Jüngstes Beispiel: Belgien. Obwohl das kleine EU-Land mit seinen acht Offshore-Windparks als vorbildlich gilt, hat es massive Probleme. So wird eine für 2026 geplante künstliche Energie-Insel vor der Nordseeküste eine Milliarde Euro teurer als geplant, wie die belgische Energieministerin Tinne Van der Straeten (Grüne) einräumen musste. Ergebnis: Der Strom wird nicht wie versprochen günstiger, sondern teurer – denn die Mehrkosten werden auf die Verbraucher umgelegt.
Ein weiteres Beispiel nannte die Kommission: Alle großen Windturbinen-Hersteller in Europa haben im vergangenen Jahr operative Verluste gemeldet. Dazu habe eine unzureichende Nachfrage beigetragen, sagte ein Kommissionsexperte. 2022 wurde in der EU zwar eine Rekordzahl von Windkraftanlagen errichtet. Allerdings liegt die Leistung deutlich unter den 37 GW/Jahr, die nötig sind, um die Erneuerbaren-Ziele für 2030 zu erreichen.
Um den Trend zu wenden, schlägt die Brüsseler Behörde mehrere Sofortmaßnahmen vor. Dazu zählen schnellere Genehmigungsverfahren, die auch digitalisiert werden sollen. Dabei will die Kommission die Staaten unterstützen. So soll es finanzielle Hilfen für die Schulung von Behörden geben. Auch von aktualisierten Empfehlungen und Leitlinien ist die Rede – konkreter wird es allerdings nicht.
Auch die Finanzhilfen, die die Kommission anbietet, bleiben vage. Man wolle den Zugang zu EU-Finanzmitteln erleichtern, hieß es in Brüssel. Außerdem werden die Länder ermutigt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Windkraftindustrie mit staatlichen Beihilfen zu unterstützen. Dies können sich allerdings nicht alle EU-Mitglieder leisten.
„Größer denken, investieren und innovieren“
Ein weiteres Problem ist die wachsende internationale Konkurrenz – etwa aus China, aber auch aus den USA. Die Brüsseler Behörde gelobt, härter gegen mögliche unfaire Handelspraktiken vorzugehen und dabei auch auf neue EU-Gesetze zurückzugreifen, die den europäischen Markt schützen sollen. Am Grundproblem – dem schleppenden Ausbau in Europa – dürfte dies allerdings nichts ändern.
„Wir müssen größer denken, investieren und innovieren“, sagte Energiekommissarin Kadri Simson. Der EU sei es während der Energiekrise gelungen, das Schlimmste – einen Blackout – zu verhindern und den Ausbau der Erneuerbaren voranzutreiben. Doch das reiche nicht aus. Mit den neuen Maßnahmen werde sichergestellt, „dass der Windkraftsektor ein starker europäischer Akteur bleibt“.
Davon sind jedoch nicht alle überzeugt. „Der Vorschlag der Kommission ist gut, aber ein halbherzig zusammen gestrickter Flickenteppich“, sagte der Europaabgeordnete Rasmus Andresen von den Grünen. Nötig sei eine Vorfahrt auf der Autobahn. „Wir sollten ganze Streckenabschnitte für den Turbinentransport freigeben“, so Andresen. Enttäuscht zeigte sich auch das Europäische Umweltbüro EEB. Es fehle die Bürgerbeteiligung.
De Maart
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können