Verein „Art Libre“ in Esch: Malen, töpfern, kreativ sein

Verein „Art Libre“ in Esch: Malen, töpfern, kreativ sein

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Zum Auftakt unserer neuen Serie über die Escher Vereine haben wir den ältesten Kunstverein der Minettemetropole „Art libre“ besucht. Zweimal wöchentlich verwandeln an die 40 Hobbykünstler die Kellerräume der Bruchschule in kreative Werkstätten, wo getöpfert und auf Leinwand oder Seide gemalt wird. So manches kunsthandwerkliche Kleinod wurde hier geschaffen und auch die oft großflächigen Malereien verdienen durchaus Anerkennung.

Von Christiane Wagner (Text) und Julien Garroy (Fotos)

Fröhliches Lachen schallt uns entgegen, als wir die Treppe ins Kellerlabyrinth der Escher Bruchschule hinabsteigen. Unten treffen wir auf eine bunt gemischte Gruppe Hobbykünstler, die hier in zwei Kellerräumen und einem schmalen Gang allwöchentlich ihren liebsten Freizeitbeschäftigungen, dem Malen, der Seidenmalerei oder dem Töpfern, nachgehen. „Wir sind mit 72 Jahren der wohl älteste Kunstverein der Minettemetropole“, erklärt uns eine gut gelaunte Präsidentin Gisèle Hentges. „Fröhliche Geselligkeit und kreatives Schaffen zeichnen unseren Club aus.“ Vizepräsidentin Maggy Decker fügt hinzu: „Zwölf Mitglieder besuchen mittwochs die Malkurse, an die 25 töpfern zum gleichen Zeitpunkt im Raum nebenan, während die sechs Seidenmalerinnen sich meist am Dienstag treffen. Wir sind oft über 40 Personen.“ Nach und nach trudeln die Teilnehmer ein. Jeder wird freudig begrüßt.

Vom Nachkriegs- zum vielseitigen Kunstverein

Es ist unübersehbar, dass in diesem Club das freundschaftliche Zusammensein eine große Rolle spielt. Und genau deshalb kommen viele allwöchentlich von weit her, wie etwa aus Oberbillig, Briey oder gar Longwy. Wir fragen Sylvie, Forscherin an der Uni Luxemburg, was sie bewog, sich diesem Club anzuschließen. „Ich wollte mich manuell betätigen. Nach einigen Recherchen stieß ich auf diesen Verein, der meinen Vorstellungen entsprach. Noch etwas zögerlich nahm ich Kontakt auf und kam zum Schnuppern her. Ich war begeistert, sowohl von der Atmosphäre als auch von der fachlichen Betreuung.“

Sekretärin Marie-Jeanne Leider führt uns in die langjährige Vereinsgeschichte ein. Die Gründungsdokumente zeigen, dass der Club 1946, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg also, unter der Bezeichnung „Amis de la peinture“ ins Leben gerufen wurde. So steht dann auch in den Statuten: „Seine Mitglieder bestehen aus Luxemburgern, ohne ein vorhergegangenes politisches Vergehen. Solche sind unerwünscht.“

Über das Ziel erfährt man, dass „der Verein nur seinen Mitgliedern zur Stütze und zur weiteren Ausbildung auf dem Gebiet der Maler- u. Zeichenkunst“ diene. Unterschrieben ist die Satzung vom ersten Präsidenten Michel Schouweiler sowie den Beisitzenden Jean Beidler und Michel Mauer. „Wir haben kein Archiv“, so die Sekretärin. „Fotografien aus dieser Zeit gibt es keine.“ 1965 dann wird der Verein in „Art libre“ umbenannt und die Aktivitäten auf weitere künstlerische Sparten ausgedehnt. „So kamen das Töpfern und nachfolgend die Seidenmalerei dazu. Später wurden zeitweise auch Aktivitäten für Kinder angeboten, die aber aufgrund mangelnder Nachfrage wieder eingestellt wurden. Außer ein paar verblassten Fotos und Zeitungsartikeln ist weiter nichts aus dieser doch sehr dynamischen Zeit erhalten“, führt Marie-Jeanne Leider weiter aus.

Drei Kunstsparten unter einem Dach

Heute beschränke man sich auf die Teilnahme an Kunsthandwerkermärkten und organisiere Ausstellungen für die Hobbymaler. Dies sei wichtig, da sich die Freizeitkünstler auf diese Weise einem größeren Publikum vorstellen könnten. Nur so bekämen sie Anerkennung und Feedback zu ihren Werken. Auch könnten die Bewohner des Escher Altersheims beim großen Sommerfest am 14. Juni und beim alljährlichen „Chrëschtmaart“ am 1. Advent die Kreationen bewundern, so Präsidentin Gisèle Hentges. Inspiration pur für die Töpfer sei jedes Jahr der Ausflug zum großen professionellen Keramikkunstmarkt im deutschen Höhr-Grenzhausen.

Zweimal im Jahr organisiert „Art libre“ Malkurse mit Acryl und in abstraktem Malen mit der bekannten Künstlerin Milly Delage-Richter. Als wir das Maleratelier betreten, ist sie gerade dabei, den einzelnen Teilnehmern Ratschläge und Anregungen zu geben. „Hell doch diese Fläche etwas auf“, rät sie Mireille. „Und trage etwas mehr Farbe auf.“ Eine Ausstellung ist in Vorbereitung. Es heißt nun, die Bilder fertig zustellen und eine Auswahl zu treffen. Überall in den doch beengten Kellerräumen ist die Begeisterung am künstlerischen Gestalten spürbar.

So auch im Keramiksaal, wo alle konzentriert den nassen Ton bearbeiten. Seitlich stehen einige Arbeiten zum Trocknen, Glasieren oder Brennen im eigenen, quasi fabrikneuen Ofen bereit. Übrigens ist das Töpfern gratis und das Material wird gestellt. Die Seidenmalerinnen ihrerseits haben sich im Seitengang installiert. Alle haben sich vor etwa 30 Jahren bei Kursen in Strassen kennengelernt und sich nach deren Einstellung dem „Art libre“ angeschlossen. Sie beherrschen das Metier aus dem Effeff und finden heute Gefallen am Experimentieren. „Wir haben z.B. Rasierschaum und andere Materialien ausprobiert. Hier sehen Sie ein Seidentuch, das mit einer Wäscheklammer bemalt wurde“, erklärt Gisèle Hentges. Besonders stolz sind die Seidenmalerinnen auch auf ihre Fixiermaschine, die einzige im Land.

Als wir uns mit einigem Bedauern von dieser motivierten Runde verabschieden, erläutert Präsidentin Gisèle Hentges abschließend: „Wer ausprobieren will, ob Malen, Töpfern und Seidenmalerei für ihn als Hobby taugt, kann gerne mittwochabends ab 18 Uhr zum Schnuppern vorbeikommen. Ständig stoßen neue Mitglieder aller Alterskategorien und Berufsgruppen zu uns. Wir freuen uns über jeden Interessenten.“

Kontakt: 
Ecole du Brouch – Eingang rue Michel Lentz
4209 Esch/Alzette
Tel.: 621 28 83 12