Dienstag28. Oktober 2025

Demaart De Maart

Motorsport„Mein Ziel bleibt die Formel 1“: WEC-Pilotin Doriane Pin im Interview

Motorsport / „Mein Ziel bleibt die Formel 1“: WEC-Pilotin Doriane Pin im Interview
Doriane Pin fuhr mit dem Oreca des Prema-Teams als erste Frau auf ein WEC-Podium in der LMP2-Kategorie  

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Mit 19 Jahren nimmt Doriane Pin dieses Jahr zum ersten Mal am WEC (World Endurance Championship) in der hart umkämpften LMP2-Klasse teil. Gleich bei ihrem Auftaktrennen in Sebring stand sie auf dem Siegerpodest. Genau wie unsere vorherigen WEC-GT3-Interview-Gäste Sarah Bovy, Rahel Frey und Michelle Gatting ist die junge Französin Teil des „Iron Dames“-Projekts von Deborah Mayer, das Frauen zum Motorsport ermutigt. Wie Pin uns im Interview bestätigt, war ihr Aufstieg geradezu kometenhaft und verspricht so einiges für die Zukunft. Als eines der größten weiblichen Talente im Motorsport wird vielleicht sie es sein, die als nächste Frau wieder in der Königsklasse des Motorsports antreten wird.

Tageblatt: Doriane Pin, Sie sind noch sehr jung, doch Ihre Karriere weist bereits jetzt erstaunliche Resultate auf. Besonders das Jahr 2022 war für Sie sehr erfolgreich. Wie war das für Sie?

Doriane Pin: 2022 war mein zweites Jahr mit Iron Lynx (Red: Iron Dames und Prema). Nach einer bereits erfolgreichen Saison 2021 war letztes Jahr wirklich ein Highlight. Wir haben die Ferrari Challenge Europe gewonnen, und dies bereits ein Rennen vor Schluss. Genau das war in dem Jahr unser Hauptziel. Wir haben dort wirklich dominiert und fast alles gewonnen. Das hat mir sehr geholfen, mich selbst zu verbessern und zu sehen, wie man als Team optimal zusammenarbeitet. Neben dem Ferrari Challenge habe ich die vier letzten Rennen der ELMS (European Le Mans Series) bestritten, wo wir ein Podium und einen Sieg erzielt haben. Schlussendlich habe ich mit Sarah Bovy, Rahel Frey und Michelle Gatting die Gold-Klasse der 24 Stunden von Spa gewonnen, und dies gleich bei unserer ersten Teilnahme. Mit gut 70 gleichartigen GT3-Autos am Start ist Spa sicher eines der härtesten Endurance Rennen überhaupt – es ist ein stetiger Positionskampf vom Start bis ins Ziel. Nach diesen Erfolgen 2022 hat mir mein Team dann über den Winter mitgeteilt, dass ich das große Glück habe, dieses Jahr in einem LMP2 in der WEC antreten zu dürfen, zusammen mit den zwei Lamborghini-Werksfahrern Mirko Bortolotti und Daniil Kwjat. Sie sind zwei große Champions mit viel Erfahrung, von denen ich bereits seit Anfang des Jahres viel gelernt habe.

In diesem Jahr haben Sie dann gleich an die Erfolgsstory von 2022 angeknüpft?

Ja, wir drei bilden, mit allen aus dem Prema-Team, eine starke Mannschaft. Wir konnten gleich das WEC-Auftaktrennen im amerikanischen Sebring auf Platz 3 beenden. Das war für mich verrückt, da es mein erstes Rennen in einem LM-Prototyp war – und das auch noch auf einer Rennstrecke, die ich bis dahin nicht kannte. Bei den darauffolgenden Rennen mischten wir auch immer vorne mit, auch wenn am Schluss die Resultate nicht da waren. Ich sehe aber meine bisherige WEC-Saison ganz positiv. Neben der WEC bestreite ich ja auch noch die amerikanische IMSA Serie im Iron Dames GT3 Lamborghini Huracán, was mir erlaubt, nicht nur die europäischen Rennstrecken, sondern auch die in den USA kennen zu lernen, das ist einfach perfekt. Ebenfalls gibt es mir die Möglichkeit, mit zwei doch sehr verschiedenen Autos Rennen zu bestreiten: in einem LMP2-Prototypen und in einem GT3-Auto.

