Lando Norris schaute nach dem Großen Preis von Saudi-Arabien mit flehendem Blick und Schweiß auf der Stirn in den Nachthimmel am Roten Meer. Nach einer halbwegs misslungenen Aufholjagd und Platz vier verfiel der 25-Jährige umgehend in Selbstkritik: „Oscar zeigt, wo das Auto stehen kann und soll. Da kann ich nur auf mich zeigen und mir selbst die Schuld zuweisen“, sagte der Brite bei Sky.
Norris’ Leistung beim eiskalten Triumph seines McLaren-Teamkollegen Oscar Piastri in der Hitzeschlacht von Dschidda offenbarte schonungslos, dass ihm zum WM-Titel in der Formel 1 noch einiges fehlt. Trotzdem sei der 25-Jährige „insgesamt zufrieden“, auch wenn er sich „das Leben selbst schwer“ mache. Für seinen weiteren Saisonverlauf bedeutet das nichts Gutes.
Statt ihm durften Piastri, Weltmeister Max Verstappen und Ferraris Charles Leclerc auf dem Podium mit Rosenwasser herumspritzen. Er habe dahinter „das Beste“ geholt, was ging. Doch das klang wenig glaubwürdig
Bis zum dritten und entscheidenden Qualifyingabschnitt war Norris am fünften Rennwochenende der Saison der schnellere der beiden McLaren gewesen. Unter Druck versagten ihm am Samstag aber die Nerven, durch seinen Unfall waren alle Siegchancen für Sonntag dahin. Piastri war im Grand Prix indes mal wieder abgebrüht.
Gleich in Kurve eins habe er mit einem harten Manöver gegen den überraschenden Polesetter Verstappen gezeigt, „wo der Chef sitzt“, sagte der Australier. Der Red-Bull-Star blieb zwar vorne, allerdings nur, weil er abkürzte. Dafür bekam Verstappen folgerichtig eine Zeitstrafe aufgebrummt, die Piastri gnadenlos ausnutzte.
„Ich bin absolut happy, gewonnen zu haben“, sagte er. Kein Wunder: Zum ersten Mal in seiner Karriere steht Piastri in der Gesamtwertung der Königsklasse ganz oben. 99 Punkte hat er auf dem Konto und liegt damit zehn vor seinem Garagennachbar und zwölf vor Verstappen.
Für Norris ist das Ganze ein herber Rückschlag, denn eigentlich will er die Nummer eins bei McLaren und in der Königsklasse sein. Doch titelreif scheint er (noch) nicht zu sein, obwohl er grundsätzlich alles dafür mitbringt und derzeit im besten Auto des Feldes sitzt. Nun muss Norris nicht nur Piastri im Kampf um den Titel fürchten. Auch Verstappen hat sich trotz des verpassten Sieges in Saudi-Arabien wieder zurückgemeldet.
Die Formel 1 geht nun in eine zweiwöchige Pause, erst Anfang Mai werden die Motoren wieder beim Großen Preis von Miami in den USA aufheulen. Norris will sich nach dem Triple-Header ohne Sieg erst mal „erholen“ und dann mit seinen Ingenieuren zusammenzuarbeiten, um „positive Fortschritte zu erzielen“, sagte er. Diese sowie einen klaren Kopf braucht er dringend, denn Piastri hat ihm mindestens vorübergehend eindeutig den Rang abgelaufen. (SID)
Im Überblick
Großer Preis von Saudi-Arabien, 5. von 24 Läufen zur Formel-1-WM 2025, 50 Runden = 308,450 km:
1. Oscar Piastri (Australien) McLaren 1:21:06,758 (228,164 km/h im Schnitt), 2. Max Verstappen (Niederlande) Red Bull 2,843 Sekunden zurück, 3. Charles Leclerc (Monaco) Ferrari 8,104, 4. Lando Norris (Großbritannien) McLaren 9,196, 5. George Russell (Großbritannien) Mercedes 27,236, 6. Andrea Kimi Antonelli (Italien) Mercedes 34,688, 7. Lewis Hamilton (Großbritannien) Ferrari 39,073, 8. Carlos Sainz (Spanien) Williams 1:04,630 Minuten zurück, 9. Alexander Albon (Thailand) Williams 1:06,515, 10. Isack Hadjar (Frankreich) Racing Bulls 1:07,091, 11. Fernando Alonso (Spanien) Aston Martin 1:15,917, 12. Liam Lawson (Neuseeland) Racing Bulls 1:18,451, 13. Oliver Bearman (Großbritannien) Haas 1:19,194, 14. Esteban Ocon (Frankreich) Haas 1:39,723, eine Runde zurück: 15. Nico Hülkenberg (Deutschland) Sauber, 16. Lance Stroll (Kanada) Aston Martin, 17. Jack Doohan (Australien) Alpine, 18. Gabriel Bortoleto (Brasilien) Sauber – ausgeschieden: Yuki Tsunoda (Japan) Red Bull (1. Runde/Kollision), Pierre Gasly (Frankreich) Alpine (1. Runde/Kollision)
Schnellste Rennrunde: Norris (41.) 1:31,778 Minuten
Fahrerwertung: 1. Piastri 99, 2. Norris 89, 3. Verstappen 87, 4. Russell 73, 5. Leclerc 47, 6. Antonelli 38, 7. Hamilton 31, 8. Albon 20, 9. Ocon 14, 10. Stroll 10, 11. Gasly 6, 12. Hülkenberg 6, 13. Bearman 6, 14. Hadjar 5, 15. Sainz 5, 16. Tsunoda 5
Teamwertung: 1. McLaren-Mercedes 188, 2. Mercedes 111, 3. Red Bull 89, 4. Ferrari 78, 5. Williams-Mercedes 25, 6. Haas-Ferrari 20, 7. Aston Martin-Mercedes 10, 8. Racing Bulls-Red Bull 8, 9. Alpine-Renault 6, 10. Sauber-Ferrari 6 (SID)
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