Donnerstag11. Dezember 2025

Demaart De Maart

Forum von Franz FayotMake Europe Fascist Again – Der Plan Trumps für Europa

Forum von Franz Fayot / Make Europe Fascist Again – Der Plan Trumps für Europa
US-Präsident Donald Trump während einer Diskussionsrunde im Roosevelt Room des Weißen Hauses in Washington, DC, am 10. Dezember 2025 Foto: Andrew Caballero-Reynolds/AFP

In einem Interview mit Politico1) am 8. Dezember hat US-Präsident Trump zum Rundumausschlag gegen Europa ausgenommen: Europäische Länder wie Frankreich, Schweden und Großbritannien seien im Zustand der Zersetzung, mit schwachen Staatschefs, zerfressen von Immigration und gelähmt durch ausufernde Bürokratie. Trump bezog sich auf eine neue amerikanische Sicherheitsstrategie, welche aussagt, dass seine Administration sich künftig in Wahlen innerhalb europäischer Länder einmischen würde, um Parteien, welche MAGA-konform sind, zu unterstützen. Sprich Parteien wie Viktor Orbáns Fidesz in Ungarn, Giorgia Melonis Fratelli d’Italia oder noch die AfD in Deutschland. Parteien, welche allesamt den Rechtsstaat angreifen und den rassistischen „Großen Austausch“ der weißen kaukasischen Bevölkerung durch muslimische Migranten mehr oder weniger explizit zum zentralen Thema gemacht haben. Mit Erfolg.

Trumps Interview folgt auf die Rede seines Vize J.D. Vance vor dem Sicherheitsforum in München im Januar dieses Jahres, in welcher Vance den Europäern vorwarf, die Meinungsfreiheit einzuschränken – die Meinungsfreiheit rechtsextremer Parteien, wohlverstanden. Wie ernst die Anhänger von Caudillo Trump und Vance es wirklich mit der Meinungsfreiheit meinen, bewiesen sie nach dem Mord des rechten Influencers Charlie Kirk: Journalisten und sogar einfache Internet-User, welche kritisch über Kirk schrieben, wurden entlassen oder massiv unter Druck gesetzt.

Trumps Interview bestätigt, dass sich die Vance-Doktrin in der MAGA-Welt durchgesetzt hat: Amerika und Europa würden eine „zivilisationnelle“ Allianz weißer, christlicher, familientreuer Länder bilden – Multikulturalität, Willkommenskultur für Immigranten, Toleranz und Diversität werden in dieser „Zivilisation“ als Schwäche und Zeichen der Dekadenz gewertet. Trumps Amerika wird seine „culture wars“ gegen Immigration, Andersdenkende, LGBTQI+, gegen die Demokratie und den Rechtsstaat, gegen freie Forschung wohl jetzt noch stärker nach Europa verlagern, indem es offen nationalistische, rechtsextreme Parteien und KandidatInnen unterstützen wird.

Was die USA seit dem Kalten Krieg in Lateinamerika und auch sonst überall auf der Welt betrieben haben, nämlich Regime-Wechsel mit übelsten Methoden wie Militär-Coups oder Destabilisierung gewählter Regierungen, soll jetzt auch in den liberalen Demokratien Europas passieren.

Eine Allianz zwischen Rechten und Big Business

Der Endplan dieser Politik ist wohl die Zerstörung des Europäischen Projektes, welches rechten Republikanern und US-Businesslobbys immer schon ein Dorn im Auge war.

Wie erfolgreich diese Politik jetzt schon ist, zeigt der aktuelle Zustand der Europäischen Union. Unter den europäischen Regierungschefs gibt es bereits jetzt Anhänger eines kleineren, weniger ambitionierten Europas, die klar dafür eintreten, dass sich Europa auf einige wenige Kernaufgaben beschränken soll, und insgesamt mehr Nationalstaat und weniger Europa fordern. Das Gleiche gilt im Europaparlament und auch in den nationalen Parlamenten, wo rechte Nationalisten mittlerweile zur dritten politischen Macht angewachsen sind.

Sukkurs erhalten diese Parteien auch von großen multinationalen Unternehmen, welche eine ganz ähnliche Agenda verfolgen, wenn es um die Verwässerung europäischer Gesetze für den Klima- und Umweltschutz sowie die Privatsphäre der Menschen im digitalen Bereich geht. Presseartikel der Online-Medien Euractiv und Somo2) haben kürzlich aufgedeckt, dass es ein Zusammenschluss von mehrheitlich US-Multis war, der bei der EU-Kommission und gutgesinnten Regierungen – wohl auch der luxemburgischen – das nötige Lobbying gemacht hat, um beispielsweise das Lieferkettengesetz oder die Entforstungsrichtlinie zu entkernen. Mit großem Erfolg, wie man es am Beispiel der Lieferkettenrichtlinie sieht.

