Samstag1. November 2025

Demaart De Maart

1535° Creative HubNeuer Direktor Kristian Horsburgh: „Kreativität ist nicht nur Kulturschaffenden vorbehalten“

1535° Creative Hub / Neuer Direktor Kristian Horsburgh: „Kreativität ist nicht nur Kulturschaffenden vorbehalten“
Kristian Horsburgh, der neue Direktor des 1535° Creative Hub, erklärt seine Zukunftsvision für das Kreativzentrum Foto: Editpress/Julien Garroy

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Kristian Horsburgh ist seit dem 7. März der neue Direktor des 1535° Creative Hub in Differdingen. Er hat klare Visionen. Das Tageblatt traf den 40-Jährigen im „Bâtiment A“ des Kreativzentrums. Effizienz, Austausch und Vertrauen sollen künftig für neuen Schwung sorgen.

Tageblatt: Herr Horsburgh, wie fühlt man sich als neuer Direktor des 1535° Creative Hub?

Kristian Horsburgh: Es ist schwierig, das jetzt schon zu beantworten. Es fühlt sich an wie „la boucle se boucle“. Meine Erfahrung, die ich sowohl in der Geschäftswelt als auch in der Kulturindustrie sammeln konnte, erlaubt es mir, die Aufgaben im Kreativzentrum zu bewältigen und weiterzuentwickeln. Ich saß immer schon zwischen den Stühlen – der Kapitalist unter den Künstlern und der Künstler unter den Kapitalisten. (lacht)

Wo kommt die Faszination für beide Welten her?

Mit einem Geschäftsmann als Vater und einer Künstlerin als Mutter war ich seit meiner Geburt in beiden Welten zu Hause. Für mich war von Anfang an klar, dass Luxemburg ein Konzept wie das Creative Hub braucht – eine deindustrialisierte Zone, wo ein Ökosystem entsteht und man die Kreativ- und Kulturindustrie fördert. Es ist eine Spielwiese, auf der ich jetzt meine Visionen entfalten kann. 

Sie leiten ein Kreativzentrum, sind Sie selbst kreativ?

Ja! Ich bin immer schon sehr kreativ gewesen. Ich habe während der Schulstunden beispielsweise gemalt, um mich konzentrieren zu können. Ich begann als Achtjähriger mit dem Cello. Ich hatte viele verschiedene Bands – auf einige bin ich stolz, bei anderen hoffe ich, dass das Internet sie irgendwann vergessen wird. (lacht) Ich habe die Musik allerdings nie als meine Profession angesehen. Das Cello habe ich im Konservatorium nur für mich selbst abgeschlossen, nicht aber um danach eine musikalische Karriere anzustreben. Diese Einstellung verfolgte mich auch im Berufsleben: Ich landete immer zwischen den Stühlen.

Was bedeutet das für Sie?

Es bedeutet für mich, mit kreativen Menschen zu arbeiten, ohne selbst Künstler zu sein, und im ökonomischen Bereich tätig zu sein, ohne meine Kreativität zu verlieren. Dadurch, dass solche Jobs nicht wirklich existieren, habe ich sie mir selbst gebastelt. Ich besitze eine große Leidenschaft für Menschen und Maschinen. Die neuen Technologien begeistern mich sehr und ich lebe diese Faszination in der Musik aus. Mit meinem Projekt „Church of Analogue“ trete ich regelmäßig als DJ auf und zelebriere es, frei zu improvisieren und mit digitalen Werkzeugen zu experimentieren. 

Sie haben einen Bachelor in Rechtswissenschaft und einen Bachelor in Medien- und Event-Management. Wie möchten Sie Ihre Expertise in die Funktionsweise des Kreativzentrums einbringen?

Alles, was ich bisher studiert, erlebt oder umgesetzt habe, finde ich in meiner aktuellen Funktion als Direktor wieder. Ich habe einen rechtswissenschaftlichen Blick, kenne die Herausforderungen einer Firma und die wirtschaftliche Vision Luxemburgs und verstehe die Position der Kulturschaffenden. Das Creative Hub ist ein Medium für die Professionalisierung und die Entwicklung der Kreativ- und Kulturindustrie. 

Es soll einen strategischen Wendepunkt geben. Wie sieht dieser aus?

