Vor dem Christmas Gym Cup, der heute und morgen in Bettemburg ausgetragen wird, besuchte das Tageblatt die beiden Nationalkader im Kunstturnen beim Training.
Es ist voll am späten Dienstagnachmittag in der kleinen Turnhalle im „Institut national des sports“ (INS), der Christmas Gym Cup des Réveil Bettemburg steht vor der Tür, für die luxemburgischen Turnerinnen und Turner zweifelsohne eines der Highlights der Saison, denn internationale Wettbewerbe im Kunstturnen sind im eigenen Land inzwischen zu einer Seltenheit geworden. Dementsprechend konzentriert und diszipliniert gehen die jungen Athleten – der jüngste ist gerade einmal zehn Jahre alt – bei einer ihrer letzten Trainingseinheiten vor diesem wichtigen Termin zu Werke.
Christmas Gym Cup
Zum 20. Mal lädt der Réveil Bettemburg heute und morgen zu seinem traditionellen Christmas Gym Cup ein. Während der Samstag ganz im Zeichen der Damen steht, wird am Sonntag seit einigen Jahren nun auch ein Wettbewerb für die verschiedenen Alterskategorien im Herrenbereich angeboten. Ein Konzept, das voll und ganz aufging. Und so finden auch in diesem Jahr elf Nationen den Weg nach Luxemburg, darunter Turner aus Italien, Deutschland, Portugal, der Schweiz oder auch Großbritannien. Der Christmas Gym Cup ist aktuell der einzige verbleibende Kunstturnwettbewerb in Luxemburg.
Während Céleste Mordenti ihre Choreografie am Boden noch einmal durchgeht, versuchen die beiden anderen Juniorinnen, Chiara Castellucci und Lola Schleich, Elemente am Stufenbarren und Sprung. Die Seniorinnen sind hingegen mit Kraftübungen beschäftigt, sowohl Aurélie Keller wie auch Maeva Baum plagten sich in den letzten Wochen mit Verletzungen herum – während der Einsatz von Keller noch fraglich ist, steht fest, dass Baum heute nicht an den Start gehen kann. Die Enttäuschung, den Wettbewerb ihres Heimatvereins zu verpassen, ist sichtlich groß. „Leider habe ich mir den Fuß gebrochen und deswegen auch die Qualifikationswettbewerbe für die EM verpasst, das ist schon sehr hart. Ich hoffe, dass ich im neuen Jahr nun wieder richtig angreifen kann.“
Der Platz ist begrenzt
Zum Schluss der Trainingseinheit schaut auch noch die sechste im Bunde der Mädchen, Shona Meyer, vorbei. An normales Training ist für die Bettemburgerin zurzeit jedoch nicht zu denken, ihre Meniskusverletzung zwingt sie noch immer, auf Krücken zurückzugreifen, somit steht für die 14-Jährige auch ein Gespräch mit dem Arzt auf dem Programm, der den Turnern einmal in der Woche im INS einen Besuch abstattet. In der anderen Ecke des Raumes schließen die sechs Jungs ihr Training hingegen langsam ab und versuchen sich noch einmal an den Ringen, dem Barren und Pauschenpferd.

Nicht immer trainieren die Jungen und Mädchen zusammen, doch an diesem Tag sind alle zwölf Athleten der Nationalkader da, dabei gilt es, gehörig aufzupassen und niemandem im Weg zu stehen, denn was sofort auffällt: Der Platz ist begrenzt. Auslaufzonen gibt es in den Trainingsräumen nämlich keine und so ist die Infrastruktur auch eine der größten Herausforderungen, mit der sich die beiden Nationaltrainer Jacques Renson (Herren) und Piotr Kopczynski auseinandersetzen müssen. „Mehr als sechs Turner können wir gerade deswegen pro Kader auch nicht aufnehmen“, erklärt der Belgier Renson. „Die Mädchen haben nach dem Training leider nur elf Minuten Zeit, ihren Bus zu bekommen. Es wäre wichtig, wenn sich das System auf die Bedürfnisse der Athleten einstellen würde“, bedauert unterdessen Kopczynski.
Per Umweg zum gewünschten Resultat
Dass sowohl im Männer- wie auch im Frauenbereich inzwischen wieder ein Nationalkader im Einsatz ist, ist keine Selbstverständlichkeit. Nach Querelen innerhalb des Verbandes lag vor zwei Jahren die Arbeit des Damenkaders noch komplett brach. Nach dem Karriereende von Sascha Palgen stand man zudem auch bei den Herren vor einem großen Loch, denn eine neue Generation stand nicht in den Startlöchern. Mit der Wahl des neuen Vorstandes um Gilbert Falsetti im vergangenen Oktober wurde auch wieder eine neue Struktur für die Nationalkader entwickelt.

