Donnerstag23. Oktober 2025

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GemeindepolitikKrise bei den Piraten: „Es ist wahrscheinlich, dass noch weitere gehen werden“

Gemeindepolitik / Krise bei den Piraten: „Es ist wahrscheinlich, dass noch weitere gehen werden“
Wo geht es für die Piraten in Zukunft hin? Grafik: Kim Kieffer/Tageblatt

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Steven Curfs, Ben Polidori, Marie-Marthe Muller und Vincenzo Turcarelli haben der Partei bereits den Rücken gekehrt. Die Piraten stehen nun vor einer Zerreißprobe. Wollen weitere Mandatsträger austreten? Das Tageblatt fragte bei einigen der verbleibenden 14 Gemeinderatsmitglieder nach, wie sie die Zukunft der Partei sehen.

Nicht jede der von uns kontaktierten Personen war bereit, mit uns zu reden. Die, die es taten, sind sich in einem Punkt einig: Sie hegen große Hoffnungen in die geplante Statutenänderung. Zudem sehen sie die bisherige Rolle von Sven Clement als problematisch.

Mathis Godefroid
Mathis Godefroid Foto: Editpress/Didier Sylvestre

„Es ist momentan nicht einfach“, seufzt Mathis Godefroid, Gemeinderatsmitglied aus Hesperingen. „Ich verlasse die Partei aber nicht, ich glaube an das Projekt und werde mich jedenfalls weiter engagieren.“ Große Hoffnung setzt er auf eine geplante Statutenänderung. Am 20. Oktober wird sich der Bezirk Zentrum treffen, um über diese zu diskutieren, ein nationaler Kongress wird Ende des Jahres, spätestens im Januar stattfinden.

Details hierzu gibt es noch keine; innerhalb der Parteileitung sei man sich aber über die großen Linien einig, Sven Clement sträube sich ihm zufolge zwar noch gegen verschiedene Änderungen, z.B. gegen die Abschaffung eines Vetorechts für Abgeordnete. „Falls er die Statutenänderung nicht mittragen will, muss er sich allerdings fragen, was er machen soll. Ich bin nicht der Meinung, dass er sein Abgeordnetenmandat zurückgeben soll, aber seine Rolle innerhalb der Partei muss sich ändern. Die Zeiten, in denen die Partei mit ihm identifiziert wurde, sind vorbei.“

Bezüglich der MALT-Affäre meint Godefroid, es werde nicht mit offenen Karten gespielt. „Bei der letzten Parteileitung sind da noch weitere Sachen auf den Tisch gekommen. So wurden Angestellte da mit hineingezogen. Die mussten erst mal schlucken, als sie von Polizei bzw. Staatsanwaltschaft befragt wurden.“

Deutliche Worte findet er für Sven Clement: „Er gibt seine Schuld nicht zu, es würde jedoch alles einfacher machen, wenn er es tun würde. Wenn man sein Interview auf RTL hört, hat man den Eindruck, dass er die Sache zu sehr auf die leichte Schulter nimmt. Es ist doch Blödsinn, dass die aktuellen Mandatäre nun für etwas bezahlen müssen, das vor ihrer Zeit geschah.“

Der Hesperinger meint allerdings auch, dass noch andere Gewählte die Partei verlassen werden. Es gebe einen gewissen Opportunismus bei anderen Parteien, die die Situation ausnützen wollen. Auch er sei kontaktiert worden, möchte aber nicht sagen, von wem. „Ich bleibe in der Partei, für die ich gewählt wurde. Ich bleibe in ihr, bis es nicht mehr geht, im Moment sehe ich aber noch keinen Grund zu gehen. Diejenigen, die gegangen sind, waren wohl keine überzeugten Mitglieder, haben nicht an das Projekt geglaubt. Es ist wahrscheinlich, dass noch weitere gehen werden.“

Pirat aus Überzeugung

Ben Lomel glaubt weiterhin an das Projekt „Piraten“
Ben Lomel glaubt weiterhin an das Projekt „Piraten“

Für Ben Lomel, Gemeinderatsmitglied aus Kayl-Tetingen, gilt das Gleiche. „Nein, ich habe nicht vor aus der Partei auszutreten, ich bleibe, bis das Schiff untergegangen ist. Ich glaube an das Projekt Piraten.“ Er sei zwar von zwei Parteien kontaktiert worden, doch da er entschieden habe, seine Piraten nicht zu verlassen, wurden die ersten Kontaktaufnahmen nicht weiter verfolgt. „Viel Konkretes war es auch nicht, die zwei Parteien haben mir nur mitgeteilt, ich soll an sie denken, falls ich die Piraten verlassen wolle.“

Seit sieben Jahren, seit er Partei-Mitglied sei, habe er die Sektion in Kayl aufgebaut. Die Piraten seien genau die politische Heimat, die er gesucht habe. Dass allerdings noch weitere Mitglieder die Partei verlassen werden, davon geht er ebenfalls aus.

