Gestern nun wurde der Prozess mit dem Hauptzeugen Paolo B. (27) fortgesetzt. Dieser war über Video zugeschaltet. Zuerst schilderte er das Tatgeschehen: So soll es am 15. Juli 2018 kurz vor 17 Uhr zwei aufeinanderfolgende Schlägereien in Esch gegeben haben – und zwar vor einer Gaststätte an der Kreuzung zwischen Avenue de la Gare und der rue Ferdinand Nothomb. Bei der zweiten Schlägerei soll ein Mann schwer verletzt worden sein. Paolo B. gab gestern nun vor Gericht an, den Messerstecher beobachtet zu haben, als dieser dem Opfer das Messer mit voller Wucht in den Rücken rammte. B. ist sich eigenen Aussagen zufolge sicher, dass Gilson V. der Täter ist.
Versuchter Totschlag?
Gilson V. wurde am Mittwoch von der Vorsitzenden Richterin Sylvie Conter vernommen. Der Mann ist wegen versuchten Totschlags angeklagt und sitzt seit über zwei Jahren in Untersuchungshaft. Er war in die Schlägerei verwickelt. Sein Blut wurde am Tatort und an Kleidern gefunden. Doch laut Gilson V. soll das Blut von jener Schlägerei stammen, die zuvor stattgefunden hatte. Seine Brille soll dabei zu Bruch gegangen sein. Das sei denn auch der Grund gewesen, warum er den Schläger, das spätere Opfer, Lopez M., aufsuchte, um diesen zur Rede zu stellen. „Wir haben daraufhin gestritten, wobei meine rechte Hand verletzt wurde. Weil ich stark blutete, habe ich mein T-Shirt als eine Art Verband für meine Wunde benutzt“, erklärte V.
Die Vorsitzende Richterin stellte die Vermutung auf, dass V. sich bei seiner Messerattacke selbst an der Hand verletzt hat. V. verneinte aber unvermittelt, mit einem Messer zugestochen zu haben. Nicht er habe ein Messer mit sich geführt, sondern das Opfer, Lopez M.
Hier hakte die Vorsitzende Richterin nach. „Wie kommt Ihre DNA an den Rücken des Opfers?“, fragte sie. Die Ermittler fanden seine DNA auf dem Hemd des Opfers, der darüber noch eine Jacke trug. Eine plausible Erklärung konnte V. nicht liefern. „Ich wollte ihn nur verprügeln. Mit der Messerattacke habe ich nichts zu tun“, sagte er am Mittwoch in der öffentlichen Verhandlung.
Verteidiger Me Frank Wies unternahm in seinem Plädoyer den Versuch, die Tat seines Mandanten infrage zu stellen. Er wollte das Gericht davon überzeugen, dass es sich bei der Attacke nicht um versuchten Totschlag handelte, denn sein Mandant bestreitet die Messerattacke. Der Verteidiger forderte das Gericht deshalb dazu auf, die Anklage wegen versuchten Totschlags fallen zu lassen und seinen Mandanten freizusprechen. Für den Fall, dass Gilson V. wegen Körperverletzung verurteilt wird, beantragt der Verteidiger eine Strafe auf Bewährung.
Der Prozess wird heute fortgesetzt.
Ich wollte ihn nur verprügeln, leider hatte ich ein Messer in der Tasche! :)