Die 19-jährige Französin hält mehr als munter mit ihren erfahreneren männlichen Gegnern mit
Die 19-jährige Französin hält mehr als munter mit ihren erfahreneren männlichen Gegnern mit  

Wie sehen Sie den noch kommenden Rennen in der WEC entgegen?

Wir sind als Team gut vorbereitet, wir arbeiten viel am Simulator und wir kämpfen seit Saisonbeginn immer mit an der Spitze. Ich sehe den weiteren Rennen also optimistisch entgegen. Diese Saison ist die LMP2-Kategorie stärker umkämpft als je zuvor, da es das letzte Jahr ist, wo es in der WEC diese Klasse gibt. Alle Werksfahrer, deren Hersteller dieses Jahr noch kein Hypercar einsetzen, treten in der LMP2-Kategorie an. Ich hoffe, dass wir bald unsern ersten Sieg feiern können. Mit meinem Prema-Team erleben wir momentan ein sehr schönes Abenteuer. Wir arbeiten sehr hart zusammen für unseren Erfolg.

Ihr jetziges Iron Lynx/Prema-Team wird 2024 das Lamborghini Hypercar in der WEC und in der IMSA einsetzen. Können Sie uns schon etwas über das kommende Jahr sagen – was sind Ihre Ziele?

Es ist noch zu früh, um über 2024 zu sprechen, wir müssen erst einmal die verbleibenden Rennen in der WEC und in der IMSA erfolgreich hinter uns bringen und dann sehen wir weiter. Wie bereits erwähnt wird es die LMP2 in der WEC nächstes Jahr nicht mehr geben und das Ziel eines jeden sind die Hypercars. Nach der LMP2 sind die Hypercars ja auch der logische nächste Schritt …

Sie haben dieses Jahr an den 24 Stunden von Le Mans und von Spa teilgenommen. Sind solche 24-Stunden-Rennen physisch nicht sehr anstrengend?

Das passt schon. Wir bereiten uns natürlich sehr stark mental und physisch auf solch lange Rennen vor, aber wir sind bereit. Es ist natürlich immer anstrengend, es sind viele Autos auf der Strecke (Red.: mehr als 60 in Le Mans und mehr als 70 in Spa) und das Wetter spielt natürlich auch eine wichtige Rolle. Man muss im Trockenen und im Nassen schnell sein, vor allem aber bei immer wieder wechselnden Wetterbedingungen (Red.: … und diese gibt es immer wieder auf diesen beiden langen Strecken).

Wie sind Sie eigentlich zum Motorsport gekommen? Hatten Sie von Anfang an die Unterstützung Ihrer Familie?

Ich bin sehr früh zum Karting gekommen, weil mein Vater Karting Events für Gesellschaften und Firmen organisierte. Ich war somit seit meinem vierten Lebensjahr stetig mit ihm auf den Kart-Bahnen und er hat mich von Anfang an unterstützt. Mein Vater, mein Onkel und ich, wir haben fünf Jahre jedes Wochenende beim Karting verbracht – das war eine sehr schöne Familiengeschichte.

2021 haben Sie einen Formel 3, also ein Formel-Auto getestet. Können Sie sich vorstellen, in Zukunft Monoposto-Rennserien zu bestreiten?

Dieser Test war für mich sehr aufschlussreich, da ich bis dato absolut keine Erfahrung mit Formel-Rennwagen hatte. Mein Ziel bleibt die Formel 1, dort will ich am Ende meiner Karriere unbedingt angelangt sein! Den motorsportlichen Weg, den ich seit 2021 eingeschlagen habe (Red.: d. h. Rennen in geschlossenen Rennwagen), ist zwar ein ganz anderer, aber das heißt ja nicht, dass ich, nach dem, was ich jetzt mache, irgendwann in einen Formelwagen zurückkehren kann.

Was bedeutet es eigentlich für Sie, ein Mitglied der „Iron Dames“-Familie zu sein?

Ich bin vor allem sehr dankbar, ein Mitglied dieses Projekts zu sein, das nunmehr seit fünf Jahren besteht und das so vielen Mädchen und Frauen die Tür zum Motorsport geöffnet hat. Es ist schön, zeigen zu können, dass man alles erreichen kann, wenn man hart arbeitet, egal von wo man kommt (Red.: Gemeint ist wohl, egal ob als Mann oder als Frau). Wir haben als Iron Dames bereits ganz viel erreicht.