Dienstag11. November 2025

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SudanMehr als tausend Europäer evakuiert – doch was wird aus den Ortskräften?

Sudan / Mehr als tausend Europäer evakuiert – doch was wird aus den Ortskräften?
Auf einer Luftwaffenbasis in Jordanien brechen deutsche Soldaten in den Sudan auf Foto: Neumann/Bundeswehr/dpa

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Rette sich, wer kann: Frankreich, Deutschland und die Europäische Union haben am Montag mit allen Mitteln versucht, die Evakuierung aus dem umkämpften Sudan zu organisieren. Mehr als tausend EU-Bürger seien in Sicherheit gebracht worden, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bei einem Treffen der Außenminister in Luxemburg.

„Es ist eine komplexe Aktion gewesen und es ist eine erfolgreiche Aktion gewesen“, erklärte Borrell. Der Spanier dankte Frankreich für seine Hilfe beim Ausfliegen „unserer Leute“. Borrell würdigte aber auch „die vereinten Bemühungen vieler Länder“, die „alle Staatsbürger, die sie aufsammeln konnten, mitgenommen haben“. Die Worte des Außenbeauftragten lassen erraten, wie schlecht die EU auf die neuerliche Krise im Sudan vorbereitet war. EU-Botschafter Aidan O’Hara war vergangene Woche in seinem Haus attackiert worden. Seither hat sich die Sicherheitslage im gesamten Land dramatisch verschlechtert; auch Europäer sind nicht mehr sicher.

Doch noch am vergangenen Freitag, bei der Vorbereitung des Außenministertreffens, war keine Rede von einer kurz bevorstehenden Evakuierung. Die Rettungsaktion wurde erst am Wochenende organisiert – und mehr schlecht als recht koordiniert. Aus Berlin, Paris und Brüssel kamen ganz unterschiedliche, zum Teil widersprüchliche Nachrichten. So sagte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock ihre Teilnahme am Außenministertreffen der EU in letzter Minute ab. Sie müsse sich daheim in Berlin um die Organisation der Evakuierung kümmern, hieß es. Derweil hatte Frankreich schon mit Rettungsflügen begonnen – mit einer Luftbrücke zwischen Khartum und Dschibuti.

Denken wir auch an die Menschen, die nicht evakuiert werden können, die im Sudan leben

Außenminister Jean Asselborn

Auch Ägypten, China, Italien, Saudi-Arabien, Spanien, Südafrika und die Türkei kümmerten sich am Montag um die Rückführung ihrer Bürger. Zuvor hatten bereits die USA und Großbritannien Botschaftsmitarbeiter aus Khartum ausgeflogen. Die EU wirkte im Vergleich zu den internationalen Bemühungen wie ein Nachzügler. Die Lage erinnert an die katastrophale Evakuierung aus Kabul im Jahr 2021. Auch damals waren die Europäer von den Ereignissen überrascht worden. Ähnlich wie damals drohen auch diesmal die einheimischen Ortskräfte auf der Strecke zu bleiben. Deutsche und andere EU-Bürger hätten Vorrang, erklärte ein Regierungssprecher in Berlin.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn mahnte dagegen, die lokale Bevölkerung nicht zu vergessen. Was in Sudan passiere, sei eine große Katastrophe, sagte er vor dem EU-Treffen in Luxemburg. „Denken wir auch an die Menschen, die nicht evakuiert werden können, die im Sudan leben“, forderte Asselborn.

Millionenhilfen der EU

Es ist nicht das erste Mal, dass die EU im Sudan kalt erwischt wird. Bei Protesten der Opposition 2019, die mit Gewalt niedergeschlagen wurden, machten die Europäer auch schon keine gute Figur. Sie riefen alle Beteiligten zu einer Rückkehr an den Verhandlungstisch auf, hielten sich ansonsten aber heraus.

Der Fokus lag darauf, die Krise regional zu begrenzen – und mögliche neue Flüchtlingsströme nach Europa zu verhindern. Für dieses Ziel hat die EU in den vergangenen Jahren mehrere Hundert Millionen Euro in den Sudan geleitet – und einen „Pakt mit dem Teufel“ geschlossen, wie Kritiker sagen. Die Millionenhilfen sollten dabei helfen, Ausbildung und Ausrüstung der sudanesischen Grenztruppen zu verbessern. Sie stärkten aber vor allem das Militärregime. „Die EU verliert im Kampf gegen Migration Millionen, deshalb muss sie uns unterstützen“, prahlte Milizenführer Mohamed Hamdan Dagalo, genannt „Hemeti“, im Jahr 2017.

Nun ist Dagalo schon wieder in einen blutigen Machtkampf verwickelt – diesmal mit Armee-General Abdul Fattah Al-Burhan. Bei den Gefechten, die Mitte April begonnen haben, wurden nach UN-Angaben mindestens 427 Menschen getötet und mehr als 3.700 weitere verletzt. Nach UN-Angaben versuchen Tausende sudanesische Zivilisten, in den Tschad, nach Ägypten und in den Südsudan zu fliehen.

Tarchamps
25. April 2023 - 12.31

Jedes Land kann seine eigenen Bürger umbringen, Pol Pot bekam dafür nur Hausarrest.