EU-ParlamentNeue Regeln für den Markt für Kurzzeitvermietungen

EU-Parlament / Neue Regeln für den Markt für Kurzzeitvermietungen
1.550 Euro werde für eine kleine Wohnung in Paris während der Olympischen Spiele gefragt – pro Nacht Foto: AFP/Miguel Medina

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Bislang hatten sich große Vermietungsplattformen nur verpflichtet, anonyme Statistiken zu liefern. Nun müssen sie genau angeben, wie viele Touristen wie lange und wo in Privatunterkünften übernachten. Damit will die EU Mietpreissteigerungen und Verdrängung der heimischen Mieter verhindern.

Die EU-Abgeordneten wissen selbst genau, über was sie da am Donnerstag in Straßburg entscheiden. Einige von ihnen weichen den in Plenarwochen im Elsass exorbitant steigenden Hotelpreisen aus, indem sie lieber private Unterkünfte über die großen Vermietungsplattformen buchen. Und aus ihrer Heimat berichten sie Spektakuläres. 1.550 Euro werde für eine kleine Wohnung in Paris aufgerufen, weiß die französische Linke Leila Chaibi. Nicht pro Monat, sondern pro Nacht – während der Olympischen Spiele. Kein Wunder, dass Mietwohnungen für die Pariser knapp werden. Aus Prag steuert der Liberale Ondrej Kovarik bei, dass „ganze Reihen von Wohnblöcken umfunktioniert“ würden und bereits die Hälfte der Wohnungen nur noch kurzzeitig mietbar sei. Gegen die Vertreibung der Stadtbewohner durch Massen von Touristen geht die EU nun vor. Das Parlament gab grünes Licht für eine neue Verordnung.

Diese binnen zwei Jahren in nationales Recht umzusetzenden Vorgaben machen es den großen Plattformen zur Auflage, den jeweiligen nationalen Behörden einmal im Monat genaue Daten zu liefern: In welchen Wohnungen wer an wie viele Personen für wie viele Übernachtungen was vermietet hat. Sie müssen zudem durch Stichproben sicherstellen, dass die von den Vermietern gemachten Angaben auch stimmen. Damit sollen auch die Verbraucherrechte gestärkt werden, damit sich das Bed & Breakfast nicht als karge Kammer ohne Kühlschrank entpuppt, in der man eine Luftmatratze aufblasen darf, wie die Chefverhandlerin des Parlamentes, die niederländische Linke Kim van Sparrentak, bemerkt.

Selbst durch sporadisches Vermieten leerstehender Wohnungen ließen sich im Schnitt 22.000 Euro im Jahr verdienen, listet van Sparrentak auf. Die Wohnqualität in den betroffenen Vierteln werde schlechter, der soziale Zusammenhalt gehe verloren, die Mietpreise würden in die Höhe getrieben und es fehle schlicht an ausreichendem Wohnraum. Am Beispiel Amsterdams führt sie vor, was passiert, wenn 78 Prozent der 8.700 bei Airbnb angebotenen Unterkünfte dem Markt für Mietwohnungen entzogen werden: Es komme zu Lehrermangel, weil die Pädagogen in der Stadt nicht mehr wohnen könnten.

Die Dimension macht Binnenmarktkommissar Thierry Breton mit einer einzigen Zahl klar: Allein im August vergangenen Jahres seien in Europa 125 Millionen Übernachtungen über die einschlägigen Plattformen wie Airbnb, Booking, Expedia oder Tripadvisor abgewickelt worden. Airbnb weitete nach Kommissionsangaben die Zahl seiner angebotenen Objekte zwischen 2007 und 2021 von 2.500 auf 5,6 Millionen aus.

Heftiges Tauziehen um endgültigen Text

Die Plattform selbst begrüßt einen einheitlichen Rechtsrahmen für alle 27 EU-Staaten und beziffert selbst die Einkünfte eines typischen Gastgebers mit „etwas mehr als 3.000 Euro“, was bei 40 Prozent der Befragten helfe, sich die steigenden Lebenshaltungskosten leisten zu können. Im Jahr vor der Pandemie hätten Reisen über Airbnb „fast 345.000 Arbeitsplätze in der EU geschaffen“ und die Ausgaben der Gäste mit 19 Milliarden Euro zur Wirtschaftskraft der EU beigetragen.

Ein heftiges Tauziehen um den endgültigen Text war der finalen Entscheidung vorausgegangen. So hatten die Gesetzgeber unterschiedliche Vorstellungen, wann und wie Verstöße gegen nationale und lokale Vorschriften sanktioniert werden können. Nationale Behörden sollen nun Registrierungsnummern von örtlichen Anbietern sperren oder entziehen und die Plattformen auffordern können, die Inhalte auf der Webseite zu entfernen. Ausnahmen von der monatlichen Meldefrist über noch einzurichtende digitale Übergabepunkte gibt es nach den Verhandlungen nun für kleine Plattformen mit weniger als 4.250 Angeboten. Zudem ist jedes Mitgliedsland verpflichtet, einen nationalen Koordinator zu ernennen.

Das Parlament stimmte mit 493 Ja- gegen 14 Nein-Voten für die neue Verordnung, die die derzeitige Blockade der Daten auflöst. Die Chefin des zuständigen Binnenmarktausschusses, die Grünen-Abgeordnete Anna Cavazzini, nannte das einen „Durchbruch für Städte, die gegen illegale Ferienwohnungen vorgehen wollen“. Endlich hätten diese das entscheidende Werkzeug in der Hand. „Jetzt haben wir freie Fahrt für Transparenz und fairen Wettbewerb“, freute sich die österreichische EVP-Abgeordnete Barbara Thaler. Private Anbieter und gewerbliche Betriebe müssten nach denselben Regeln spielen. Darüber könne sich letztlich auch der Fiskus freuen, meinte der niederländische Christdemokrat Antonius Manders.

Romain
2. März 2024 - 11.40

Solange Leute überhöhte Mietpreise bezahlen werden die Preise steigen bis zum Gehtnichtmehr.