Donnerstag6. November 2025

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Später Check-outNirgendwo in der EU wohnen Menschen so lange bei den Eltern als in Kroatien

Später Check-out / Nirgendwo in der EU wohnen Menschen so lange bei den Eltern als in Kroatien
Touristen in Split: Ferienwohnung in kroatischen Küstenstädten sind bei Ausländern beliebt, was allerdings die Wohnungspreise im Land in die Höhe treibt Foto: AFP/Denis Lovrovic

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Zumindest bei der Stärke der Familienbande liegt das jüngste EU-Mitglied in der EU einsam vorn: Durchschnittlich erst mit 33 Jahren verlassen Kroatiens „Jugendliche“ das Elternhaus. Ihr spätes Abnabeln hat auch wirtschaftliche Gründe: Viele können sich die eigenen vier Wände kaum leisten.

Wenn es um die Nachwuchshoffnungen der Nation geht, lösen die drögen Zahlenkolonnen der Statistiker im fernen Brüssel auch beim EU-Neuling Kroatien heftige Debatten aus. Denn zumindest bei der Stärke der Familienbande liegt der EU-Nachzügler laut den im letzten Monat veröffentlichten Erkenntnissen von Europas Statistikamt (Eurostat) einsam vorn: Durchschnittlich erst mit 33,4 Jahren werden Kroatiens alt gewordene Nesthäkchen endlich flügge – und ziehen bei den Eltern aus.

Mit ihrem späten Sprung in die Selbstständigkeit liegen Kroatiens „Jugendliche“ satte sieben Jahre über dem EU-Durchschnitt (26,4 Jahre) und gar mehr als ein Jahrzehnt hinter den nordeuropäischen Frühabnablern in Finnland (21,3), Schweden (21,4) und Dänemark (21,7). Dass Kroatiens in ihren Kinderzimmern erwachsen gewordene Jugend selbst noch 1,8 Jahre länger die Füße unter dem Tisch der Eltern warmhält als ein Jahrzehnt zuvor, ist allerdings ein EU-weiter Trend: Vermutlich auch als Folge der Pandemie ist die 2022 erhobene Verweildauer im Elternhaus gegenüber 2012 europaweit um 1,5 Jahre gestiegen.

Doch obwohl die Menschen auch in der Slowakei (30,8), Griechenland (30,7), Bulgarien (30,4), Spanien (30,4), Malta (30,1 Jahre) und Italien (30) durchschnittlich erst nach 30 Jahren das vertraute Familiennest verlassen, fallen Kroatiens Spätaussiedler mit über 33 Jahren aus dem Rahmen. Wächst Kroatiens Nachwuchs zu verhätschelt auf? Oder sind es wirtschaftliche Nöte, die Jugendliche im Adriastaat erst lange nach Ende ihrer Jugend aus dem Hotel Mama auschecken lassen?

Die Analysten und Medien im Küstenstaat nennen kulturelle und wirtschaftliche Gründe, aber sind sich bei der Bewertung des Phänomens nicht ganz einig. Während das Wirtschaftsportal „dvenik.hr“ von einem „besorgniserregenden Trend“ und die Nachrichtenagentur „Hina“ gar von „niederschmetternden Daten“ spricht, bewertet der Ökonom Predrag Bejakovic die späte Abnabelung jüngerer Landsleute von ihren Eltern differenzierter.

Einerseits gehe der späte Auszug auf Kosten der Selbstständigkeit. Andererseits seien junge Menschen in Südeuropa an das Zusammenleben mit älteren Generationen „gewöhnt“: „Auf diese Weise bewahren wir uns eine familiäre Solidarität, die in Nord- und Westeuropa weitgehend verloren gegangen ist.“

Explodierende Immobilienpreise

Glaubt man den Betroffenen, ist ihr langer Verbleib im Elternhaus allerdings keineswegs immer eine freiwillige Entscheidung: Vor allem der Mangel an Mitteln, aber auch die Eigenheiten von Kroatiens überhitzten Immobilienmarkt verzögern den Abschied von den Elternfittichen.

Die durchschnittlichen Bruttolöhne in Kroatien sind seit dem EU-Beitritt 2013 zwar von 940 auf 1.275 Euro geklettert. Doch große Sprünge können Eltern damit auch kaum wagen: Während der Ausbildung oder des Studiums leben Jugendliche darum meist im Elternhaus.

Auch nach ihrem Berufseinstieg wohnen junge Kroaten auffällig lange bei den Eltern. Zum einen halten die gestiegenen Löhne mit den explodierenden Immobilienpreisen kaum Schritt: Zum anderen ist es auch der hohe Anteil von rund einem Drittel an ausländischen Käufern, der im Touristenmekka Kroatien nicht nur die Immobilienpreise, sondern auch den Mietmarkt unter Druck setzt.

Denn egal, ob sich Westeuropäer in einer der schmucken Küstenstädte eine Ferienwohnung kaufen oder Kroaten aus der Auslandsdiaspora in der Heimat einen Alterssitz erwerben: Ein großer Teil der Zweitwohnungen im Auslandsbesitz steht in Kroatien den Großteil des Jahres leer.

Grober J-P.
14. Oktober 2023 - 12.02

"Später Check-out / Nirgendwo in der EU wohnen Menschen so lange bei den Eltern als in Kroatien."
Stimmt nicht, fragen sie mal hier in die Runde, bei den "Normalos"!