auf Informationen aus den sozialen Medien verlassen müsse.

Chirurgische Masken besser als selbstgenähte

Bettel erinnerte daran, dass jeder Bürger weitere 50 Masken erhalten werde. Hierzu meinte Josée Lorsché („déi gréng“), niemand bräuchte die Masken abzuholen, denn die selbstgenähten Stoffmasken seien eine gute Alternative und ökologischer, zumal mittlerweile viele der Papiermasken in der Natur landeten. Von Regierungsseite hieß es allerdings, die verteilten chirurgischen Masken seien von besserer Qualität und den selbstgenähten vorzuziehen, so Gesundheitsministerin Paulette Lenert.  

CSV-Fraktionschefin Martine Hansen vermisste bei der Präsentation Bettels eine richtige Strategie und bedauerte, dass die Dialogbereitschaft der Regierung zu wünschen übrig lasse. Als Beispiele nannte sie den Mangel an Mitsprache der Schulgewerkschaften, der Sozialpartner, der Ärzteschaft … Gut findet die CSV, dass die Abkehr vom „Bleift doheem“ jetzt geschieht. Weiter kritisierte Hansen die Kommunikation der Regierung und forderte einen besseren Zugang zu den relevanten Informationen. Zudem mahnte sie an, die Finanzhilfen für die Betriebe müssten schneller bezahlt werden; viele würden zu lange auf diese Gelder warten. Außerdem stellte sie die Frage in den Raum, ob der Krisenzustand in der aktuellen Situation noch legal sei.

Gilles Baum (DP) begrüßte den „ersten, kleinen Schritt in die Normalität“, während Georges Engel (LSAP) unterstrich, dass nicht alle Betriebe die aktuelle Krise wirtschaftlich überleben würden. Ein Maximum an Unternehmen müsse im Sinne des Erhalts von Arbeitsplätzen vor Konkurs bewahrt werden. Besonders empfindliche Personen müssten weiter durch gezielte Maßnahmen vor dem Virus geschützt werden, ohne diese allerdings komplett zu isolieren.   

Josée Lorsché machte eine optimistische Stimmung im Parlament aus, dies im Gegensatz zu den ersten der fünf parlamentarischen Debatten zum Thema Corona. Sie unterstrich, die Schwächen des Gesundheitssystems seien durch die Krise offensichtlicher geworden. Es mangele an Personal sowohl in den Krankenhäusern als auch im Pflegebereich. Es gelte jetzt, dem entgegenzuwirken. Der ADR-Politiker Gast Gibéryen verwies seinerseits auf die steigende Staatsschuld, die nach der Krise wohl von 20 auf 30 Prozent des Haushaltes steigen werde. Während der Jahre mit hohen Einnahmen hätten die Schulden verstärkt abbezahlt werden müssen, so sein Credo. 

Der Staatsminister habe keine Strategie präsentiert, so Marc Baum („déi Lénk“), sondern lediglich wiederholt, was er bereits am Montag öffentlich angekündigt hatte. Der Krisenzustand, so Baum weiter, müsse nun schnell beendet werden. Ein Schritt näher an der Freiheit hat Sven Clement (Piraten) ausgemacht. Er ging auf den seiner Meinung nach den Parlamentariern zu kurzfristig zugestellten Bericht der Taskforce ein, in dem eine zweite Welle der Infektionen zwischen August und Oktober angekündigt wird und eine Opferzahl zwischen 500 und 1.500 Menschen prognostiziert wird. Hier herrsche noch großer Klärungsbedarf. 

Prinzipiell keine Tracing-App 

Des Weiteren verlangten die Piraten, dass Luxemburg keine Tracing-App anwendet, und reichten diesbezüglich eine Motion ein. Sollte dies aber unumgänglich werden, etwa weil sonst Reisen in andere europäische Länder nicht möglich sind, dann solle die App nur bei höchsten Datenschutz-Standards und weiteren Bedingungen wie der Freiwilligkeit der Nutzer angeboten werden. Hierzu gab es breite Unterstützung des Parlaments, nur die Linke und die ADR lehnten die Motion ab, weil sie die Einführung einer solchen digitalen Anwendung prinzipiell ablehnen. 

Eine von Yves Cruchten (Präsident der außerparlamentarischen Kommission) eingebrachte Resolution, die sich gegen die Schließung der Grenzen durch unsere drei Nachbarländer Deutschland, Belgien und Frankreich wendet, wurde am Donnerstag ebenfalls vom Parlament angenommen.     

HTK
8. Mai 2020 - 15.16

"Chirurgische Masken besser als selbstgenähte" ?? Ja was? Man stelle sich vor es wäre umgekehrt. Gehen wir davon aus,dass wir auf weniger als 1 Meter an einen Nachbarn herankommen(müssen),dann werden im Idealfall beide eine Maske tragen und das macht dann auch Sinn. Abstand und Hygiene(Hände aus dem Gesicht lassen bis sie gewaschen sind) machen den Rest. Ansonsten,warten bis der Impfstoff da ist oder man ist unter den Glücklichen die sich angesteckt haben und keine Reaktion zeigen. Für die Betteltruppe allerdings ein großes BRAVO hier aus Frankreich.