Dienstag28. Oktober 2025

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Nationalkongress„Ni mat riets“ und für den Sozialdialog: LSAP wieder auf Gewerkschaftskurs

Nationalkongress / „Ni mat riets“ und für den Sozialdialog: LSAP wieder auf Gewerkschaftskurs
Die LSAP-Parteivorsitzenden Dan Biancalana und Francine Closener  Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Auf ihrem Nationalkongress in Düdelingen nahm die LSAP am Sonntag quasi einstimmig Resolutionen für den Erhalt des Sozialdialogs und gegen Rechtsextremismus an. Scharfe Kritik übten die Sozialisten auch an der CSV-DP-Regierung, die mit ihrer autoritär-liberalistischen Politik Rechtsextremisten den Weg ebne. 

Ein „Sachstreit“ wurde nicht ausgetragen am Sonntagvormittag auf dem Nationalkongress der LSAP im „Centre sportif René Hartmann“ in Düdelingen, wo die Sozialisten im Rathaus seit fast 80 Jahren die absolute Mehrheit halten. Doch Streit gebe es heute eh kaum noch auf Kongressen, weil die Medien immer negativ darüber berichteten, sagte die graue Eminenz der LSAP, Alex Bodry, vor zehn Tagen in einem Interview im Wort. Weil Streit in einer Partei von den Medien als Schwäche dargestellt werde, kapselten „die Parteien sich immer weiter ein, damit bloß nichts nach draußen dringt und der Eindruck entsteht, man sei nicht einer Meinung“. Dabei sei ein Streit eigentlich ein Zeichen der Stärke, meinte der frühere Bürgermeister von Düdelingen.

„Der LSAP geht es gut, der Zusammenhalt in der Partei ist so groß wie selten zuvor“, sagte der Parteivorsitzende, Abgeordnete und aktuelle Düdelinger Bürgermeister, Dan Biancalana, am Sonntag. „Stunk“ um Personalentscheidungen, wie vor dem letzten Nationalkongress im Juli, gab es diesmal nicht, was wohl auch daran lag, dass keine Personalentscheidung anstand und es noch drei Jahre bis zu den nächsten Wahlen sind. Eine neue Parteispitze wird die LSAP erst nächstes Jahr wählen, sie soll die Sozialisten in den nächsten Wahlkampf führen, der spätestens 2027 beginnen dürfte. Nächstes Jahr will die LSAP auch ein neues Grundsatzprogramm annehmen. Das alte, das seit 23 Jahren in Kraft ist, soll ab Oktober in Arbeitsgruppen im Rahmen einer erst im Juli geschaffenen Zukunftsakademie basisdemokratisch überarbeitet werden, wie Biancalanas Ko-Präsidentin Francine Closener ankündigte. Laut Biancalana hat die LSAP seit einigen Jahren „immens vill Memberen“ hinzugewonnen, alleine in diesem Jahr habe man bereits über 60 Neuzugänge verzeichnet (LSAP-Generalsekretär Sacha Pulli hatte zu Beginn des Kongresses von über 50 neuen Mitgliedern berichtet).

Statuten angepasst

Die Entscheidungen, die die 358 Delegierten am Sonntag trafen, bezogen sich vor allem auf die Parteisatzung. Nachdem die LSAP Mitte November 2022 auf einem Kongress in Walferdingen ihre Statuten für eine paritätische Doppelspitze geöffnet hatte, wurden dieses Jahr vor allem interne Prozeduren klarer definiert und mehrere „technische“ Anpassungen vorgenommen. Die meisten davon waren schon im Vorfeld von den Bezirkssektionen bestätigt worden und mussten vom Kongress nur noch abgesegnet werden. Am Ende lehnten nur die Rümelinger und die Kayl-Tetinger Sektion sowie einige andere Süd-Delegierte die Statutenänderung ab, weil bestimmte Abänderungsanträge von der Parteileitung nicht berücksichtigt worden seien, wie Jimmy Skenderovic, Schöffe in Rümelingen, Ko-Präsident des Südbezirks und selbst Mitglied der Parteileitung, nach dem Kongress erläuterte. So hätte man sich zum Beispiel gewünscht, dass eine Prozedur zur Änderung der Statuten in den Statuten selbst festgelegt werde.

 Alex Bodry und Olivier Cano
 Alex Bodry und Olivier Cano Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Nachdem die LSAP von 2004 bis 2023 ununterbrochen (als Juniorpartner von CSV oder DP) Teil der Regierung war, musste sie sich mit ihrer neuen Rolle in der Opposition erst zurechtfinden. Allerdings plant sie nicht, dauerhaft dort zu bleiben. Der 27-jährige Politikwissenschaftler Olivier Cano, Mitglied der Parteileitung und Berater von Nicolas Schmit bei den Europawahlen, hatte schon im Juli in Roodt-Syr das Ziel ausgerufen, die LSAP 2028 erstmals zur „Premierspartei“ zu machen. Das Kongressmotto am Sonntag lautete: „Fir eis Zukunft: Well et e bessere Wee gëtt.“

