Samstag25. Oktober 2025

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ForumNiedertracht! – Mil Lorang über Beobachtungen zur Vermischung von Holocaust und Nahostkonflikt 

Forum / Niedertracht! – Mil Lorang über Beobachtungen zur Vermischung von Holocaust und Nahostkonflikt 
 Foto: dpa

Am 22. Februar 2025 wurde in Berlin am Holocaust-Mahnmal ein spanischer Tourist von einem 19 Jahre alten Flüchtling aus Syrien niedergestochen, weil dieser einer Pressemitteilung der Generalstaatsanwaltschaft zufolge den Plan hatte, „Juden zu töten“. Es sollen Zusammenhänge zum Nahostkonflikt bestehen und der Tatort sei bewusst ausgewählt worden. „Bei der Festnahme führte der 19-Jährige in seinem Rucksack einen Gebetsteppich, einen Koran, einen Zettel mit Versen aus dem Koran, versehen mit dem gestrigen Datum, und die mutmaßliche Tatwaffe mit sich, was auf eine religiöse Motivation hindeutet“, so die Pressemitteilung.1)  

Am 1. Februar 2025 fand in Luxemburg eine Konferenz mit dem tendenziösen Titel „Exploiting Memory: the Holocaust and the distortion of antisemitism“ (Ausbeutung des Gedenkens: Der Holocaust und die Verzerrung des Antisemitismus) statt. Auf dem Konferenzflyer ist im Hintergrund das Berliner Holocaust-Mahnmal zu sehen. Aus dem Inhalt, also dem „Kleingedruckten“, geht hervor, dass es sich um Themen handelt, die im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt sowie der Politik im Staate Israel stehen. Noch interessanter wird es, wenn man zur Kenntnis nimmt, wessen Initiative diese Veranstaltung war, nämlich diejenige einer Gruppe von acht pro-palästinensischen Organisationen, die sich unter dem Sammelbegriff „Collectives for Palestine“ präsentiert, sowie dem Luxemburger Ableger der italienischen Resistenzorganisation ANPI.2)

„Jewish Call for Peace“?

Eine dieser „Organisationen“ nennt sich „Jewish Call for Peace“ (JCP). Es handelt sich dabei um die Initiative einer Luxemburgerin jüdischer Herkunft, die vorher Präsidentin der größten pro-palästinensischen Lobbyorganisation Luxemburgs war. Dieser Verein ist so viel jüdisch wie ein Friedensverein, der von einem katholisch getauften Luxemburger gegründet werden würde, christlich wäre.

Wenn es um den Holocaust geht, mindestens dem Titel und dem benutzen Bild nach, geht es ja normalerweise um Juden. Um also die Irreführung im Falle dieser Konferenz perfekter zu gestalten, wurde von den „Collectives for Palestine“ der JCP als Organisator nach vorne geschoben. Um dem Thema noch mehr Gewicht zukommen zu lassen, hatte man außerdem die Dreistigkeit, die Veranstaltung in der Periode des Internationalen Holocaust-Erinnerungstags zu organisieren. Die zahlreichen Veranstaltungen, die in diesem Rahmen von Organisationen wie dem „Zentrum fir politesch Bildung“ und MemoShoah Luxembourg alljährlich organisiert werden, standen 2025 unter dem Zeichen des 80. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz.    

Missbrauch des Holocaust

Die Veranstaltung sollte in Neimënster stattfinden, war aber dort nur einer Pressemitteilung des Kulturhauses zufolge provisorisch vermerkt worden, in Erwartung näherer inhaltlicher Angaben.3) Als diese dann geliefert wurden, war der Direktion wohl klar, dass hier der Begriff Holocaust für politische Zwecke missbraucht wurde.

Es ging bei dieser Konferenz gar nicht um das Holocaust-Gedenken, wie es in Luxemburg und generell in Europa betrieben wird, nämlich aufgrund überprüfbarer historischer Fakten, sondern um die Politik im Staate Israel. Indem man aber als Hintergrundbild das Berliner Holocaustmahnmal wählte, wurde suggeriert, in Europa würde das Gedenken an den Holocaust „ausgebeutet“ werden, um das Thema Antisemitismus zu „verzerren“. Obwohl es den Inhalten der Konferenz nach um Israel, oder besser gesagt um das Handeln von Israelis ging, suggerierten der Titel und das benutzte Bild, die Konferenz habe etwas mit dem Genozid der Juden Europas zu tun, habe also etwas mit Juden zu tun.   

