Wenn es eng wird um das nötige Kleingeld, besinnt man sich gern auf Rücklagen und verkauft auch schon mal die Pretiosen. So jedenfalls dachten es sich die letzten Abkömmlinge des Hauses Savoyen und forderten von der italienischen Staatsbank die Kronjuwelen zurück, die dort seit Ende des Zweiten Weltkriegs aufbewahrt werden. Das Problem ist nur, Schmuck und Edelsteine befinden sich nicht im Besitz des früheren Herrscherhauses, wie ein jetzt aufgefundenes Gesetz aus dem Jahre 1850 verdeutlicht.
Seit dem Juni 1946 ist Italien eine Republik. Die letzten Vertreter des Königshauses, Vittorio Emanuele III. und sein Sohn und Nachfolger König Umberto II., hatten sich ins Exil zurückgezogen. Ein Volksentscheid hatte befunden, dass Italien nicht länger eine Monarchie unter einem Königshaus sein wollte, das mit seiner wankelmütigen Politik gegenüber der faschistischen Diktatur Benito Mussolinis eher Schmach und Schande über das Land gebracht hatte.
Als einen seiner letzten Akte hatte Umberto II. dem erst zwei Jahre zuvor ernannten Minister des Königlichen Hauses Falcone Lucifero die Kronjuwelen mit dem Auftrag anvertraut, sie der italienischen Nationalbank zu übergeben, bis sich „diejenigen melden, die einen Anspruch darauf haben“.
Diesen Anspruch meldeten in jüngster Vergangenheit die vier Kinder Umbertos II., Vittorio Emanuele IV., Maria Gabriella, Maria Pia und Maria Beatrice sowie der älteste Enkel Emanuele Filiberto an. Bereits 2007, anlässlich seiner Rückkehr nach Italien, hatte Vittorio Emanuele IV. erklärt, den italienischen Staat auf Schadenersatz zu verklagen. Seither beschäftigen sich diverse Juristen mit dem für sie sicherlich lukrativen Fall.
Die Nachkommen des Hauses Savoyen schätzen den Wert der von ihnen geforderten Juwelen auf über 300 Millionen Euro – eine Summe, für die man schon mal gern vor Gericht ziehen kann. Bei den Schmuckstücken handelt es sich um Halsketten, Ohrringe, Diademe und diverse Broschen mit insgesamt 6.732 eingearbeiteten Diamanten und rund 2.000 Perlen. Experten hingegen setzen einen deutlich geringeren Wert an. Sie berufen sich auf ein Gutachten, das bereits 1976 Gianni Bulgari erstellt wurde. Der römische Juwelier sichtete im Auftrag der Nationalbank die Kleinodien und schätzte sie auf eine Summe, die dem heutigen Preis von einigen Millionen Euro entspricht. Vor allem der angegriffene Zustand der Perlen, die sich teilweise „plastifizierten“, soll den Wert deutlich reduziert haben.
Doch selbst die verminderte Summe könnte der Familie bereits ein nettes Auskommen bescheren – wenn sie denn einen realisierbaren Anspruch auf den Besitz der Juwelen erheben könnte.
Königliches Gesetz schließt Anspruch aus
Ein vom Königshaus selbst erlassenes Gesetz dürfte nämlich den Anspruch der Nachkommen des Hauses Savoyen auf die Kronjuwelen ausschließen. Das königliche Gesetz mit der Nummer 1.004 wurde 1850 erlassen und begründete eine Stiftung, die der König von Italien während seiner Regierungszeit genießen durfte. Nebst der genauen Beschreibung der Immobilien – Paläste und Stallungen – sind im Artikel 3 dieses Gesetzes alle beweglichen Güter aufgelistet, die von der königlichen Familie genutzt – und nicht besessen! – werden durften. Dazu gehörten auch die jetzt beanspruchten Juwelen, die laut dieser Verordnung des damaligen Königreiches Sardinien stets Eigentum des Staates und nicht der königlichen Familie waren.
Die Nachkommen der Savoyer zweifeln indes die Gültigkeit dieser Rechtsnorm an. Zwar scheiterten bereits 1976 erste Versuche, sich den Besitz der Kronjuwelen zu verschaffen, vor italienischen Gerichten. Doch wird jetzt erneut der Versuch unternommen. Am 7. Juni dieses Jahres – dem 75. Jahrestags der Übergabe der Juwelen an die Nationalbank – soll eine erste Anhörung vor einem römischen Gericht erfolgen. Gleichzeitig versucht der Königsenkel Emanuele Filiberto vor dem Europäischen Gerichtshof einen Zusatz der italienischen Verfassung zu torpedieren, nach dem es „männlichen Nachkommen des Hauses Savoy verboten ist, Italien zu betreten oder sich dort niederzulassen“. Eine Forderung, die übrigens bereits 2006 mit dem Zusatz erhoben wurde, man stelle sonst „keine weiteren Ansprüche“. Der jetzt angestrebte Rechtsstreit soll dieses Zugeständnis wohl aufheben, eine Aussicht auf Erfolg ist jedoch nur gering zu nennen.
De Maart
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