Mittwoch5. November 2025

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SüdostasienMit Anutin Charnvirakul wird ein politisches Chamäleon Thailands neuer Regierungschef

Südostasien / Mit Anutin Charnvirakul wird ein politisches Chamäleon Thailands neuer Regierungschef
Mit seinem jovialen Auftreten hat Anutin sich den Beinamen „Noo“ erworben: „Lächeln“ – trotzdem gilt er als stramm konservativ Foto: AFP/Lillian Suwanrumpha

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Ein steinreicher Unternehmer, der als volksnah gilt, wird Thailands neuer Regierungschef. Auf ihn kommen speziell Aufgaben zu.

Anutin Charnvirakul hat nach einem politischen Betätigungsverbot ein Comeback geschafft und in den vergangenen Jahren unter anderem als Minister und Vize-Regierungschef die Geschicke Thailands mitbestimmt. Nun ist der steinreiche Unternehmer zum Ministerpräsidenten gewählt worden, der den Einfluss des seit Jahrzehnten mächtigen Shinawatra-Clans in dem südostasiatischen Land vorerst eindämmen soll.

Anutin tritt gerne volksnah auf. Doch seine Leidenschaften Streetfood und Saxofon-Spielen sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass der 58-Jährige aus vermögendem Hause stammt – und eine konservative Agenda verfolgt.

Anutins Weg an die Regierungsspitze wurde frei, als das Verfassungsgericht Ende August die bisherige Ministerpräsidentin Paetongtarn Shinawatra ihres Amtes enthob. Sie hatte nach Überzeugung des Gerichts mit einem umstrittenen Telefonat mit Kambodschas früherem Regierungschef Hun Sen die „Würde“ des Landes und der Armee verletzt.

„Bedeutende Risiken“ für Jugendbewegung

Nun übernimmt Anutin, seine Regierungszeit könnte allerdings von kurzer Dauer sein. Die Volkspartei, Thailands stärkste Oppositionskraft, hat ihre Unterstützung für Anutin bei dem Parlamentsvotum mit der Bedingung verknüpft, dass innerhalb der kommenden vier Monate Neuwahlen stattfinden.

Doch auch bei einer kurzen Amtszeit werde Anutin für ein „konservativeres Thailand“ sorgen, meint der Politikwissenschaftler Titipol Phakdeewanich von der Ubon-Ratchathani-Universität. Die Amtsübernahme berge insbesondere „bedeutende Risiken“ für die bereits stark geschwächte demokratische Jugendbewegung, die sich für eine Reform der Monarchie und der Verfassung eingesetzt hatte.

Auch die Familie Shinawatra und ihre Partei haben sich immer wieder gegen Thailands königstreues und Militär-freundliches Establishment aufgelehnt. Anutin hatte sich im Sommer wegen der Telefon-Affäre von Regierungschefin Shinawatra abgewandt und ihrem Regierungsbündnis seine Unterstützung entzogen.

In den vergangenen Jahrzehnten ist es Anutin immer wieder gelungen, in Thailands schwieriger politischer Landschaft zu bestehen. Er hatte bereits mehrere Regierungsämter wie den Posten des Innenministers inne. Als Gesundheitsminister machte er sich mit einer Schimpftirade gegen ausländische Touristen während der Corona-Pandemie sowie mit der generellen Legalisierung von Cannabis 2022 einen Namen.

Trotz seines Familienimperiums gibt sich Anutin volksnah. Er isst gerne bei Straßenimbissen und in Videos in Online-Netzwerken zeigt er sich in T-Shirt und Shorts, beim Kochen oder beim Spielen thailändischer Popsongs auf seinem Saxofon oder Klavier. (AFP)