Mittwoch29. Oktober 2025

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ValentinstagLiebe, Beziehungen und Dates im Wandel der Zeit: Zwei Paare erzählen

Valentinstag / Liebe, Beziehungen und Dates im Wandel der Zeit: Zwei Paare erzählen
Seit 70 Jahren sind Edwige und Emile nun ein Paar und ihre Liebe hält immer noch Foto: Laura Tomassini

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Jedes Jahr feiern wir sie wieder, die Liebe. An Valentinstag dreht sich alles um Paare, viele besinnen sich wieder darauf, was sie eigentlich verbindet. Beziehungen haben sich dabei im Laufe der Jahre stark verändert, das bezeugen zwei Paare aus zwei Generationen, wie sie anders wohl nicht sein könnten.

Mit etwas Mühe kramt Emile Mousel sein Portemonnaie aus seiner Hosentasche heraus. „Hier, das ist sie, meine erste große Liebe“, sagt er und zeigt das alte Foto seiner Frau auf dem Escher Gaalgebierg. Seit 70 Jahren ist das Paar zusammen, 66 davon verheiratet. Kennengelernt haben sie sich, ganz traditionell, im Tanzsaal „Hein“ an der Grenze in Esch, in Anwesenheit von Edwiges Eltern. „Damals sind wir jeden Sonntag nach dem Kino tanzen gegangen. Wollte ein Junge mit einem Mädchen tanzen, musste er dessen Eltern fragen“, erinnert sich die 87-Jährige. Emile habe ihr auf Anhieb gut gefallen: groß, „flott“, ein guter Tänzer. Der erste Tanz der beiden: ein Tango.

Vier Jahre lang dauerte es, bis Edwige und Emile endlich heirateten und die beiden zum ersten Mal zusammenzogen
Vier Jahre lang dauerte es, bis Edwige und Emile endlich heirateten und die beiden zum ersten Mal zusammenzogen Foto: Laura Tomassini

„Anschließend haben wir uns immer nach Edwiges Arbeit getroffen und heimlich an einer Pforte nahe des Viadukts geknutscht. Das war eine schöne Beschäftigung“, erzählt Emile verschmitzt. Vier Jahre lang besuchte der damals 18-Jährige seine Auserwählte in ihrem Zuhause und knüpfte Teppiche, während Edwige strickte. „Irgendwann hat er dann gemeint, es reiche jetzt, er wolle mich heiraten“, so die Seniorin. Am 23. Dezember 1958 gab sich das Paar also in der Escher Gemeinde das Ja-Wort: aus Edwige Martellotto wurde Edwige Mousel.

„Wichtig, dass man sich verzeiht“

Das frisch verheiratete Paar blieb allerdings nicht lange alleine, denn im September schon kam ihr Sohn zur Welt, das erste von insgesamt vier Kindern. Es wurde also eng in der ersten Wohnung der Mousels, einem Apartment, dessen einziges Schlafzimmer mit einem Schrank als Trennwand geteilt wurde, um Platz für sechs zu machen. „Wir haben uns zwar geplagt, aber das hat uns nie gestört“, betont der 88-Jährige, der einige Jahre später zusammen mit einem Steinmetz das erste Haus der Familie baute.

Man habe gestritten und auch mal geschmollt, sich aber spätestens vorm Schlafengehen immer wieder vertragen. „Das ist sehr wichtig, dass man sich verzeiht“, betont die 87-Jährige. Zwar seien die Tage des Kinos und Tanzens mit den Kindern irgendwann vorbei gewesen, die Momente zu zweit haben sie und ihr Mann aber trotzdem genossen: „Hin und wieder haben wir Freunde besucht, dann haben unsere Eltern die Kinder versorgt. Oder wenn wir nach Metz zur Bruderschaft der Franziskaner fuhren, das tat uns gut.“

Dates in der Öffentlichkeit waren in den 50ern undenkbar, deshalb knutschten Emile und Edwige heimlich in Esch
Dates in der Öffentlichkeit waren in den 50ern undenkbar, deshalb knutschten Emile und Edwige heimlich in Esch Foto: Laura Tomassini

Es habe viele schöne Momente in ihrem Leben gegeben, mal abenteuerlich auf Reisen, mal bei einer guten Pastasciutta mit Freunden zu Hause und heute im Pflegeheim Elysis in Esch, wo Emile und Edwige seit vergangenem September leben. „Wir haben mittlerweile zehn Enkel und fünf Urenkel, die uns alle regelmäßig besuchen und viel Freude bereiten“, sagt Edwige zufrieden. Sie sei dankbar, ihren Mann noch immer an ihrer Seite zu haben, auch wenn sie dafür ihr Haus mit Garten verlassen musste. Ein Rezept für eine Liebe, die ewig hält, hat das Paar dabei nicht, nur ein paar eigentlich simple Tricks: „Man muss den anderen so nehmen, wie er ist, sich gegenseitig treu sein und man darf nicht zu anspruchsvoll sein.“

Vor allem aber müsse man eine Beziehung auch wirklich wollen und nicht beim ersten Streit sofort alles hinschmeißen, meint Emile: „Ich habe unsere Ehe nie infrage gestellt.“ Auch heute noch, nach 70 Jahren der Liebe, gibt er seiner Frau täglich einen Gutenachtkuss und sie wärmt seine kalten Hände. Die Tage sind zwar etwas ruhiger geworden, die Beziehung zueinander dafür aber nicht weniger glücklich, daran besteht kein Zweifel.


