Dienstag4. November 2025

Demaart De Maart

InterviewKoordinator warnt Belgrad vor Absage: „Die EuroPride wird auf jeden Fall steigen“

Interview / Koordinator warnt Belgrad vor Absage: „Die EuroPride wird auf jeden Fall steigen“
„Nicht auf der Verliererseite“: Goran Miletic will die EuroPride gegen alle Widerstände durchziehen Foto: Thomas Roser

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic hat die Absage der EuroPride in Belgrad wegen Sicherheitsbedenken angekündigt. Koordinator Goran Miletic versichert hingegen im Gespräch mit Thomas Roser in Belgrad, dass Europas wichtigstes Homo-Happening Mitte September auf jeden Fall steigen wird.

Tageblatt: Wird am 17. September in Belgrad die Parade der EuroPride steigen oder nicht?

Goran Miletic: Wir werden auf jeden Fall eine Parade haben. Und nicht nur die Parade, sondern die gesamte EuroPride-Woche zuvor wird so ablaufen, wie wir das geplant haben. Wir haben den Zuschlag für die EuroPride 2019 erhalten und bereiten uns seit Jahren in Absprache mit den Behörden darauf vor. Da kann man nun nicht einfach wenige Tage zuvor einfach sagen, daraus wird nichts.

Aber Präsident Vucic hat erneut bekräftigt, dass er die EuroPride absagen lassen will.

Der Staatschef hatte in früheren Jahren mehrmals gesagt, dass die Leute das in der Verfassung garantierte Recht haben, für ihre Anliegen auf die Straße zu gehen. Vor den Paraden der BelgradPride war seine Botschaft seit 2014 stets dieselbe: Dass er mit der Pride nichts am Hut habe und nicht daran teilnehmen wolle. Aber dass die Leute darauf ein Recht hätten und der Staat sie daher schützen müsse. Ich sehe nicht, warum das dieses Mal anders sein sollte.

Sie nehmen seine Verbotsankündigung also nicht ernst?

Ich habe in allen den Jahren gelernt, dass man bei der Kooperation mit dem Staat gute Nerven und Geduld benötigt, Aussagen respektiert und zur Kenntnis nimmt, aber den Dialog fortsetzt. Nur so lassen sich bestimmte Dinge in Bewegung bringen. Warum sage ich das? Dass die EuroPride stattfindet, ist in aller Interesse – auch in dem des Staates. Dem serbischen Staat müsste am meisten daran gelegen sein, dass die EuroPride in Belgrad steigt.

Die Pride ist wie ein Lackmus-Test für eine Demokratie. Der Versuch, sie zu verbieten, würde das Image des Landes nachhaltig beschädigen.

Goran Miletic

Wie meinen Sie das?

Die Pride ist wie ein Lackmus-Test für eine Demokratie. Der Versuch, sie zu verbieten, würde das Image des Landes nachhaltig beschädigen. Überall würde Serbien dann mit dem Verbot der EuroPride in Verbindung gebracht. Und der Ruf des Landes ist schon jetzt nicht gut.

Kann die Regierung die EuroPride denn überhaupt verbieten lassen?

Unser Verfassungsgericht hat im Fall der 2011 verbotenen BelgradPride klar entschieden, dass das Verbot ein Verstoß gegen die Verfassung war. Mit einem formalen Verbot der EuroPride ist darum wahrscheinlich kaum zu rechnen. Das heißt, unsere Kundgebung vor dem Parlament wird vermutlich genehmigt werden. Aber der Teufel steckt im Detail. Es könnten uns die kommunalen Genehmigungen verwehrt werden, dass wir auch durch die Stadt ziehen oder die in der Woche geplanten Konzerte abhalten können.

Wie könnte denn ein Kompromiss aussehen?

Wir sind zu gewissen Anpassungen bereit, was die Route und Länge der Parade angeht – und sind darüber im ständigen Dialog mit den Behörden. Aber es ist unmöglich, dass die EuroPride überhaupt nicht stattfindet. Wenn sie den Umzug nicht genehmigen, könnten wir auch spontan losziehen.

Haben Sie Verständnis für die Sicherheitsbedenken des Präsidenten wegen der Lage im Kosovo?

Im Streit um das Problem der Kosovo-Dokumente gab es mittlerweile eine erste Einigung. Ist es seitdem zu irgendeinem Zwischenfall in Kosovo gekommen? Nein, es gibt dort keinen Krieg, kein blutiges Drama, absolut nichts. Ich sehe keinerlei Grund, warum die EuroPride wegen Kosovo nicht steigen sollte.

Warum will der Präsident die EuroPride dann absagen lassen?

Ich weiß es nicht. Das müssten Sie ihn selbst fragen. Proteste gegen die EuroPride gibt es in jedem Staat. Da ist Serbien nichts Besonderes. Und überall auf der Welt ist die Polizei in der Lage, ein solches Ereignis abzusichern. Auch in Serbien. Es gibt kein Sicherheitsproblem. Die Frage ist nur, ob es in Serbien den politischen Willen zur Durchführung der EuroPride gibt – oder nicht.

Schreckt Sie nicht der starke Zulauf bei den Gegendemonstrationen in den letzten Wochen?

Ich verfüge nicht über die Informationen, um sagen zu können, wer hinter den Protesten steckt. Aber Experten sagen, dass russische Sicherheitsdienste die rechtsklerikalen Kreise infiltriert haben. Es marschieren sicher auch religiös bewegte Leute mit. Aber es sind auf jeden Fall seltsame Leute, die die Proteste organisieren. Und Putins Nachtwölfe-Rocker waren letztes Mal auch dabei.

Können sich ausländische Besucher der EuroPride denn sicher fühlen?

Seit acht Jahren geht hier die BelgradPride ohne größere Zwischenfälle über die Bühne. Jeder, der zur EuroPride kommt, wird hier völlig sicher sein – egal, wie sich die Situation um die Abhaltung der Parade entwickelt. Die Polizei wird die Gäste keineswegs ungeschützt lassen. Falls es doch zu einem Verbot der Parade kommen sollte, wäre das erst recht ein Grund, auf die Straße zu gehen.

Fürchten Sie, dass die serbischen Homosexuellen und Lesben zum Verlierer des Tauziehens um die EuroPride werden könnten?

Nein, wir werden nicht auf der Verliererseite stehen. Die EuroPride-Woche findet auf jeden Fall statt. Sollte die Parade verboten werden, machen wir sie zu einer Protestkundgebung. Die Verlierer würden in diesem Fall der serbische Staat, die Stadt Belgrad und die Regierung sein, weil sie die EuroPride verhindern wollten. Dieser Schmutzfleck dürfte lange an ihnen haften bleiben.