Amalgam

Warum setzt der Verfasser diese zwei Geschehnisse in Beziehung zueinander? Weil es sich in beiden Fällen um eine inakzeptable Vermischung der Erinnerung an das schlimmste Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der europäischen Geschichte, den Holocaust, mit dem aktuellen Nahostkonflikt handelt.

Auch der Artikel, der am 18. Februar 2025 auf der Forum-Seite des Tageblatt erschien, in dem es um die Nichtbestätigung eines Konferenzraums für diese Konferenz in Neimënster ging, betonte den jüdischen Aspekt der Veranstaltung. Es war ausschließlich vom „Jewish Call for Peace“ die Rede – kein Wort über die „Collectives for Palestine“ – und von drei „prominenten jüdischen Rednerinnen“, obwohl, wie oben angeführt, das JCP nur dem Namen nach „jüdisch“ ist und die Referentinnen alle drei Bürgerinnen des Staates Israel sind. Es wird de facto behauptet, Neimënster habe eine jüdische Veranstaltung zensiert, habe „wichtige Zeitzeuginnen aus dem Kulturzentrum verdrängt“. Es handele sich also dabei um einen „gravierenden Zensurfall“, der angeblich so gravierend war, dass sogar der in Luxemburg historisch stark belastete Begriff „Maulkorb“ bemüht wurde. Jemand, der eines „Maulkorb-Beschlusses“ beschuldigt wird, wird de facto in die rechte politische Ecke gedrängt.

Dieser „Zensurfall“ soll so schlimm gewesen sein, dass der Schreiber keinen anderen Ausweg aus seinem moralischen Dilemma sah, als die Direktorin von Neimënster öffentlich ad hominem anzugreifen, sie öffentlich beim Kulturminister anzuschwärzen und diesen aufzufordern, „Klartext zu reden“. Obwohl der Minister eigenen Angaben zufolge nichts mit der Programmierung des Kulturzentrums zu tun hat.

All das konnte natürlich bei den Tageblatt-Lesern, in Unkenntnis der tatsächlichen Gegebenheiten, zur Annahme führen, Neimënster habe eine Holocaust-Veranstaltung zensiert, habe Juden zensiert, habe sich also einer antisemitischen Handlung schuldig gemacht. Hätte der Schreiber selbst den Mut aufgebracht, sich direkt an der Quelle zu informieren, wäre wahrscheinlich seine Geschichte zusammengebrochen, bevor sie überhaupt geschrieben wurde. Und der Direktorin von Neimënster wäre eine Rufschädigung der übelsten Art erspart geblieben.   

Schluss

Die inakzeptable Verknüpfung der Verfolgung und Vernichtung der europäischen Juden durch Nazideutschland mit dem Nahostkonflikt hat bereits zu Gewalttaten gegen Juden geführt und wird auch weiterhin den Judenhass, den Antisemitismus, schüren. Alle, die sich in den Dienst dieser Amalgamierung stellen, beteiligen sich direkt oder indirekt am rasanten Wiederaufleben antijüdischer Ressentiments, wo auch immer sie tätig sind.   

1) Pressemitteilung der Generalstaatsanwaltschaft Berlin vom 22.02.2025: https://www.berlin.de/generalstaatsanwaltschaft/presse/pressemitteilungen/2025/pressemitteilung.1534307.php 

2) https://www.tageblatt.lu/headlines/deshalb-blies-das-neimenster-das-event-exploiting-memory-the-holocaust-and-the-distortion-of-antisemitism-ab/ 

3) https://www.neimenster.lu/actualites/prise-de-position-suite-a-la-parution-de-lettre-ouverte-der-minister-schweigt-oder-nicht-tageblatt-18-02-2025/ 

Mil Lorang schreibt seit vielen Jahren Gastartikel für das Tageblatt, die sich mit historischen, sozialen und politischen Themen beschäftigen. Er ist der Autor des Buches „Luxemburg im Schatten der Shoah“.
Mil Lorang schreibt seit vielen Jahren Gastartikel für das Tageblatt, die sich mit historischen, sozialen und politischen Themen beschäftigen. Er ist der Autor des Buches „Luxemburg im Schatten der Shoah“.
Luxmann
13. März 2025 - 15.15

Langatmiges konfuses plaedoyer eines pro zionisten der vom wahren inhalt der geplanten konferenz in neimenster ablenkt.
Naemlich die berechtigte kritik an der rechtsextremen netanyahu regierung,welche den holocaust instrumentalisiert ,um kriegsverbrechen in gaza zu rechtfertigen.