Montag3. November 2025

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ConternMobbingvorwürfe, Schuldzuweisungen und ein Urteil: Gemeinde sorgt weiterhin für Schlagzeilen

Contern / Mobbingvorwürfe, Schuldzuweisungen und ein Urteil: Gemeinde sorgt weiterhin für Schlagzeilen
Im Rathaus von Contern ist die Stimmung seit längerem angespannt Foto: Editpress/Tania Feller

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Seit vergangenem Herbst dreht sich in Contern alles um die sogenannte Mobbingaffäre. Zwei Mitarbeiter wurden entlassen, einer soll nun zurückkehren. Die Nerven liegen blank. Ein Überblick. 

Contern entscheidet am heutigen Dienstag im Gemeinderat, ob die Kommune im Streit mit zwei ehemaligen Mitarbeitern ein weiteres Mal vor Gericht zieht. Seit vergangenem September ist die Gemeinde im Brennpunkt der medialen Aufmerksamkeit. Beinahe monatlich überhäufen sich die Ereignisse, seit im Herbst vergangenen Jahres über ein „toxisches Arbeitsklima“ berichtet wurde. Am vergangenen Freitag spricht die Gewerkschaft OGBL als Reaktion auf eine ihrer Meinung nach unrechtmäßige Beurlaubung eines Mitarbeiters von einer Fortsetzung des Mobbings: „Wer eine Person gezielt aus dem beruflichen Umfeld ausschließt, obwohl ihre Rückkehr gerichtlich angeordnet wurde, demotiviert, isoliert und demütigt sie bewusst.“ Noch am selben Tag reagieren 21 Mitarbeiter des Gemeindeateliers mit einem offenen Brief, in dem sie davon berichten, wieder Freude an der Arbeit zu haben, seitdem ihr ehemaliger Chef nicht mehr da ist. Es ist der zweite Brief des Gemeindepersonals seit Anfang des Jahres.

Hinzu kommt: Im Februar unterschreiben 18 Mitarbeiter der Verwaltung einen ähnlichen Brief. Seit Anfang des Jahres haben damit 39 Mitarbeiter der Gemeinde bekräftigt, dass das Arbeitsklima gut sei. Das ist viel, wenn man bedenkt, dass die Kommune derzeit 54 Beschäftigte zählt. Dennoch steht Contern vor großen Herausforderungen. Immer noch wird händeringend Personal gesucht. Seit 2019 wird die Funktion des Gemeindesekretärs nur stellvertretend ausgeübt. Seit fast einem Jahr hat die Gemeinde Schwierigkeiten, die Berichte der Gemeinderäte online zur Verfügung zu stellen. 

Zum Anfang

Im Juni und Juli 2024 kündigen zwei Mitarbeiter der Gemeinde. Der Schöffenrat beauftragt am 28. Juni den ehemaligen PWC-Direktor und EY-Partner Pierre Mangers mit einer Organisationsanalyse. Diese kommt laut der Gemeinderatssitzung vom 25. September 2024 zum Schluss, „dass 83,3 Prozent der Mitarbeiter ihre Arbeit in der Gemeinde Contern schätzen, was auf eine hohe allgemeine Motivation hinweist.“ Trotzdem: Gemeinderatsmitglied Ari Arrensdorff („déi gréng“) zufolge haben seit 2019 bereits 24 Mitarbeiter gekündigt. 

Nach einem Gemeinderat vergangenen Juli soll sich Bürgermeisterin Marion Zovilé-Braquet (CSV) in einem Restaurant abschätzig über bestimmte Mitarbeiter geäußert haben. Zudem soll sie sich erfreut über die Untersuchung von Pierre Mangers gezeigt haben. Diese würde es ihr ermöglichen, mehrere Mitarbeiter zu entlassen. In dem Kontext soll die Bürgermeisterin gesagt haben: „Ich habe den Ruf, die Bürgermeisterin zu sein, die die meisten Leute rausgeworfen hat, aber das ist mir scheißegal.“ Diesen Satz bestätigt Oppositionsrat Robert Axmann (DP) gegenüber dem Wort und Ari Arrensdorff gegenüber dem Tageblatt.

Am 28. August 2024 unterschreiben die beiden Oppositionsparteien DP und „déi gréng“ einen Fragenkatalog, der an den Schöffenrat gerichtet ist. Dabei geht es um Gerüchte über schlechte Arbeitsbedingungen, Personalwechsel und krankheitsbedingte Ausfälle. Am 3. September bittet auch die Gewerkschaft OGBL den Schöffenrat schriftlich um eine Stellungnahme. Fast zwei Wochen später gelangen die Gerüchte über das schlechte Arbeitsklima an die Öffentlichkeit, als die Oppositionsparteien ihren Fragenkatalog am 15. September in den sozialen Medien posten.