„Damit wir uns treffen, mussten 100 Millionen Dinge geschehen. Ich will es nicht Schicksal nennen, aber es war schon krasses Glück.“ Tammy und Sean leben seit 2022 in Neuseeland, haben einen kleinen Sohn, ein paar Hühner, einen großen Garten. Die Geschichte des Paares ist eine, wie man sie fast nur aus Filmen kennt, denn viele Zufälle mussten sich aneinanderreihen, damit die Luxemburgerin und der „Kiwi“ sich kennenlernten. Im Oktober 2020, inmitten der Pandemie, entschieden zwei Singles sich, Urlaub in Kroatien zu machen. Sean verbrachte eine Woche in Dubrovnik, Tammy reiste mit dem Auto durchs Land. Am Tag vor seiner Abreise cancelte der Neuseeländer aufgrund des schlechten Wetters in seinem damaligen Zuhause in London seinen Flug und fuhr mit dem Nachtbus nach Split.

Tammy landete am selben Tag in der kroatischen Stadt, begab sich aber sofort weiter auf ihre Rundfahrt. „Wir haben alle beide Tinder genutzt, um Locals kennenzulernen und Dates an coolen Orten zu haben. So haben wir uns quasi ,getroffen‘“, erklärt die heute 32-Jährige. Ein Date wurde erst am allerletzten Abend in Kroatien möglich, veränderte das Leben beider aber grundsätzlich. „Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden und hatten denselben Humor“, sagt Sean, der Tammy aufgrund ihrer Größe direkt als Zwerg betitelte. Schon die erste Nachricht in der Dating-App hatte mit einem Witz begonnen: „Verdammt, ich muss Spotify verklagen, denn ich verstehe nicht, wie du nicht in der dieswöchigen Single Top 10 sein konntest!“, so sein Aufreißspruch.

Tammy und Sean sind 2022 zurück in Seans Heimat nach Neuseeland ausgewandert und leben hier nun mit ihrem Sohn Henry
Tammy und Sean sind 2022 zurück in Seans Heimat nach Neuseeland ausgewandert und leben hier nun mit ihrem Sohn Henry Foto: privat

Der Swipe nach rechts war ein Volltreffer, sodass Tammy einen Monat später nach London flog, um Sean zu besuchen. Die Kennenlernphase fand dabei Pandemie- und Distanz-bedingt hauptsächlich während Wochenend-Trips und via Videocalls statt. „Wir mussten unsere Beziehung von Anfang an strategisch angehen und weit vorausplanen. Wir hatten auch relativ schnell ein sehr erwachsenes, unromantisches Gespräch darüber, wie es weitergehen sollte, denn für Sean stand fest, dass er zurück nach Neuseeland wollte“, so Tammy.

„Sich ohne viele Worte verstehen“

Für ein Jahr zog Sean also nach Luxemburg, um während dieser Zeit Tammys Visum für Neuseeland zu beantragen. Im November 2022 war es dann endlich so weit. „Natürlich war es für mich nicht leicht, meine Familie und Freunde zurückzulassen, aber ich wusste, dass ich mit Sean mein Leben verbringen will“, sagt Tammy. Mittlerweile lebt das Paar den gemeinsamen Traum und genießt sowohl die Stunden zu dritt als auch zu zweit: „Wenn Henry abends schläft, kochen wir zusammen Curry oder Raclette und am Tag mixt Sean uns hin und wieder Cocktails auf der Terrasse, das sind unsere kleinen Momente.“

Jede zweite Woche gönnt sich das Paar nun einen Babysitter, um gemeinsam auszugehen. Gestritten wird im Hause Cross-Schuh auch, aber immer nur kurz und spätestens der Freuden-Hüpf-Tanz, wenn wieder mal eine neue Tomate wächst, macht alle Unstimmigkeiten wett. „Wir sind einfach in quasi allem so einstimmig, dass wir uns oft auch ohne viele Worte verstehen“, sagt Tammy, für die eines klar ist: Einer Liebe, die so passt, der muss man einfach nachgehen, egal wohin sie einen führt.

Nur durch eine ganze Aneinanderreihung an Zufällen lernten sich die Luxemburgerin und der „Kiwi“ in Kroatien kennen
Nur durch eine ganze Aneinanderreihung an Zufällen lernten sich die Luxemburgerin und der „Kiwi“ in Kroatien kennen Foto: privat