Sonntag26. Oktober 2025

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Krieg in der UkraineNATO-Beitritt: Eile in Finnland, Druck in Schweden

Krieg in der Ukraine / NATO-Beitritt: Eile in Finnland, Druck in Schweden
Premierministerin Sanna Marin will Finnland in das Verteidigungsbündnis lotsen Foto: AFP/Angelos Tzortzinis 

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Finnland will wohl lieber heute als morgen der NATO beitreten. Der russische Angriff auf die ebenfalls allianzfreie Ukraine hat die Finnen „hellwach gemacht“, sagt Staatspräsident Sauli Niinistö. Das bringt Schweden in Zugzwang.

Finnland macht Tempo in Sachen NATO: Nach Angaben der in Helsinki gut vernetzten Zeitung Iltalehti soll bereits am 12. Mai eine Entscheidung im Parlament über den Beitritt in den Nordatlantikpakt kundgetan werden.

Dabei würden nach bisherigen Debattenbeiträgen vermutlich alle Parteien im Parlament bis auf die Linkspartei einen Antrag auf Mitgliedschaft befürworten. Die sozialdemokratische Regierungschefin Sanna Marin soll auch zu den Unterstützern gehören, so Medienberichte.

In den jüngsten Umfragen liegt die Zustimmung bei 65 Prozent in der Bevölkerung des Landes mit 5,5 Millionen Einwohnern. Seit seiner Staatsgründung 1917 ist Finnland bis auf eine Kooperation mit NS-Deutschland von 1941 bis 1944 stets bündnisfrei geblieben. Der russische Angriff auf die ebenfalls allianzfreie Ukraine hat die Finnen „hellwach gemacht“, wie es deren Staatspräsident Sauli Niinistö formuliert. Der Konservative gilt seit den Nullerjahren als Anhänger einer NATO-Mitgliedschaft und wird diese Position spätestens am 12. Mai offiziell kundtun.

Hilfe erst als Mitglied

An diesem Tag werden neben dem Präsidenten auch die Premierministerin sowie die Parlamentsfraktionen ihre Position zur NATO-Mitgliedschaft darlegen. In Finnland ist entweder mehr als die Hälfte oder 66 Prozent der Abgeordneten im Parlament für eine Mitgliedschaft entscheidend, was ein Ausschuss noch klären muss.

Der Rat der NATO sollte dann bald grünes Licht geben, der Generalsekretär Jens Stoltenberg hat in der letzten Zeit vermehrt Finnland und Schweden willkommen geheißen und eine rasche Prozedur versprochen. Allerdings müssen alle 30 Mitgliedsstaaten zustimmen, dies kann bis zu einem Jahr andauern. In dieser Zeit gilt für beide Länder noch nicht der Artikel 5, der den Beistand der Mitglieder verpflichtet, wenn ein NATO-Staat angegriffen wird.

Ursprünglich war in Finnland geplant, dass allein die regierenden Sozialdemokraten am 14. Mai ihre Entscheidung kundtun, die Analyse zur Verteidigungssituation des Landes, die dem Parlament seit dem 12. April vorliegt, sollte auch länger im Parlament diskutiert werden. Spätestens vor dem NATO-Gipfel am 29. Juni in Madrid war eine Entscheidung von beiden skandinavischen Ländern geplant.

Atom-Bauprojekt mit Russland gestoppt

In Finnland hat ein Firmenkonsortium ein Projekt zum Bau eines Atomkraftwerks mit Russland gestoppt. Die Unternehmensgruppe Fennovoima erklärte am Montag, den Vertrag mit dem russischen Staatskonzern Rosatom für die Erstellung der Anlage in Zentral-Finnland aufgekündigt zu haben. Als Grund nannte Fennovoima Verzögerungen und wachsende Risiken durch den Krieg in der Ukraine. Seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine hatte der finnische Wirtschaftsminister Mika Lintilä eine endgültige Genehmigung des AKW-Projekts wiederholt ausgeschlossen. Lintilä begrüßte die Entscheidung des Konsortiums.

Mit der beschleunigten Prozedur in Helsinki wird Stockholm unter Druck gesetzt. Denn mit der dortigen Regierungschefin Magdalena Andersson hat Sanna Marin eine Gleichzeitigkeit des (möglichen) Beitritts vereinbart.

Beide Länder sind auch seit der russischen Krim-Annexion eine engere Partnerschaft mit der NATO eingegangen und haben an Manövern mit Staaten dieses Bündnisses teilgenommen. Im ebenfalls sozialdemokratisch regierten Schweden ist die Unterstützung für eine Mitgliedschaft nicht so deutlich – nach aktuellen Erhebungen liegt sie in der Bevölkerung bei 54 Prozent.

„Müssen schnell agieren“

Klar dagegen ist auch hier die Linkspartei, die Sozialdemokraten sind noch gespalten, die restlichen Parteien des Parlamentsvotieren für einen Beitritt. Allerdings braucht diese Entscheidung 75 Prozent Zustimmung im Parlament.

Außenministerin Ann Linde, die wie Regierungschefin Magdalena Andersson als NATO-Befürworterin gilt, macht seit Tagen Druck, dass Schweden bald entscheiden solle: „Wir müssen schnell agieren“, so die Sozialdemokratin. Linde argumentiert, dass beide Länder gegenüber Russland verletzlicher seien, wenn der Prozess zu lange dauere. Mit dieser Eile sind viele Parteimitglieder nicht einverstanden. Zudem ist in Schweden die Untersuchung zur Sicherheit der Nation noch nicht fertig erstellt worden, sie soll erst am 14. Mai veröffentlicht und im Parlament diskutiert werden.

Während Finnland eine über 1.300 Kilometer lange Grenze mit Russland teilt, fürchtet Schweden, dass seine strategisch wichtige Ostsee-Insel „Gotland“ von russischen Truppen besetzt werden könnte.