Die ehemalige Direktorin Tania Brugnoni hat in den vergangenen elf Jahren ein solides Fundament für das Kreativzentrum geschaffen. Die Daseinsberechtigung des Hubs wurde immer wieder verteidigt – es hat sich mittlerweile sowohl lokal als auch international etabliert. Die nächste Phase besteht darin, den positiven Wandel der Technologie in die Kultur- und Kreativszene einzubringen.

Was liegt Ihnen dabei besonders am Herzen?

Ich möchte der Gesellschaft nahebringen, dass Kreativität nicht nur Kulturschaffenden vorbehalten ist, sondern überall einfließt. Mein Hauptziel ist es, einen Austausch zwischen verschiedenen Bereichen herzustellen und Menschen mit unterschiedlichen professionellen Hintergründen zu vernetzen.

Wie möchten Sie sich national mit dem Kreativzentrum positionieren?

Das Creative Hub soll das bereits existierende Kulturangebot ergänzen: Es gibt noch kein Zentrum in Luxemburg, das die Kulturindustrie mit anderen Wirtschaftszweigen oder der Forschung verbindet. Künstliche Intelligenz, Erweiterte und Virtuelle Realität sollen ebenfalls Einzug in die Kreativindustrie erhalten. Wir arbeiten des Weiteren am Ausbau der Künstlerresidenzen, die hier im „Hangar“ und im „Sonotron“ ihren Platz haben.

Haben Sie ein konkretes Beispiel für diese Herangehensweise?

Wenn ein Künstler mit einem Wissenschaftler, einem Start-up oder einem etablierten Tech-Entwickler kooperiert, kann dies zu einer Win-win-Situation führen. Für den Künstler entsteht eventuell etwas, das er später ausstellen kann. Die Forschung des Wissenschaftlers konnte auf kreative Weise betrachtet und einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden. So schafft man eine Synergie, von der jeder profitiert. Auf europäischem Niveau ist dies bereits sehr etabliert. Natürlich werden wir uns auch mit den anderen Kulturhäusern des Landes austauschen, um gemeinsam an Projekten zu arbeiten.

Was wird sich zukünftig an der Handhabung des 1535° verändern?

Ich möchte die Abläufe allgemein etwas vereinfachen und effizienter gestalten. Meinen Mitarbeitern die nötige Verantwortung zu geben und eine Portion Flexibilität einzubringen, baut ein grundlegendes Vertrauen auf. Der Austausch mit der Gemeinde ist hierbei sehr wichtig – wir operieren im Sinne der Stadt Differdingen und möchten den Einwohnern etwas bieten. Das Miteinander soll gestärkt werden, sowohl bei den Mietern unserer 90 Räume als auch in unserer Mannschaft. Wir überprüfen gerade die Auslegung der Gebäude, damit der Austausch in Zukunft intuitiver erfolgen kann. Die Pläne sind groß, das Team ist klein – wir müssen also sehr effektiv arbeiten.

Wie wird die Öffentlichkeit diese Veränderungen in Zukunft wahrnehmen? Wird sich das Bild des Zentrums verändern?

Ich denke, unsere Mieter werden die Ersten sein, die die Veränderungen wahrnehmen. Es gibt außerdem noch einige Baustellen, die vor der Umsetzung der neuen Vision beseitigt werden müssen. Im kommenden Jahr werden wir daher noch die aktuelle Strategie weiterführen. Ab dem nächsten „Creative Day“ wird der Wendepunkt dann auch für das Publikum sicht- und spürbar werden. Wir wollen uns auch mehr in die Gemeinde selbst einbringen, den Einwohnern zeigen, was wir machen. Aber zuerst schauen wir intern, dass alles läuft und bauen das Konzept dann auf einer nationalen und europäischen Ebene aus. 

Kristian Horsburgh freut sich auf die Zukunft im 1535° Creative Hub
Kristian Horsburgh freut sich auf die Zukunft im 1535° Creative Hub Foto: Editpress/Julien Garroy

Kristian Horsburgh

– Geburtsort: Luxemburg
– Alter: 40 Jahre
– Familienstand: in einer Lebensgemeinschaft, eine Tochter
– Hobbys: Musik und Malen
– Motto: „Man kann nur frei sein, wenn man die Regeln kennt“
– Ausbildung: Bachelor in Rechtswissenschaft an der Université Nancy 2 und in Media- und Event-Management an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Berlin