Mario Andretti hat die Bilder schon im Kopf. Die Stars and Stripes wehen, dazu erklingt die Hymne über das Land der Freien und die Heimat der Tapferen. Ganz oben auf dem Podest steht ein amerikanischer Rennfahrer, der ein amerikanisches Auto steuert – die USA wären endlich mittendrin in der Formel 1, nicht bloß irgendwie dabei. Der Einstieg von Cadillac soll das ab 2026 wahr machen.
Denn bei aller Amerikanisierung der Königsklasse habe etwas Entscheidendes bislang gefehlt. „Die Formel 1 ist das Olympia des Motorsports“, sagt Andretti, der Weltmeister von 1978, „daher ist viel Nationalstolz im Spiel. Wenn du ein eigenes Team dabei hast, dann wird bei Siegen die Nationalhymne gespielt. Und das wollen wir erreichen.“
Wir, das sind die Andrettis, die große Motorsport-Dynastie der USA, gemeinsam mit dem Automobilriesen General Motors und der Marke Cadillac. Nach einigem Gezerre kommt dieses komplett amerikanische Team tatsächlich doch noch zustande, das ist seit dieser Woche vor dem Großen Preis von Katar (Sonntag, 17.00 Uhr MEZ/RTL Zwee) offiziell. Von außen betrachtet ist es der letzte noch fehlende Baustein, um den US-Markt nachhaltig zu durchdringen.
Umso erstaunlicher war auf den ersten Blick die Ablehnung, die dem Projekt entgegenschlug. Anfang 2024 erteilte die Formel 1 bereits eine Absage, Andretti mit Unterstützung von General Motors stelle „keinen Mehrwert“ für die Königsklasse dar. Es folgten Verhandlungen hinter den Kulissen, allerdings auch Ermittlungen des US-Justizministeriums: Andretti/Cadillac, das ja alle objektiven Voraussetzungen erfüllte, sah einen Verstoß gegen das Kartellrecht.
Erfolg auf dem amerikanischen Markt
Es ist recht klar, dass es bei der Absage um Geld ging, denn ein Team mehr bedeutet erst mal weniger Einnahmen für alle. Auf lange Sicht allerdings, auch das erfordert wenig Fantasie, sollte das elfte Team die Umsätze der Rennserie weiter steigern.
Denn die Formel 1 drängt zwar schon lange auf den amerikanischen Markt und hat dabei seit einer Weile auch messbaren Erfolg: Die TV-Quoten steigen von Saison zu Saison, mittlerweile wird in Austin, Miami und Las Vegas gefahren. Doch die USA waren eben vor allem: Zuschauer.
Die Königsklasse blieb eine europäische Angelegenheit. Die Rennställe sind hier beheimatet, fast alle von ihnen in England. Selbst der Haas-Rennstall, gegründet und finanziert vom amerikanischen Unternehmer Gene Haas, ist ein weitgehend englisches Team, das vor allem Ferrari-Teile nutzt.
Ein Cadillac in der Startaufstellung, dieses amerikanischste aller Autos, soll erstmals echtes Interesse in den Staaten wecken. Und eigene Helden wollen sie den Fans dann auch noch präsentieren. Bislang nämlich hatten US-Fahrer es auf dem Weg in die Formel 1 schwer, denn auch die Treppe dorthin – Formel 4, Formel 3 und Formel 2 – ist voll mit europäischen Talenten. Andretti will künftig auch in diesen Nachwuchsserien präsent sein, systematisch amerikanische Fahrer für die Königsklasse ausbilden.
Und dann? „Nach den Sternen greifen“, sagt Andretti, mit amerikanischen Fahrern in amerikanischen Autos: „Die Fans werden viel von uns erwarten, und das verstehen wir: Wir selbst erwarten auch viel.“
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