Schritt für Schritt soll wieder eine Basis geschaffen werden: „Ich muss sagen, dass der neue Vorstand eine gute Arbeit leistet. Mit Gilles Andring und Manon Keyser sind zwei Personen für die Kader zuständig, die Ahnung davon haben. „Der Verband ist über einen steilen Umweg wieder auf den richtigen Weg gekommen“, fasst Renson zusammen.
So steht für das kommende Jahr auch die Gründung eines „Cadre jeunes“ an, für den die Tests bereits in der nächsten Woche stattfinden werden. Denn um eine konstante Basis zu schaffen, muss auch der Nachwuchs bereits frühzeitig ausgebildet werden. „Es gibt in Luxemburg sehr viele talentierte Kinder, man muss ihnen nur die Möglichkeit geben, ihre Träume zu realisieren“, sind sich die beiden Trainer einig.

25 Stunden Training pro Woche
Zudem soll Damen-Nationaltrainer Kopczynski Anfang des neuen Jahres Unterstützung von einer weiblichen Kollegin bekommen. Auch Jacques Renson wünscht sich in Zukunft einen Kollegen an seiner Seite: „Mit Oliver Waldbillig kommt mir mehrmals in der Woche ein ehemaliger Athlet aus dem Nationalkader helfen. Denn sich alleine um sechs Turner zu kümmern ist nicht so einfach. Ich hoffe, dass vielleicht 2020 hier ein weiterer Trainer eingestellt wird, damit man noch besser mit den einzelnen Turnern arbeiten kann.“

25 Stunden in der Woche trainieren die jungen Athleten im INS, alle, die alt genug sind, besuchen somit auch das „Sportlycée“. „Es sind aber nicht 25 Stunden reines Training. Wir arbeiten ebenfalls an der Konzentration, erklären die Technik. Von insgesamt drei Stunden sind die Turner rund eine richtig in Bewegung.“ Ohne viel Leidenschaft und die nötige Disziplin wäre eine Karriere im Kunstturnen nicht möglich.
Erste Erfolge
Erste Erfolge haben sich in diesem Jahr bereits gezeigt. Drei Juniorinnen (Castellucci, Mordenti, Schleich), ein Junior (Brandenburger) und eine Seniorin (Keller) schafften die Qualifikation für ihre erste Europameisterschaft, die im Sommer in Glasgow stattfand. Der Zusammenhalt unter den Turnern ist somit auch groß: „Es war schon ein richtiger Glücksmoment, als wir im letzten Jahr gemeinsam die Qualifikation für die EM in Glasgow geschafft haben“, meint die Escherin Lola Schleich. Wenn die jungen Turnerinnen über ihre Erfahrungen dieses Wettbewerbs reden, hören sie nicht auf zu strahlen: „Das war alles ziemlich beeindruckend, die große Halle, die Stimmung, die gute Organisation“, sind sich Castellucci und Mordenti einig. „Ich konnte Turner live sehen, die ich mir sonst immer im Fernsehen oder auf Videos im Internet anschaue, das war eine wertvolle Erfahrung“, ergänzt Aurélie Keller. Für Brandenburger ebenfalls eine zusätzliche Motivation für die kommenden Jahre.
Im Überblick
Die Nationalkader im Kunstturnen:
Damen: Maeva Baum, Aurélie Keller, Shona Meyer (alle Réveil Bettemburg), Céleste Mordenti (Gym Bonneweg), Lola Schleich (Espérance Esch), Chiara Castellucci (Union Düdelingen), Trainer: Piotr Kopczynski
Herren: Quentin Brandenburger (Etoile Rümelingen), Ronan Foley (Aurore Oetringen), Joy Palermo, Lohan Da Silva Bausch (beide Nordstad Turnveräin), Mathis Kayser (Réveil Bettemburg), Colin Hartz Marques (CG Remich), Trainer: Jacques Renson
Christmas Gym Cup, Programm:
Damen, heute: 9.55: Benjamines und Jeunes espoirs (mit Lola Schleich) 14.45: Poussines und Open (mit Chiara Castellucci, Céleste Mordenti und Aurélie Keller)
Herren, morgen: 9.15: Poussins, Benjamins und Minis (mit Ronan Foley, Joy Palermo, Lohan Da Silva Bausch, Mathis Kayser und Colin Hartz Marques) 13.30: Jeunes espoirs und Open (Quentin Brandenburger)
Mordenti und Castellucci haben inzwischen bereits die Norm für die nächste EM erfüllt – dann allerdings bei den Seniors. Lola Schleich träumt hingegen von einer Teilnahme an den European Youth Olympic Games im Juli in Baku. Ansonsten steht für die Turner 2019 ein Übergangsjahr an, in dem an der Technik und neuen Elementen gefeilt werden soll. „Bereits zwei Monate, nachdem ich als Trainer angefangen hatte, standen die ersten Wettbewerbe an. Eine ruhigere Phase ist für die Turnerinnen sehr wichtig, auch damit Verletzungen auskuriert werden können“, erklärt Kopczynski. „In diesem Jahr steht keine Junioren-EM auf dem Programm, diese findet alle zwei Jahre statt. Da bei mir noch kein Senior-Turner im Kader ist, geht es 2019 vielmehr darum, die Saison 2020 vorzubereiten und auch den jüngeren Turnern im Kader, wie Colin, Mathis oder Ronan, die Möglichkeit zu geben, Erfahrungen zu sammeln.“ Der Neuaufbau trägt langsam seine Früchte und so wird man sicherlich in den nächsten Jahren noch mehr von diesen Turnern hören.
De Maart







































Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können