Sonntag9. November 2025

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Forum / Neue Ziele, dieselben Probleme
 Foto: Fernando Vergara/AP/dpa

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Mit Aserbaidschan übernimmt nun zum dritten Jahr in Folge ein autoritärer, repressiver öl- und gasexportierender Staat die COP-Präsidentschaft. Auf der Agenda stehen vor allem ein neues globales Klimafinanzierungsziel und die Verhandlungen zu den internationalen CO₂-Märkten – und damit auch die Frage globaler Gerechtigkeit in der Klimakrise. 

Und damit wären wir schon bei des Pudels Kern. Das große Streitthema Geld. Daran ist, in großen Teilen zumindest, die Weltnaturkonferenz in Kolumbien gescheitert. In Cali sollte das bisher wichtigste Abkommen zum Naturschutz überhaupt umgesetzt werden: das Montreal-Abkommen, beschlossen auf der vergangenen Weltnaturkonferenz 2022 in Kanada. Es ist vergleichbar mit dem Paris-Abkommen zum Klimaschutz. Das wichtigste Ziel: Bis zum Jahr 2030 30 Prozent der Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen.

Doch die Fakten sprechen eine andere Sprache. Die Fläche der seit Montreal neu ausgewiesenen Schutzgebiete an Land wuchs nur um ein halbes und auf See sogar nur um 0,2 Prozent. Damit sind bisher weniger als 18 Prozent der Land- und gut acht Prozent der Meeresfläche geschützt. Rechnerisch müssten an Land täglich 10.000 Quadratkilometer neuer Schutzgebiete hinzukommen, in den Ozeanen müssten an jedem Tag 85 neue Meeresschutzgebiete ausgewiesen werden, um das Ziel zu erreichen. 

Enttäuschend 

Alles in allem enttäuschend. Gerade der globale Süden ist enttäuscht. Die brasilianische Chefverhandlerin Maria Angelica Ikeda fasst es so zusammen: „Die Entwicklungsländer sind sehr enttäuscht über die mangelnde Offenheit der Industriestaaten.“ Die Entwicklungsländer seien Länder, die Hunger, Armut, Ungleichheit und städtische Gewalt bekämpfen müssen, die sich gleichzeitig für die Umwelt einsetzen müssen und zudem immer wieder von Waldbränden und Flutkatastrophen heimgesucht werden, so Ikeda.

Zentrales Streitthema war nicht nur die Summe des Geldes, sondern auch der Mechanismus, über den es fließen soll. Die Länder des globalen Südens fordern einen neuen Fonds für Biodiversität, bei dem sie mehr Mitspracherecht haben. Das bisherige Instrument, bei der Weltbank angesiedelt, werde von den Industriestaaten dominiert. Und damit wurde die wohl zentralste Entscheidung in Cali, nämlich wie der Schutz der Natur und der Biodiversität finanziert werden soll, erneut auf die lange Bank geschoben.

Eines der Ziele der Weltnaturkonferenz in Kolumbien sollte es sein, ein starkes Zeichen nach Baku zur COP29 zu schicken. Dies ist nicht gelungen. Was das genau für die Konferenz in Aserbaidschan heißt, wird sich zeigen. Die Konferenz gilt als „Klimafinanzierungs-COP“, weil die wichtigste anstehende Entscheidung die Einigung auf ein neues kollektives Klimafinanzierungsziel ist. Seit dem Kopenhagener Klimagipfel 2009 gab es ein international gesetztes Finanzziel, wonach der globale Norden ab 2020 den globalen Süden mit 100 Milliarden US-Dollar Klimafinanzierung pro Jahr unterstützen sollte. Dieses Ziel, das politisch gesetzt und nicht am aktuellen Bedarf oder wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert war, läuft 2025 aus und muss durch ein neues Ziel abgelöst werden. Das wird in Baku verhandelt.  

Die Realität 

Nach Angaben des UN-Umweltprogramms wurden im vergangenen Jahr weltweit 1,3 Prozent Treibhausgase mehr ausgestoßen als 2022. Verglichen mit 2021 sind es sogar 2,5 Prozent mehr. Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass das 1,5-Grad-Ziel sicher nicht zu halten ist. Ein „weiter so“ darf es nicht geben.   

Was tun also? Weder Emissionshandel noch Geoengineering werden das Problem lösen. Der aktuelle Trend weg von den vor wenigen Jahren gesetzten Klimazielen ist sicherlich der falsche. Doch die starken Industrielobbys bleiben dran. Der allgemeine Rechtsruck in Europa bringt uns dem Ziel, die Folgen des Klimawandels zumindest abzubremsen, nicht näher. Im Abschlussdokument der COP28 in Dubai wurde zur Abkehr von den fossilen Brennstoffen aufgerufen. Dagegen wurde der von mehr als 100 Staaten geforderte klare Ausstieg aus Gas, Kohle und Öl in diesem Dokument leider nicht berücksichtigt. Es steht zu befürchten, dass es in Baku ähnlich laufen wird.

Doch nur wenn alle fossilen Brennstoffe in der Erde bleiben, kann der aktuelle Trend abgebremst werden. Eine aktuelle Studie der NASA geht von einer Erderwärmung von 2,0 Grad Celsius bis Mitte der 2040er-Jahre aus. Die Folgen einer solchen Erwärmung wären katastrophal: Dürren, Überschwemmungen, Ernteausfälle und Artensterben. Bereits heute ist es weltweit durchschnittlich 1,14 Grad wärmer als zu vorindustriellen Zeiten. Und die Folgen sind erschreckend. Wir können es uns nicht leisten, darauf zu hoffen, dass es so schlimm auch nicht wieder kommen wird.  

 Editpress