Ein Wahlslogan war das noch nicht, doch angesichts der seit Jahren andauernden Krisen – „Covid, Rezession, Krieg in der Ukraine und im Nahen Osten, des russischen Expansionswahns und eines amerikanischen Alliierten, der keiner mehr ist“ – wolle die LSAP den Menschen Perspektiven bieten und Hoffnung auf eine bessere Zukunft machen, sagte Francine Closener in ihrer politischen Ansprache. Dan Biancalana warnte davor, sich von populistischen und rechtsextremen Parteien blenden zu lassen: Sie seien zwar demokratisch gewählt und beriefen sich auf Freiheit und Meinungsvielfalt, doch sobald sie an die Macht kämen, höhlten sie Freiheit und Demokratie aus. LSAP-Generalsekretär Sacha Pulli erinnerte seinerseits daran, dass die Sozialdemokraten in den vergangenen Jahren Wähler an Populisten und Rechtsextreme verloren hätten. Um sie zurückzugewinnen, müsse man sich jetzt wieder auf seine Ursprünge besinnen: „Eine Sozialpolitik, die den Menschen Zuversicht gibt.“

Die beiden Resolutionen, die der Kongress am Ende mit überwältigender Mehrheit verabschiedete, zielten in die gleiche Richtung. In der ersten übte die LSAP den Schulterschluss mit den Gewerkschaften. Am Ende der Covid-Krise hatte die Beziehung zwischen der LSAP und ihrem historischen Alliierten OGBL gelitten. Die Gewerkschaft hatte das Tripartite-Abkommen vom 31. März 2022 nicht mitgetragen, weil es das Verschieben einer Index-Tranche vorsah. Um den sozialen Frieden vor dem anstehenden Superwahljahr nicht aufs Spiel zu setzen, waren die damaligen Regierungsparteien DP, LSAP und Grüne den Gewerkschaften in der Folge entgegengekommen, woraufhin sich auch der OGBL versöhnlich gezeigt hatte. Nach dem Regierungswechsel im Oktober 2023 haben sich die Fronten inzwischen wieder verhärtet. OGBL und LCGB haben eine gemeinsame Gewerkschaftsfront gebildet, weil CSV-Arbeitsminister Georges Mischo damit gedroht hatte, ihnen das alleinige Recht zur Verhandlung von Kollektivverträgen zu entziehen, um den in einer EU-Richtlinie vorgeschriebenen Anteil an Tarifverträgen von 50 auf 80 Prozent zu erhöhen. Die von der Regierung angekündigte Rentenreform und ihre Pläne zur Liberalisierung der Öffnungszeiten lehnen LCGB und OGBL ebenfalls ab.

„Selbst aktiv werden“

In ihrer ersten Kongressresolution übernahm die LSAP nun viele Gewerkschaftsforderungen: Die Rentenform müsse in einem Tripartite-Gremium diskutiert, verlängerte Öffnungszeiten und Sonntagsarbeit im Rahmen von Kollektivverträgen geregelt werden, deren Verhandlung den Gewerkschaften vorbehalten bleiben solle. Der frühere Arbeitsminister Georges Engel kritisierte seinen Nachfolger Mischo, CSV-Premierminister Luc Frieden und den früheren Koalitionspartner DP am Sonntag scharf: In den ersten 15 Monaten habe die Regierung viel Vertrauen zerstört. Die DP arrangiere die businessfreundliche Politik, für die die CSV jetzt gescholten werde. Den DP-nahen Premierminister von der CSV arrangiere sie ebenfalls, während der Arbeitsminister das meiste davon gar nicht verstehe und sich nur freue, „dabei sein zu dürfen“, sagte Engel.

Mit der zweiten Kongressresolution setzte die LSAP am Sonntag ein Zeichen gegen den „erstarkenden Rechtsextremismus“ und sprach sich unmissverständlich für eine Brandmauer aus. Die LSAP dürfe sich im Kampf gegen rechts nicht auf das Anprangern begrenzen, sondern müsse selbst aktiv werden und mit einer ambitionierten Sozialpolitik dagegenhalten, sagte die Fraktionspräsidentin im Parlament, Taina Bofferding. Die Sozialdemokratie mit ihren Kernthemen soziale Sicherheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Freiheit sei die einzige Alternative zur rechten Ausgrenzungspolitik. Die Devise der LSAP laute ganz klar: „Ni mat riets!“ Der frühere Wirtschaftsminister Franz Fayot betonte, fast noch wichtiger als gegen die ADR zu sein, sei es, gegen die vorzugehen, die Rechtsextremen mit einem autoritären Liberalismus den Weg ebneten. Er nannte als Beispiele nicht nur die deutsche CDU und europäische EVP, sondern auch die CSV-DP-Regierung, die mit ihren Angriffen auf den Sozialstaat und auf Bettelnde soziale Kälte verbreite, das Demonstrationsrecht einschränken wolle sowie den Klima- und Umweltschutz untergrabe. Die Regierung mache eine Politik ohne Herz und Verstand, sagte Fayot. Die erste Resolution wurde mit einer Enthaltung, die zweite einstimmig angenommen.