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ItalienMussolini-Statue im Wohnzimmer – ein Fratelli-Politiker bekleidet jetzt das zweithöchste Amt im Staat

Italien / Mussolini-Statue im Wohnzimmer – ein Fratelli-Politiker bekleidet jetzt das zweithöchste Amt im Staat
Faschismus-Nostalgiker Ignazio La Russa im italienischen Senat Foto: AFP/Andreas Solaro

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Ignazio La Russa hat eine Statue von Diktator Benito Mussolini im Wohnzimmer. Nun ist er zum Vorsitzenden des italienischen Senats gewählt worden. Dies ist das zweithöchste Amt im Staat.

Die Wahl zum Senatspräsidenten verlief schneller als erwartet. Bereits im ersten Urnengang wurde der Kandidat der Fratelli d’Italia, Ignazio La Russa, zum neuen Chef des italienischen Oberhauses und damit in die zweithöchste staatliche Funktion gewählt.

Das Ergebnis war fast erwartet worden, da die Rechts-Koalition aus FdI, Lega und Forza Italia im Senat über eine deutliche Mehrheit von 116 (von 206) Abgeordneten verfügt. Doch die kleine Einschränkung „fast“ zeigt schon an, dass noch keine Einigkeit im rechten Lager scheint. Seit Tagen herrscht ein teils gekränktes Tauziehen um Ministerposten vor. Giorgia Meloni, die wohl neue Ministerpräsidentin wird, zeigte sich genervt und mahnte die Alliierten: „Wir haben von Präsident Sergio Mattarella noch nicht einmal den Auftrag zur Regierungsbildung bekommen.“

Ein Appell, von dem man nicht weiß, ob er ankam. Jedenfalls enthielten sich die Senatoren von Silvio Berlusconis Forza Italia der Stimme und La Russa musste auf ein Votum aus der Opposition hoffen. Das kam auch prompt und so konnte der neue Senatspräsident sich auf 116 Stimmen stützen. In seiner Antrittsrede dankte Ignazio La Russa allen Senatoren, die ihn gewählt haben. Der neue Präsident – zur Zeit seines Wahlsieges nicht in der Aula anwesend – zeigte sich sichtlich überrascht. La Russa erklärte, er werde sich im neuen Amt für eine schnelle Umsetzung der Reformen im Land und für eine starke Position Italiens außerhalb der Landesgrenzen einsetzen. Der Präsident erklärte in diesem Zusammenhang seine Solidarität mit den „Patrioten der Ukraine“. Mit dem Verweis, es gebe „keinen Frieden ohne Gerechtigkeit“, erinnerte er auch an die Opfer der innenpolitischen mafiosen und terroristischen Opfer wie den Anti-Mafia-Richtern Giovanni Falcone und Paolo Borsellino. Besonderer Dank galt der „moralischen Präsidentin dieses Tages“, der Senatorin auf Lebenszeit und Auschwitz-Überlebenden Liliana Segre.

Kein unbeschriebenes Blatt

Der 1947 geborene Ignazio La Russa ist politisch kein unbeschriebenes Blatt in der italienischen Nachkriegsgeschichte. Einer faschistischen Familie entstammend, suchte La Russa bereits als Jugendlicher die Nähe zum Movimento Sociale Italiano, der Mussolini-Nachfolgerorganisation. In dessen Reihen avancierte der aus Katanien stammende Jurist 1971 zum Vorsitzenden der Fronte della Giuventù. 1992 zog er erstmals als MSI-Abgeordneter ins italienische Parlament ein, wechselte später mit Gianfranco Fini in die Alleanza Nazionale, deren Vorsitz er 2008 von Fini übernahm. Gemeinsam mit anderen Rechtspolitikern der Alleanza schloss er ein Bündnis mit Silvio Berlusconi und führte die Rechtspartei in dessen Popolo della Libertà über. Im vierten Kabinett Berlusconis übernahm La Russa bis zum Ende der Ära des „Cavaliere“ das Amt des Verteidigungsministers.

In den folgenden Jahren wandte er sich von der Politik des PdL ab und gründete gemeinsam mit Giorgia Meloni die nationaler ausgerichteten Fratelli d’Italia, die an die alten postfaschistischen Ideen anknüpften. Seit 2018 ist Ignazio La Russa Senator der Republik und bekleidete das Amt eines Vizepräsidenten des italienischen Senats.

Wer La Russa über lange Zeit beobachtet, wird sich nicht wundern, dass er in bedrängten Positionen – besonders gegenüber Journalisten – zu aggressiven Reaktionen neigt. Mehrfach musste er im Parlament auch wegen beleidigender Äußerungen zur Ordnung gerufen werden. Im aktuellen Wahlkampf betonte der neue Senatspräsident, „wir alle sind Erben des Duce“.

Es wird sich zeigen, ob der Faschismus-Nostalgiker La Russa nun in einer staatstragenden Funktion auch über ausreichend diplomatisches Geschick verfügt, kontroverse Meinungen zu tolerieren und sich als Moderator zu betätigen.

Heini
15. Oktober 2022 - 10.39

Wer weiss denn schon ob nicht eventuell einer unserer Politiker eine Hitlerbüste im Wohnzimmer stehen haben könnte.

JJ
14. Oktober 2022 - 9.26

Die Italiener haben vergessen wie Mussolini geendet hat. An einem Schweinehaken auf dem Marktplatz.Von wegen -"aus der Geschichte lernen."