Die Abschwächung europäischer Gesetze, sonst die progressivsten der Welt im Bereich des Umweltschutzes und der Menschenrechte, wird unter dem Schlagwort der „Wettbewerbsfähigkeit“ zelebriert. Das Ganze wird als „Simplifizierung“ verkauft – unsere CSV-DP-Regierung, aber auch Business-Vertreter von Fedil bis UEL, plappern die Sprachelemente der US-Lobbyisten und deren Berater und Denkfabriken mit viel Freude nach.

Franz Fayot ist LSAP-Abgeordneter und ehemaliger Wirtschaftsminister
Franz Fayot ist LSAP-Abgeordneter und ehemaliger Wirtschaftsminister Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Die Brandmauer fällt – Europas Demokratien in Lebensgefahr

Eine nach der anderen fallen alle Brandmauern zwischen der klassischen Rechten und der nationalistischen neo-faschistischen Rechten: im Europaparlament im Rahmen des Omnibus-1-Pakets zur Abschwächung des Lieferkettengesetzes CSDDD, in Deutschland am 29. Januar 2025, wo die Unionsfraktion im Bundestag einen verschärften Kurs in der Asyl- und Migrationspolitik mit Stimmen der AfD durchsetzte. Oder noch in Frankreich, wo Les Républicains, die früheren Gaullisten, immer offener über eine Allianz mit dem Rassemblement national um Marine Le Pen nachdenken. Ex-Präsident Nicolas Sarkozy ruft in seinem „Journal d’un prisonnier“ gar offen zur Allianz zwischen Rechten und Extremrechten auf. Bindeglieder sind in allen Fällen sowohl Anti-Immigrationspolitik, neoliberale Wirtschaftspolitik und Klimaskepsis.

Der französische Historiker Yohann Chapoutot hat in seinem rezenten Buch „Les irresponsables – qui a porté Hitler au pouvoir“ gezeigt, wie im Deutschland der Weimarer Republik in den Anfang 30er Jahren eine Allianz aus Großgrundbesitzern, Großunternehmen, bürgerlich rechten und liberalen Parteien, mithilfe eines rechten Pressemagnaten, Hitler an die Macht gebracht hat. Nicht weil es unvermeidlich war, wie oft geschrieben wird, sondern weil man den drohenden Machtverlust an linke Parteien verhindern wollte und überzeugt war, man könne die unerfahrenen Nazis gut kontrollieren. Ein fataler Fehler. Der Flirt mit neofaschistischen Parteien ist ein brandgefährliches Spiel, vor dem man überhaupt nicht genug warnen kann.

Die Wirtschaftskrise in Europa und die sich vertiefenden Ungleichheiten werden weitere Wähler in Richtung der Rechtsextremen treiben – es sei denn, es wird gegengesteuert: durch Planung der Wirtschaft, durch Adaptation, mittels einer fairen Besteuerung auch großer Vermögen, durch Innovation und Kompensierung für sozial schwache Menschen in der ökologischen Transition, welche unabdinglich ist. Und mit einer solidarischen, integrativen Immigrationspolitik, die als Chance und nicht als Gefahr verstanden wird. Davon ist die europäische und auch unsere nationale Politik jedoch zurzeit ganz weit entfernt.

Die rechte Welle aus Amerika, die den europäischen Rechtsruck von 2023 noch einmal verstärkt, bedeutet Lebensgefahr für unsere europäischen Demokratien und unseren Rechtsstaat. Es ist wichtig, sich dagegen zu wehren, wie es António Costa, Präsident des Europäischen Rates, beispielsweise getan hat, der, nach Trumps Interview, die Einmischung in europäische Wahlen aufs Schärfste verurteilt hat.

Dabei ist jeder gefordert, zu jeder Zeit, und auf allen Ebenen. Der Kampf um unsere Freiheit und unsere demokratischen Rechte hat längst begonnen.


1) https://www.politico.com/news/2025/12/09/trump-dasha-burns-interview-europe-immigration-ukraine-00682016?amp;utm_source=flipboard&utm_content=topic/politics

2) https://www.somo.nl/the-secretive-cabal-of-us-polluters-that-is-rewriting-the-eus-human-rights-and-climate-law/

https://www.euractiv.com/news/counterinsurgency-how-europes-business-lobby-retook-the-berlaymont/