Von Kosovos geschäftsführenden Noch-Premier Albin Kurti haben zumindest die Parlamentsberichterstatter vorläufig genug. Demonstrativ legten Journalistinnen und Reporter ihre Kameras und Mikrophone auf den Boden, als der Chef der linkspopulistischen Vetevendosje (VV) am Mittwoch das Parlament in Pristina verließ. Der Grund: Nach dem fünften erfolglosen Versuch, das Parlament zu konstituieren, hatte Kurti den Medien jegliche Stellungnahme verweigert.
Was will Albin Kurti, fragen sich in Pristina nicht nur die von ihm regelmäßig brüskierten Journalisten. Fast zwei Jahrzehnte hatte der frühere Studentenführer erst den außerparlamentarischen, dann den parlamentarischen Fundamentaloppositionellen gemimt, bevor er im Februar 2020 erstmals für knapp zwei Monate und nach dem Erdrutschsieg seiner VV bei der Parlamentswahl 2021 für ein volles Mandat die Regierungsgeschäfte übernahm.
Vier Jahre später scheint der 50-Jährige trotz des Verlusts der absoluten Mehrheit bei der jüngsten Parlamentswahl im Februar von der Macht weder lassen noch sie teilen zu wollen: Stattdessen scheint der Chef von Kosovos größter Partei eher auf Zeit zu spielen als auf die ernsthafte Suche nach neuen Partnern für eine stabile Regierungsmehrheit zu setzen.
Fast drei Monate sind seit der Parlamentswahl verstrichen, aber noch immer hat sich das Parlament nicht konstituieren können. Obstruktion werfen führende VV-Politiker den bei der Wahl erstarkten, aber keineswegs einigen Oppositionsparteien vor. Tatsächlich ist es aber Kurti und seine VV, die für die Verzögerungen verantwortlich sind.
Keine Absprache mit der Opposition
Zunächst verweigerte Kurti den für die Bestätigung der Abgeordnetenmandate nötigen Rücktritt seines Kabinetts. Dann trat er zwar ab, ließ aber dreimal in Folge die bisherige Justizministerin Albulena Haxhiu (VV) erfolglos für das Amt als Parlamentsvorsitzende nominieren: Drei Mal verpasste die von der Opposition als „Symbol des Misserfolgs der Regierung“ abgelehnte Haxhiu die erforderliche Parlamentsmehrheit um vier Stimmen.
Für Freitag ist die nächste Parlamentssitzung anberaumt. Eine Absprache Kurtis mit der Opposition über für diese akzeptable Kandidaten aus den Reihen der VV ist aber vorläufig weiter nicht in Sicht. Von „Zeitverschwendung“ spricht Doarsa Kica-Xhelili, die stellvertretende Chefin der oppositionellen LDK: „Wir bestreiten nicht das Recht der größten Partei, den Parlamentsvorsitzenden zu stellen. Aber es sollte klar sein, dass sie dafür einen Konsens schaffen muss.“
Ein kooperativer Teamspieler ist der eigenwillige Kurti jedoch nie gewesen. Oppositionspolitiker schließen nicht mehr aus, dass Kurti mit der Dauerblockade des Parlaments erneute Neuwahlen zu erzwingen oder die Regierungsbildung möglichst lange zu verzögern versucht. Denn mit den gegenwärtigen Mehrheiten und seinem Unwillen zum Dialog mit der Opposition dürfte 2026 die Wiederwahl der von ihm unterstützten Staatschefin Vjosa Osmani kaum zu bewerkstelligen sein: Zur Wahl von Kosovos Staatsoberhaupt ist mindestens eine Zweidrittelmehrheit im Parlament vonnöten.
De Maart
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können