JahrestagMordprozess gegen Trierer Amokfahrer muss teilweise neu aufgerollt werden

Jahrestag / Mordprozess gegen Trierer Amokfahrer muss teilweise neu aufgerollt werden
Ein Herz aus Kerzen in der Trierer Fußgängerzone soll an die Studentin erinnern, die von einem Amokfahrer überfahren und dabei getötet wurde. Sie war jedoch nicht das einzige Opfer: Weitere Menschen wurden bei der Amokfahrt getötet, zahlreiche verletzt Foto: Harald Tittel/dpa

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Dieses Urteil dürften viele nur mit Kopfschütteln quittieren: Das Urteil im Mordprozess gegen den Amokfahrer von Trier wird teilweise aufgehoben. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Was bislang bekannt ist. Der Trierische Volksfreund berichtet.

Diese Nachricht dürfte viele erschüttern: Pünktlich zum dritten Jahrestag der Amokfahrt durch die Trierer Innenstadt hat der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil teilweise aufgehoben. Damit muss der Prozess gegen den Amokfahrer von Trier teilweise neu aufgerollt werden. Das bestätigte der Trierer Rechtsanwalt Otmar Schaffarczyk dem Trierischen Volksfreund. Schaffarczyk vertrat in dem Prozess den Bruder einer der ermordeten Frauen.

Der Bundesgerichtshof wollte die Entscheidung auf Anfrage unserer Redaktion am Freitagnachmittag weder bestätigen noch dementieren. Man könne „hierzu heute keine Auskunft geben“, sagte ein Sprecher. Der Verteidiger des Amokfahrers, der Wormser Rechtsanwalt Frank K. Peter, bestätigte dagegen den Eingang der BGH-Entscheidung. Peter und seine Trierer Kollegin Martha Schwiering hatten gegen das Urteil des Landgerichts Revision eingelegt. Im Februar beantragte schließlich auch der Generalbundesanwalt, das Verfahren gegen den Amokfahrer an eine andere Kammer des Landgerichtes zurückzuverweisen.

Der Grund: Im Prozess ist nach Auffassung der Bundesanwaltschaft nicht hinreichend geklärt worden, ob der Verurteilte bei der Tat vermindert schuldfähig gewesen sei. Nur weil der Amokfahrer unter einer wahnhaften Störung leide, sei er noch nicht automatisch vermindert schuldfähig. Nur dann ist aber die Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik möglich.

Konkrete Schuldfähigkeit

Dem folgte jetzt auch der BGH. Nach Angaben des Trierer Anwalts Otmar Schaffarczyk sind laut Argumentation der Karlsruher Richter „fast alle rechtlichen Beurteilungen hinsichtlich jeder einzelnen Tat im Hinblick auf Tatbestand, Vorsatz und Schuldfähigkeit offenkundig mangelhaft“. Die zentrale Frage werde die Beurteilung der konkreten Schuldfähigkeit bei jeder einzelnen Tat sein, die nun im gesamten neu beleuchtet werden müsse. „Das wird sicher wieder mehrere Verhandlungstage für die Geschädigten bedeuten“, sagte Schaffarczyk.

Wann das sein wird, ist noch offen. Die neue Verhandlung am Trierer Landgericht wird vor einer anderen Kammer sein.

Zufrieden mit der Karlsruher Entscheidung zeigte sich am Freitag der Verteidiger des Amokfahrers. Der BGH habe „genau die Punkte kritisiert, die wir in unserer Revision auch angesprochen haben“, sagte Frank K. Peter im Gespräch mit dem Volksfreund.

Erstes Urteil zur Amokfahrt in Trier

Der Trierer Amokfahrer war im August vergangenen Jahres vom Landgericht wegen mehrfachen Mordes und mehrfachen versuchten Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Zugleich ordnete die fünfköpfige Kammer die Unterbringung des 54-Jährigen in einer geschlossenen Klinik an und stellte die besondere Schwere der Schuld fest. Laut dem Gutachten eines Sachverständigen leidet der Trierer an einer paranoiden Schizophrenie mit bizarren Wahnvorstellungen. Er sei vermindert schuldfähig.

Bei der Amokfahrt durch die Trierer Innenstadt am 1. Dezember 2020 starben fünf Menschen, darunter ein 45-jähriger Familienvater und seine erst neun Wochen alte Tochter. Dutzende Passanten wurden teils lebensgefährlich verletzt oder schwer traumatisiert.

Zum dritten Jahrestag der Amokfahrt am Freitag legte der Trierer Oberbürgermeister Wolfram Leibe an der Gedenktafel nahe der Porta Nigra einen Kranz nieder. Anschließend gab es auf Wunsch von Betroffenen und Angehörigen ein stilles Gedenken im Trierer Dom.