Deutschland„Mimosen“-Vorwürfe gegen Merz wirken nach

Deutschland / „Mimosen“-Vorwürfe gegen Merz wirken nach
Der deutsche Kanzler Olaf Scholz (l.) hatte bei der Generaldebatte den CDU-Chef und Oppositionsführer Friedrich Merz im Visier Foto: AFP/Tobias Schwarz

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„Mimose“, Mann mit „Glaskinn“ und „Feigheit“ – so lauteten nur einige Attacken von Kanzler Olaf Scholz (SPD) gegen Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) in der Generaldebatte des Bundestages. In der Union ist man empört. Und die SPD legt nach.

Nach der Generaldebatte im Bundestag am Mittwoch waren sie auf den Fluren des Reichstages unter vielen Abgeordneten das Thema Nummer eins – die scharfen Attacken von Kanzler Olaf Scholz (SPD) gegen Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU). „Wenn Sie dann mal kritisiert werden, dann sind Sie eine Mimose“, hatte der Kanzler gerufen. „Ich finde, wer boxt, der soll kein Glaskinn haben. Aber Sie haben ein ganz schönes Glaskinn, Herr Merz.“

Auch warf der Regierungschef dem Sauerländer „Feigheit“ und „Hasenfüßigkeit“ vor. Merz wiederum erwähnte in seiner Rede den Kanzler mit keinem Wort. Die Attacken wirken nun aber nach – der Unmut darüber ist groß in der Union. Manch einer spricht hinter den Kulissen sogar von „Entgleisungen“ des Kanzlers. Gemutmaßt wird, dass der Auftritt von Scholz eine Retourkutsche gewesen ist für die scharfen Angriffe von Merz Ende November, als es im Bundestag um die Haushaltskrise ging. Damals hatte der Oppositionsführer dem Kanzler attestiert: „Sie können es nicht.“ Er sei lediglich ein „Klempner der Macht“. Während seiner Rede war Scholz auch von der Opposition im Plenum ausgelacht worden. Am Mittwoch lachte die SPD-Fraktion lauthals über Merz. Wohl kein Zufall.

Nun wird seitens der Union nicht mit Kritik an Scholz gespart. Julia Klöckner, wirtschaftspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, sagte dem Tageblatt: „Erst taucht er wochenlang ab, dann greift er die Opposition unfair an.“ Das sei vom Kanzler „nicht souverän, das ist nicht staatsmännisch, das klingt eher hilflos“, ergänzte Klöckner. Andere betonten, Scholz sei wie ein „angeschlagener Boxer“ aufgetreten, der angesichts miserabler Umfragewerte nur die eigenen Reihen habe schließen wollen. Auch habe der Kanzler offenbar mit erneuten Attacken von Merz gerechnet. Als die dann ausgeblieben seien, habe er einfach „durchgezogen“.

Merz, hieß es in der Union ebenso, sei stattdessen als Gegenpol zum SPD-Mann und als Kanzleralternative aufgetreten. Das sei richtig gewesen. Der Vorsitzende hatte in der Fraktion schon angekündigt, Scholz in der Generaldebatte nicht erneut massiv angreifen, sondern inhaltliche Akzente setzen zu wollen. Zugleich wurde aber befürchtet, dass mancher Vorwurf gegen Merz verfangen könnte in den bevorstehenden Wahlkämpfen – der der „Mimose“ zum Beispiel.

„Machen statt motzen“

Der CDU-Abgeordnete Tilman Kuban sagte dem Tageblatt, die Union habe dem Kanzler mehrfach die Hand gereicht, etwa beim Sondervermögen für die Bundeswehr oder dem Deutschlandpakt zur Reduzierung illegaler Migration. „Olaf Scholz hat mit seinen Tricks und seinem Auftritt nicht nur das Tischtuch zerschnitten, sondern den ganzen Tisch zersägt.“ Kuban betonte weiter: „Nicht nur die Ampel, auch wir zweifeln zu Recht an den Fähigkeiten des Bundeskanzlers.“ In der nächsten Generation jüngerer Abgeordneter werde man aber weiter „vernünftige Kontakte zu den anderen Fraktionen pflegen und darauf hoffen, dass dieses Verhalten der führenden Sozialdemokraten keine Schule macht“.

Merz hatte in der Generaldebatte die Kooperation der Union mit der Ampel prinzipiell aufgekündigt. „Bitte ersparen Sie sich und uns in Zukunft Ihre Aufrufe zur Zusammenarbeit.“ Auch hätten die Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre gezeigt, dass die Koalition an einer wirklichen Zusammenarbeit nicht ernsthaft interessiert sei, betonte Merz. Man liege zudem auf allen Politikfeldern weit auseinander. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich betonte nach der Generaldebatte allerdings, er wünsche sich, dass man „zu einem Verhältnis, das belastbar ist, zurückfinden“ könne.

Aus der SPD hieß es hinsichtlich der Rede des Kanzlers, Scholz sei „on fire“ gewesen. Mit Blick auf die Union legte der Abgeordnete Esra Limbacher nach: „Für uns gilt: Machen statt motzen. Mit schlechter Laune und Untergangsprophezeiungen führt man vielleicht die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, aber nicht unser Land“, sagte Limbacher dem Tageblatt. Scholz habe zudem recht, in Krisenzeiten müssten die demokratischen Parteien „Hand in Hand für das Wohlergehen des Landes kämpfen, anstatt immer nur auf Wahltermine zu schielen“.