„Toxisches Arbeitsklima“

Einen Tag später meldet sich anschließend die Gewerkschaft per Pressemitteilung zu Wort. Der OGBL spricht darin von einem „toxischen Arbeitsklima“, welches „zunehmend zu Frustration, Gesundheitsproblemen und einer hohen Mitarbeiterfluktuation“ oder gar „Burnout und Depressionen“ führe. Die Gewerkschaft wirft den Vorgesetzten der Gemeinde „fehlende Wertschätzung, übermäßigen Leistungsdruck und mangelnde Unterstützung“ vor. Mit diesen Aussagen fällt die Gewerkschaft mit der Tür ins Haus, was bei Bürgermeisterin Zovilé eigenen Aussagen zufolge Unmut auslöst.

Marion Zovilé-Braquet wirft der Opposition in einem Interview mit radio 100,7 vor, „das Ganze“ erst im September entdeckt und aufgebauscht zu haben, obwohl die Politiker die Organisationsanalyse im Juni im Gemeinderat mitgestimmt hätten. Diese Abstimmung taucht allerdings nicht im Bericht der Gemeinderatssitzung vom Juni auf. Arrensdorff beteuert dem Tageblatt gegenüber sogar, die Konvention mit Pierre Mangers nie gesehen zu haben.

Sie ist eine Alleinherrscherin, sie entscheidet alles, ohne die anderen im Schöffenrat miteinzubeziehen

Robert Axmann (DP), Oppositionsrat, über die Bürgermeisterin

Widersprüchliche Aussagen

Zovilé behauptet, erst am 29. August von den Mobbingvorwürfen gehört zu haben. An jenem Tag habe sie die E-Mail vom Anwalt der zwei Mitarbeiter bekommen, die nachher entlassen wurden. In der E-Mail wurde sowohl ihr als auch dem Schöffenrat Mobbing vorgeworfen.

Laut Alain Rolling, OGBL-Zentralsekretär für den öffentlichen Dienst, sei die Gewerkschaft nach ihrem Brief vom 3. September vom Anwalt der Gemeinde kontaktiert worden, mit der Drohung, die Mitarbeiter könnten wegen der Mobbing-Vorwürfe entlassen werden. „Natürlich kann man mir vorwerfen, im Brief zu hart gewesen zu sein – aber wenn etwas vorfällt, kommen wir nicht mit Blumen in die Gemeinde“, sagt Rolling dem Tageblatt gegenüber. Die Bürgermeisterin versichert am 5. Februar 2025 im 100,7-Interview, dass „niemand entlassen wird, weil er Mobbing angezeigt hat“. Trotzdem wurde den beiden Mitarbeitern Ende des Jahres gekündigt. In diesem Kündigungsschreiben dreht die Kommune den Spieß um und wirft einem der beiden – dem Chef des Gemeindeateliers – Mobbing vor.

Dieser geht rechtlich gegen diese Kündigung vor. Ende Juni 2025 bekommt der ehemalige Mitarbeiter in zweiter Instanz recht: Die Gemeinde hatte die Entlassung entgegen Zovilés Aussage mit einer Anschuldigung wegen Mobbing begründet. Dies steht jedoch im Widerspruch zum Artikel 246-4 des Arbeitsrechts, der einen Schutz für Arbeitnehmer vorsieht, die Mobbing melden. Obwohl die Entlassung des Mitarbeiters gerichtlich annulliert wurde, will die Gemeinde nicht, dass er zurück zur Arbeit kommt. Er ist seitdem beurlaubt. Für die Gewerkschaft ist dies nun eine Weiterführung des Mobbings. 

„Unverhältnismäßig“

„Das ist eine sehr schlechte Botschaft“, so Alain Rolling vom OGBL. „Wenn ein Gericht ein Urteil spricht und danach macht jeder, was er will, dann brauchen wir auch keine Gerichte mehr.“ Auch Oppositionsrat Robert Axmann sieht die Gemeinde im Fehler, wie er gegenüber dem Tageblatt betont. Ihre Handlungen seien „unverhältnismäßig“ und „nicht zeitgemäß“: „Es wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen.“ Gleichzeitig meint Alain Rolling, dass „alles sauber in einem Sozialdialog“ hätte geklärt werden können. Axmann erhebt zudem schwere Vorwürfe gegen die Bürgermeisterin: „Sie ist eine Alleinherrscherin, sie entscheidet alles, ohne die anderen im Schöffenrat miteinzubeziehen.“

Dennoch steht die Bürgermeisterin de facto nicht alleine da. Während die Opposition gegen sie wettert, steht das Personal mehrheitlich hinter der Entlassung des Abteilungsleiters. Jahrelang hätten sie unter einem Menschen gearbeitet, der sie mit seinem Verhalten an ihre Grenzen gebracht habe – körperlich wie psychisch. „Der Alltag war geprägt von Druck, Kontrolle und einem Ton, der nicht nach Respekt oder Menschlichkeit klang“, steht im Brief, den die Gemeindearbeiter am Freitag an die Presse geschickt haben.

Sowohl der Schöffenrat als auch der Koalitionspartner LSAP tragen die Entscheidungen der Bürgermeisterin bis heute mit. 

JUNG LUC
15. Juli 2025 - 10.39

Als pensionierter Gemeindesekretär kann ich nur sagen, dass ich im Laufe meiner Karriere vieles gesehen habe seitens von Gemeindebonzen. Es war viel Gutes aber auch viele Schweinereien.