27. Oktober 2025 - 18.21 Uhr
Akt.: 27. Oktober 2025 - 18.53 Uhr
MedienberichtMissbrauchsvorwürfe: Ehemalige Heimbewohnerin erstattet Anzeige gegen Ex-Direktor von „Lëtzebuerger Kannerduerf“
Eine ehemalige Bewohnerin des „SOS Kannerduerf Lëtzebuerg“ hat gegen den ehemaligen Direktor der Einrichtung Anzeige erstattet – wegen eines sexuellen Übergriffs. Das berichtet Reporter.lu. Demnach soll der Vorfall im Jahr 2002 passiert sein, inzwischen sei der Fall von der Justiz als verjährt zu den Akten gelegt worden. Aber: Laut Reporter hat die Verwaltungsratsvorsitzende Valérie Oberlé am 7. März dieses Jahres erneut die Staatsanwaltschaft über den Fall informiert.
Reporter berichtet, dass der ehemalige Direktor eine Jugendliche, die seit ihrem dritten Lebensjahr im Kinderdorf untergebracht war, drei Tage nach ihrem 18. Geburtstag auf einen Kinobesuch eingeladen hatte. Dort habe er sie unsittlich berührt. Auf dem Rückweg ins Kannerduerf habe der Mann zudem versucht, sie auf den Mund zu küssen. Die junge Frau habe laut Reporter erklärt, dass sie ihrer Kinderdorf-Mutter von dem Vorfall berichtet hatte, diese aber nicht reagiert habe und die Gesten des Direktors als „väterlich“ abgetan habe. Auch ein Lehrer sei informiert worden, gemeldet wurde der Vorfall laut Reporter aber nie.
Frau meldete den Vorfall 22 Jahre nicht
Aus Angst, als Volljährige bei der Wohnungsvergabe durch die Organisation benachteiligt zu werden, meldete die junge Frau den Vorfall zunächst nicht den Behörden. Erst im Juli 2024, 22 Jahre nach den Vorfällen, erstattete sie Anzeige. Im Oktober 2025 vernahm die Polizei den ehemaligen Direktor, der die Anschuldigungen von sich wies und behauptete, das mutmaßliche Opfer habe bereits zwei Männer zu Unrecht sexueller Übergriffe beschuldigt. Gegen diese Behauptungen hat die Frau laut Reporter Anzeige wegen Verleumdung erstattet.
Am 4. März habe die Staatsanwaltschaft der Frau mitgeteilt, dass das Verfahren wegen Verjährung eingestellt worden sei. Wenige Tage später folgte dann die Meldung der Organisation selbst. Laut Reporter hatte die Führungsetage der Fondation Kannerduerf im Sommer 2023 von den Anschuldigungen erfahren und auch mit dem mutmaßlichen Opfer gesprochen. Daraufhin sei eine interne Untersuchung gestartet worden, die aber keine Hinweise auf diesen oder andere Vorfälle ergeben hätte. „Nach internen Überprüfungen und nachdem wir die Schwere der Anschuldigungen abgewägt haben, haben wir die Justiz eingeschaltet“, wird die Verwaltungsratsvorsitzende Valérie Oberlé von Reporter zitiert.
Besuche nach der Pensionierung
Der ehemalige Direktor hat fast 30 Jahre an der Spitze der Einrichtung gestanden und ihr auch nach seiner Pensionierung noch Besuche abgestattet, heißt es bei Reporter. Anfang 2015 sei ihm aber nach einem „Vorfall“ endgültig der Zutritt verboten worden. Laut dem Nachrichtenportal hatte der Direktor versucht, zwei Mädchen auf einen nicht genehmigten Ausflug mitzunehmen. Eine Anzeige sei danach aber nicht erstattet worden.
Die Organisation „Innocence en danger Luxembourg“, die sich gegen sexuellen Missbrauch einsetzt, hat ebenfalls eine Untersuchung gestartet. Der Verein berichtet, dass es Hinweise darauf gebe, dass auch andere Kinder oder Jugendliche missbraucht worden sein könnten. „Innocence en danger“ hat demnach die Staatsanwaltschaft aufgefordert, Ermittlungen einzuleiten, um die Existenz anderer Opfer zu überprüfen. (sen)
Die SOS-Kinderdörfer und der Skandal um Gründer Hermann Gmeiner
Das SOS Kannerduerf Lëtzebuerg ist seit 1968 in der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe aktiv. Die Kinderdorffamilien in Mersch nehmen Kinder ab einem Alter von 0 Jahren auf, die aus „unterschiedlichen Gründen nicht mehr bei ihren leiblichen Eltern leben können“ heißt es auf der Webseite der Organisation. Sie können bis zur Selbständigkeit im Dorf bleiben und leben mit vier anderen Kindern in einem Kinderdorf-Haus. „Seine feste Bezugsperson ist die SOS-Kinderdorfmutter / der SOS-Kinderdorfvater“, schreibt die Organisation.
Das erste SOS-Kinderdorf wurde 1949 von Hermann Gmeiner gegründet, inzwischen ist die Organisation in 153 Ländern vertreten. Gegen Gmeiner sind heftige Vorwürfe laut geworden. Die Organisation hat in der vergangenen Woche bekannt gegeben, dass der Gründer selbst im Verdacht stand, an mindestens acht Jungen sexuelle Gewalt und Misshandlungen ausgeübt zu haben. Die Affäre wurde jahrelang verschwiegen.
De Maart
Stimmt das wirklich? Der Mann war doch so integer.