Donnerstag6. November 2025

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DeutschlandMinisterriege und Mitgliedervotum: Entscheidungswoche für Union und SPD

Deutschland / Ministerriege und Mitgliedervotum: Entscheidungswoche für Union und SPD
Warten auf das Votum der Mitglieder: die beiden SPD-Bundesvorsitzenden Lars Klingbeil (Mitte) und Saskia Esken (r.) Foto: dpa/Matthias Bein

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Union und SPD gehen in eine spannende Woche: An diesem Montag entscheidet die CDU über den Koalitionsvertrag, bis Dienstagnacht die SPD-Mitglieder. CDU-Chef und Fast-Kanzler Friedrich Merz sowie der CSU-Vorsitzende Markus Söder wollen am Montag zudem ihre Ministerriege vorstellen.

Union und SPD wollen in der neuen Woche die letzten Hürden bei der Bildung ihrer Regierungskoalition nehmen: Die CDU soll bei einem kleinen Parteitag in Berlin an diesem Montag den schwarz-roten Koalitionsvertrag billigen. Alles andere als ein Ja wäre eine Überraschung. CDU-Chef Friedrich Merz und der CSU-Vorsitzende Markus Söder wollen am Montag auch erklären, wer die Ministerposten erhält, die CDU und CSU zustehen. Dienstag um Mitternacht endet zudem die SPD-Mitgliederbefragung zum Vertrag. Die Ergebnisse sollen am Mittwoch bekannt werden. Auch hier wird mit einer Zustimmung gerechnet, obwohl die Jusos für eine Ablehnung geworben haben. Die SPD will die Namen ihrer Minister spätestens am 5. Mai verkünden.

Wenn alles gut geht, soll Friedrich Merz dann am 6. Mai im Bundestag zum neuen Kanzler gewählt und vereidigt werden. An diesem Tag sollen auch die neuen Minister den Schwur auf das Grundgesetz leisten. Auf die Regierung wartet viel Arbeit: Zoll-Konflikt, Ukraine-Krieg und deutsche Wirtschaftsschwäche verlangen schnelle Antworten.

Nach einem Medienbericht soll der für die Außenpolitik zuständige stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Johann Wadephul aus Schleswig-Holstein neuer Außenminister werden. Der 62-Jährige wäre der erste Außenressort-Chef der CDU seit fast 60 Jahren. Ein Partei-Sprecher erklärte zu dem Bericht des Online-Portals „Table.Media“, man äußere sich nicht zu Spekulationen. Der Bericht gilt jedoch als plausibel, da Merz Wadephul in den vergangenen Tagen bereits zu Treffen mit mehreren Außenministern zur Ukraine-Frage entsendet hatte.

SPD-Minister erst nach dem Votum

Das Portal berichtet zudem von zwei weiteren unbestätigten Personalentscheidungen: So solle die bisherige Bildungsministerin aus Schleswig-Holstein, Karin Prien (59, CDU), neue Bundesbildungsministerin werden. Den Posten der Wirtschaftsministerin wolle Merz mit der Energiemanagerin und früheren CDU-Bundestagsabgeordneten Katherina Reiche besetzen. Die 51-jährige Brandenburgerin leitet seit 2020 die zum Eon-Konzern gehörende innogy Westenergie GmbH, die für Netzkooperationen unter anderem in Nordrhein-Westfalen zuständig ist. Reiche war von 2015 bis 2019 Hauptgeschäftsführerin beim Verband kommunaler Unternehmen (VKU) und ist in der Energiewirtschaft gut vernetzt.

Der CDU stehen weitere vier Posten im neuen Kabinett zu, wobei als sehr wahrscheinlich gilt, dass Merz den bisherigen Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei zum Kanzleramtsminister berufen wird. Bei der CSU gilt Landesgruppenchef Alexander Dobrindt als gesetzt für das Innenressort. Die CSU-Politikerin Dorothee Bär dürfte das Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt übernehmen. Für das Ressort Ernährung, Landwirtschaft und Heimat ist die bayerische Agrarministerin Michaela Kaniber die Favoritin.

Die SPD will sich mit der Bekanntgabe ihrer Minister noch einige Tage Zeit lassen. „Wenn das Ergebnis des Mitgliedervotums da ist, machen wir uns an die personelle Aufstellung – spätestens am 5. Mai wird es von unserer Seite Klarheit geben“, sagte SPD-Chef Lars Klingbeil, der als Vize-Kanzler und Finanzminister gehandelt wird. Co-Parteichefin Saskia Esken ließ offen, ob das Kabinett gleichermaßen mit Frauen und Männern besetzt wird. Esken wird selbst Interesse an einem Ministerposten nachgesagt. Allerdings kämpft sie gegen starken innerparteilichen Widerstand an.

Von Ökonomen kommen unterdessen Forderungen an die neue Regierung, die deutlich über den Koalitionsvertrag hinausgehen. Der Vertrag spart etwa Reformen bei der Rente weitgehend aus. Dennoch erhöhten Fachleute den Druck auf Union und SPD, den drohenden Beitragsanstieg mit Reformen zu stoppen. „Die wichtigsten Baustellen sind Strukturreformen der Rentenversicherung, um den Anstieg der Beitragssätze zu begrenzen, unterstützende Maßnahmen, um die Arbeitskräfte aller Altersgruppen fit zu machen für den Strukturwandel, sowie Maßnahmen für die schnelle und gezielte Anwerbung und Integration von Fachkräften aus Drittstaaten“, sagte Wirtschaftsweisen-Chefin Monika Schnitzer.

„Die neue Bundesregierung sollte eine grundlegende Steuerreform und eine Rentenreform als zentrale Prioritäten setzen“, sagte auch DIW-Präsident Marcel Fratzscher. „Eine Rentenreform sollte sicherstellen, dass die Rente nicht noch stärker von Jung zu Alt und von Arm zu Reich umverteilt wird. Das Renteneintrittsalter muss steigen, und die Rentenerhöhungen in der Zukunft müssen geringer ausfallen, damit die junge Generation nicht noch stärker belastet wird“, sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).