Bereits zum dritten Mal in diesem Jahr kam Alexander Lukaschenko am Freitag auf dem Flughafen der russischen Schwarzmeer-Stadt Sotschi an. Schon im Februar und zuletzt Ende April ist er in Sotschi mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammengetroffen. Die Gespräche der beiden finden stets hinter verschlossenen Türen statt, über den konkreten Inhalt und die Ergebnisse gibt es kaum Informationen für die Öffentlichkeit. Auch dieses Mal ließ der Kreml bereits vor dem Treffen verlauten, dass keine Presseerklärung vorgesehen sei.
Gegenstand der Geheimverhandlungen ist die militärische und wirtschaftliche Kooperation beider Länder – genauer: der Ausbau der russischen Dominanz über Belarus in den entsprechenden Bereichen. Spekuliert wird etwa über die Errichtung russischer Militärbasen in Belarus, die das osteuropäische Land zu einem militärischen Bollwerk gegen den Westen machen würden. Auch die Kontrolle über bestimmte Wirtschaftsbereiche steht auf der Liste des Kreml. Lukaschenko dagegen erhofft sich von Moskau weitere Finanzhilfen und politische Rückendeckung angesichts der neuen EU-Sanktionen.
Nicht auf Augenhöhe
Der weißrussische Machthaber versuchte vor seinem Abflug Spekulationen über eine drohende russische Übernahme zu zerstreuen: „Es sind keine Idioten unter uns, die eine koloniale Versklavung durch befreundete Staaten erlauben würden.“ Lukaschenko will den starken Mann markieren, der mit Putin auf Augenhöhe verhandelt. Doch glaubwürdig sind solche großspurigen Ankündigungen nicht mehr. Lukaschenkos Verhandlungsspielraum gegenüber Moskau ist in den vergangenen Wochen noch weiter geschrumpft. Seine jahrelange recht erfolgreiche Schaukelpolitik zwischen Ost und West scheint am Ende.
Schon seit den schweren Wahlfälschungen bei der Präsidentenwahl im August 2020 und der Repressionswelle gegen Regimekritiker, die sich in den letzten Wochen erneut intensiviert hat, stehen die Zeichen mit der EU auf Sturm. Doch mit seiner halsbrecherischen Flugzeugentführung hat Lukaschenko nun einen Total-Krach mit dem Westen provoziert.
Einzig der Kreml sichert ihm weiter seine Unterstützung zu. Für Moskau ist die jetzige Bedrängnis Lukaschenkos äußerst vorteilhaft. Dass die Treffen zwischen den Autokraten in immer kürzeren Abständen stattfinden, wird von Experten als Zeichen dafür gewertet, dass ein Deal bevorstehen könnte.
Doch bis zum Gipfel zwischen Wladimir Putin und US-Präsident Joe Biden in Genf dürfte eine Entscheidung nicht publik werden. Putin will Belarus. Aber ganz sicher will er auch das Treffen mit seinem Kontrahenten nicht gefährden.
Probleme bei Moskau-Flügen
Russland will nach der Verwirrung um einige nicht genehmigte Flüge aus der EU die Verbindungen nach Moskau weiter erlauben. Kremlsprecher Dmitri Peskow sprach am Freitag von „technischen Problemen“ infolge einer Empfehlung der EU, nach der erzwungenen Landung einer europäischen Passagiermaschine in Belarus den Luftraum über der ehemaligen Sowjetrepublik zu meiden. „Die Luftfahrtbehörden arbeiten in diesen Tagen angestrengt daran, sie zu beseitigen.“ Der Fall sorgt seit Beginn der Woche international für Schlagzeilen.
Die Luftfahrtbehörde Rosawiazija teilte mit, die Genehmigung anderer Routen dauere derzeit aufgrund vieler Anfragen länger. Binnen 24 Stunden hätten aber insgesamt 53 Maschinen Russland auf neuen Routen anfliegen können. (dpa)
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