Einen vor allem von Kiew und Paris unterbreiteten Vorschlag einer einmonatigen Waffenruhe bezeichnete Außenamtssprecherin Maria Sacharowa am Donnerstag als „absolut inakzeptabel“. Einen vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron ins Spiel gebrachten Atomschirm für Europa bezeichnete Außenminister Sergej Lawrow als „Bedrohung für Russland“. In der Ukraine gab es unterdessen fünf Tote bei russischen Angriffen.
Sacharowa sagte bei einer Pressekonferenz im Außenministerium in Moskau, Russland lehne eine Unterbrechung der Angriffe aus der Luft und auf See ab. Nötig seien „feste Vereinbarungen für eine endgültige Einigung“. Die Vorschläge Kiews seien der Versuch eines „todgeweihten Regimes (…), um jeden Preis einen Zusammenbruch an der Front zu verhindern“, fügte sie hinzu. Die Ukraine wolle eine solche Pause nutzen, „um ihre militärischen Fähigkeiten zu stärken“.
Am Dienstag hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine „Waffenruhe“ in der Luft und zur See vorgeschlagen. Am Sonntag hatte Macron erklärt, Paris und London würden eine einmonatige Waffenruhe für Angriffe „in der Luft, zur See und auf Energieinfrastruktur“ vorschlagen.
Eine Äußerung Macrons, die Ausweitung der nuklearen Abschreckung auf europäische Partner in Betracht zu ziehen, kritisierte Russland am Donnerstag scharf. „Natürlich ist das eine Bedrohung für Russland“, sagte Außenminister Lawrow. „Wenn er uns als Bedrohung ansieht (…) und sagt, dass es notwendig ist, eine Atomwaffe einzusetzen, und sich darauf vorbereitet, eine Atomwaffe gegen Russland einzusetzen, ist das natürlich eine Bedrohung.“ Selbstverständlich hat Macron nicht gesagt, dass sich Frankreich darauf vorbereitet, eine Atomwaffe gegen Russland einzusetzen. Vielmehr hat Putin in den vergangenen Jahren wiederholt mit dem Einsatz von Nuklearwaffen gedroht, vermutlich um die Europäer und die USA davon abzubringen, die Ukraine mit technologisch hochwertigen Waffen zu unterstützen.
Auch Kreml-Sprecher Dmitri Peskow kritisierte Macron. Dessen Äußerungen seien „äußerst konfrontativ“ gewesen, sagte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin. „Man hat das Gefühl, dass Frankreich den Krieg fortsetzen will.“
Macron hatte am Mittwoch in einer Ansprache im französischen Fernsehen von der „russischen Bedrohung“ für Europa gesprochen. Er sagte zudem, dass die „Aggressivität“ Moskaus „keine Grenzen zu kennen scheint“. Außerdem sprach sich Macron für eine „strategische Debatte“ über die atomare Abschreckung in Europa aus. Zuvor hatte Macron mit dem voraussichtlich künftigen deutschen Bundeskanzler Friedrich Merz über eine Ausweitung des französischen Nuklearschirms gesprochen.
Gespräche mit Ukrainern in Saudi-Arabien
Der US-Gesandte Steve Witkoff hat Gespräche mit einer ukrainischen Delegation über eine Waffenruhe mit Russland angekündigt. Die Gespräche sollten in Saudi-Arabien stattfinden, sagte der Beauftragte von US-Präsident Donald Trump gestern vor Journalisten in Washington. Bei dem Treffen solle es um die Rahmenbedingungen einer „Friedensvereinbarung“ sowie einer Feuerpause gehen. Nach Angaben aus Kiew soll das Treffen am kommenden Dienstag stattfinden.
Witkoff erklärte zudem, US-Präsident Donald Trump sei mit der Entschuldigung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufrieden gewesen. „Ich denke, er sieht Selenskyjs Brief als positiven ersten Schritt“, sagte der US-Gesandte.
Der Kreml begrüßte dagegen eine Aussage von US-Außenminister Marco Rubio, wonach es sich bei dem Konflikt in der Ukraine um einen „Stellvertreterkrieg“ handelt. Dies entspreche voll und ganz der vielfach geäußerten Position Putins und seines Außenministers Lawrow, sagte Kreml-Sprecher Peskow. In einem Interview mit dem US-Sender Fox News hatte Rubio gesagt, der Konflikt in der Ukraine sei ein „Stellvertreterkrieg zwischen Atommächten – den USA, welche die Ukraine unterstützten, und Russland“, und dass dieser beendet werden müsse.
Paris und Berlin springen ein
Die Ukraine hat erhebliche Schwierigkeiten, die Offensive Russlands aufzuhalten. Am Montag hatte US-Präsident Donald Trump ein Ende der Militärhilfen für die Ukraine angeordnet. Am Mittwoch erklärte dann CIA-Chef John Ratcliffe, dass auch die Weitergabe von US-Geheimdienstinformationen „pausiere“. Experten sehen die von den USA gelieferten Geheimdienstinformationen als entscheidend für den ukrainischen Abwehrkampf gegen die russischen Truppen.
Frankreichs Verteidigungsminister Sébastien Lecournu erklärte daraufhin, dass Paris dem von Russland angegriffenen Lande eigene Geheimdienstinformationen zur Verfügung stellen würde. Während sich die USA seit der Rückkehr von Trump ins Weiße Haus um eine Annäherung an Moskau bemühen, fürchten Kiew und die Europäer, dass die Ukraine gezwungen werden könnte, ein Friedensabkommen zu den Bedingungen Moskaus zu akzeptieren.
Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte seinem ukrainischen Kollegen Rustem Umerow am Donnerstag zusätzliche Hilfe zu. „Wir streben natürlich an, mit neuen Unterstützungsleistungen den Wegfall der US-Unterstützung zu kompensieren, zumindest einen überwiegenden Teil“, sagte Pistorius bei einem Treffen in Berlin. Konkret stellte er etwa „Artilleriemunition bis hin zur Führungskommunikation“ wie durch das US-Satellitennetzwerk Starlink in Aussicht.
Russland setzt indes seine Angriffe in der Ukraine ungeachtet der Aufnahme der Gespräche mit Washington über eine mögliche Beendigung des Krieges weiter fort. Bei einem russischen Angriff auf ein Hotel in der Heimatstadt Selenskyjs, Krywyj Rih, wurden Behördenangaben zufolge vier Menschen getötet und mehr als 30 weitere verletzt. In der Stadt Sumy wurde bei einem Angriff auf ein Lagerhaus nach Behördenangaben ein weiterer Mensch getötet.
De Maart
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