Genau wie sein Kollege aus Hesperingen, setzt auch er seine Hoffnung auf die geplante Statutenänderung, Genaueres hierzu liege aber noch nicht vor. Er bestätigt, dass der Hauptpunkt dabei die Umgestaltung der Parteileitung sei. „Die Partei darf nicht mehr auf nur eine Person zugeschnitten sein.“

Auch wenn Sven Clement auf RTL gesagt habe, er habe seit 2019 nichts mehr zu sagen, stimme das einfach nicht. „Die Statutenänderung gibt uns die Möglichkeit, noch einmal durchzustarten und uns wieder neu aufzubauen. Im Moment sind wir ja eher dabei, uns abzubauen. Man muss zu seinen Fehlern stehen. Eines unserer Mottos ist Transparenz. Deshalb ist es richtig, wie Marc Goergen reagiert hat. Und nicht alles unter den Teppich kehren. Ich hoffe, dass die Justiz jetzt Klarheit schafft – und dass es weitergeht.“

Unsicherheit in Colmar-Berg

Der heiklen Frage, ob sie vorhabe, die Partei zu verlassen, weicht die Bürgermeisterin von Colmar-Berg, Mandy Arendt, aus. „Zu meiner politischen Zukunft will ich mich momentan nicht äußern.“ Ein kategorisches Nein gibt es allerdings auf die Frage, ob sie schon von einer anderen Partei kontaktiert worden sei.

Zum aktuellen Zustand der Piraten-Partei meint auch sie, dass Sachen geändert werden müssen. Eine Statutenänderung würde aber nicht die momentanen Probleme – Arendt spricht von einer regelrechten Schlammschlacht – lösen. Bei der Mitarbeit an den geplanten Statutenänderungen halte sie sich aus Zeitmangel zurück.

Mandy Arendt will sich nicht zu ihrer politischen Zukunft äußern
Mandy Arendt will sich nicht zu ihrer politischen Zukunft äußern

Bezüglich der MALT-Affäre müsse man sich als Mandatsträger schon Fragen stellen: „Ich verstehe, dass viele die Partei verlassen, sie wollen sich eben nicht ihren Namen beschmutzen lassen. Die wenigsten der aktuellen Mandatsträger haben überhaupt etwas mit der Affäre (MALT) zu tun. Wer weiß, was noch alles herauskommt. Das Ganze könnte ja noch viel weiter gehen.“

Sie stehe noch immer zu den Werten und dem Programm der Piraten, doch nun leide die Glaubwürdigkeit der ganzen Partei. „Als Gewählte in einer Majorzgemeinde bin ich nicht so sehr auf die Partei angewiesen, um mein Mandat auszuüben.“

Fragezeichen in Esch

Tammy Broers
Tammy Broers Foto: Editpress/Alain Rischard

Für das Tageblatt am Mittwoch nicht zu erreichen war die Escher Gemeinderätin Tammy Broers. Am Wochenende waren Gerüchte aufgetaucht, nach denen die ADR in Person des gebürtigen Eschers Tom Weidig Broers von einem Parteiwechsel überzeugen wolle.

Die ADR ist im kommunalen Gremium durch Bernard Schmid vertreten. Auch vermeintliche Gespräche mit den Grünen machten die Runde. Broers selbst dementierte das am Sonntag gegenüber dem Tageblatt. „Ech ginn do mat falsche Saache belaascht“, so die Rätin.

     

Bruno Da Silva
Bruno Da Silva Foto: Editpress/Tania Feller

Im Juni 2023 ist Bruno Da Silva, junger Politiknovize, bei den Kommunalwahlen für die Piratenpartei in den Gemeinderat von Sanem gewählt worden. Dort will er bleiben, ja, auch als Vertreter der Piraten. Aufgrund beruflicher Verpflichtungen (Da Silva ist Sicherheitsdelegierter bei CFL-Cargo) konnte er uns am Mittwochnachmittag nur kurz telefonisch Rede und Antwort stehen. „Jo, ech bleiwe bei de Piraten.“ Bruno da Silva zeigt sich motiviert, weiterzumachen, gleichzeitig aber auch enttäuscht über den Weg, den seine Partei nun eingeschlagen hat. Ein Projekt voller Hoffnungen sei es gewesen. Er will jetzt abwarten, was passiert. Enttäuscht, so sagt er, sei er vor allem auch darüber, dass einige in Gemeinderäte gewählte Parteimitglieder jetzt scheinbar Hals über Kopf die Partei verlassen. Bruno Da Silva wird ein enger, mitunter freundschaftlicher Kontakt zu Marc Goergen, einem der Piratenhäuptlinge, nachgesagt. Am Telefon sagte er, dass er den von Goergen angestrebten Erneuerungskurs mit neuen Parteistatuten voll unterstütze.

Kevin Welter
3. Oktober 2024 - 10.33

Es werden wohl nur die treuen Fast Food Liebhaber übrigbleiben.