Dienstag11. November 2025

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EditorialMit „Intervision“ feiert Putin einen Propaganda-Erfolg

Editorial / Mit „Intervision“ feiert Putin einen Propaganda-Erfolg
Vor dem Kreml lief in den Tagen vor dem Gesangswettbewerb „Intervision“ ein Countdown bis zur Veranstaltung Foto: AFP

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Der Kalte Krieg ist endgültig zurück. Jetzt auch auf dem Schlachtfeld der Kultur. Russlands Präsident Wladimir Putin hat höchstpersönlich per Dekret den Gesangswettbewerb „Intervision“ aus der Mottenkiste der Sowjetzeit zurück auf die Fernsehschirme des neuen imperialen Russland geholt. Einst als Konkurrenzveranstaltung der Sowjetunion und ihrer Satellitenstaaten zum westlichen „Grand Prix Eurovision de la Chanson“ ins Leben gerufen, trafen am Samstagabend 23 Interpreten aus 23 Ländern in Moskau zur Neuauflage zusammen. Weil Russland seit Beginn der Vollinvasion der Ukraine 2022 nicht mehr am Eurovision Song Contest teilnehmen darf, macht man jetzt also sein eigenes Ding.

Doch das alles hinkt gewaltig und ist ein weiteres Beispiel für Putins klassische Geschichtsfälschung: Zum einen fand der Liederwettbewerb „Intervision“ nur vier Mal in den Jahren 1977 bis 1980 statt, in der Tauwetterzeit der Breschnew-Jahre (und übrigens niemals in Russland, sondern immer in Polen). Gewinnerin der letzten Ausgabe im Jahr 1980 war sogar eine westliche Europäerin, die Finnin Marion Rung, die in den Jahren zuvor auch schon beim „Grand Prix Eurovision“ angetreten war. Das alles eignet sich also kaum als Ausgangsmaterial zur Beschwörung einer glorreichen Sowjet-Vergangenheit – aber um solche Details schert sich Putin ja bekanntlich nicht.

Auch wenn die Bombast-Show am Ende weit unter der im Vorfeld großspurig gesetzten Zuschauer-Zielmarke verlief, muss man sie doch als Propaganda-Erfolg für Russland verbuchen. Moskau rief – und zahlreiche Länder antworteten. Von den alten Sowjetrepubliken Kirgistan und Kasachstan über alte sozialistische Brüder und Schwestern im Geiste (Kuba und Vietnam) sowie ehemalige sozialistische Brüder und Schwestern im Geiste (Ägypten und Madagaskar) bis hin zu China, Indien, Südafrika, Saudi-Arabien und Brasilien. „Intervision“ klingt wie die Teilnehmerliste eines BRICS-Gipfels. Als einziges europäisches Land ist – wenig überraschend – Serbien dabei.

Man könnte das alles weglächeln, lasst sie doch singen, dabei verliert man jedoch aus den Augen, wie hoch politisch das Ganze ist. Anders als der ESC ist das hier tatsächlich eine dezidiert politische Veranstaltung. Gesponsert u.a. vom Kulturministerium der Vereinigten Arabischen Emirate, mit einer Videobotschaft von Putin zu Beginn (!) und einem Interview mit dem russischen Außenminister Lawrow zur Halbzeit (!!), die beide betonen, wie unpolitisch das doch alles sei. Ein Meisterstück der Soft Power, das seine queerfeindliche Propaganda („Hier treten keine Frauen mit Bärten auf“) um den ganzen Globus trägt. Russland selbst schickte den ultranationalistischen Sänger, glühenden Putin-Anhänger und Kriegsbefürworter Jaroslaw Dronow alias Shaman ins Rennen. Der brüllte nach seinem Beitrag „Ja Russkij“ (Ich bin Russe) ins Mikro, der Titel seines berühmten ultranationalistischen Schlagers.

Der Höhepunkt jedoch war der Beinaheauftritt der USA. Deren Teilnehmerin, die australische Sängerin Vasiliki Karagiorgos, war in letzter Sekunde abgesprungen – angeblich auf Druck Australiens. Nun konnten die Veranstalter nach der Intro für die USA honigsüß säuseln, wie sehr man es bedauere, dass die Politik sich in die Kunst einmische und dass die USA weiterhin sehr willkommen seien in der Runde der „Intervision“. Punktsieg Putin. An einem Abend, an dem sich unter dem dünnen Deckmäntelchen von angeblicher Traditions- und Vielfaltsliebe, Kunstfreiheit und Politikferne ein Block festigt, der genau das Gegenteil verbreitet: Tradition und Vielfalt sind das, was der Autokraten-Chef bestimmt – und die Kunst ein Vehikel einer freiheitsfeindlichen Politik, die jeden Lebensbereich durchdringt.

Grober J-P.
24. September 2025 - 11.46

Lasst dem Wladi doch die Freude. Mit Intervision tut er keinem Weh und beruhigt damit die simplen Geister.

Navalny 2
23. September 2025 - 9.08

Das russische Volk ist es gewohnt manipuliert zu werden. Mit Armut seit der Zarenzeit und mit Toten seit Lenin. Stalin hat mehr Russen getötert als Napoleon und Hitler zusammen. Und dieses Regime führt Putin weiter.Väterchen Russland eben.

Luxmann
23. September 2025 - 7.50

Was hier ins laecherliche gezogen wird ist allerdings der beweis, dass die rabiate anti Russland front sich inzwischen auf die EU plus Australien beschraenkt.