Die Regierung kommuniziert weiter dilettantisch – und das ausgerechnet bei Themen, die alle betreffen. Der Verdacht drängt sich auf, dass es Absicht ist. Doch das wäre ein Spiel mit dem Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger.
Martine Deprez hatte für Mittwoch Details zur Pensionsreform angekündigt. Nach Luc Friedens Rede zur Lage der Nation, die mehr Fragen als Antworten lieferte, war das dringend nötig. Doch auch Deprez’ Auftritt lässt das Land ratlos zurück: Noch immer weiß niemand, wie viel länger er arbeiten muss.
Ein bisschen paradox ist es schon: Obwohl sie ihm so am Herzen liegt, ist Luc Friedens Kommunikation (sowohl gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern wie innerhalb seiner Regierung) weiter katastrophal. Die Botschaft, die nach der Rede zur Lage der Nation bei den meisten hängen blieb, läuft allen Regierungszielen zuwider: In Luxemburg muss länger gearbeitet werden – auch, weil wir wesentlich mehr in Rüstung investieren müssen.
Frieden hat das so nicht gesagt, aber mit so wenig politischem Gespür kommuniziert, dass dieses Amalgam zwangsläufig dabei hinten herauskommt. Sehr konkret steigende Rüstungsausgaben und sehr schwammig formulierte Pensionsideen waren die Kernbotschaften der Rede – und dominierten in der Folge die Schlagzeilen. Der kommunikative Super-GAU. Ein Horror für die Koalition, ein Fest für die Opposition (außer man ist die LSAP und verschläft die Party).
Doch damit nicht genug. Frieden hat Martine Deprez (und andere) längst in diesen Strudel hineingezogen. Mit seiner Rede zur Lage der Nation hat der Premier die Ministerin für Gesundheit und soziale Sicherheit dann nahezu versenkt. Auf jeden Fall stand sie am Mittwoch vor ihrer Pressekonferenz mit dem Rücken zur Wand. Das Land wollte endlich erfahren, was die Regierung in der Pensionsfrage zu tun gedenkt. Doch nach Friedens Vorpreschen konnte Deprez nicht liefern. Heraus kam eine Pressekonferenz des Grauens, in der die Ministerin vages Zeug von einem Zettel ablas und das Ganze als ehemalige Mathematiklehrerin mit Gleichungen garnierte à la „Rente = 40 + x mal 3“. Wann das losgehen soll, wen das betrifft, wie lange das gelten wird – alle wichtigen Fragen bleiben unbeantwortet.
Schon Tage zuvor zeichnete sich das Drama ab. Ein Tageblatt-Bericht machte interne Unruhe bei der CSV öffentlich. Dann legte DP-Politiker Gérard Schockmel im Radio 100,7 nach: Weder die Fraktionen von CSV und DP noch Deprez selbst seien über Friedens Rede informiert gewesen. Deprez sagte später, sie sei sehr wohl im Bild gewesen. Das Durcheinander war da längst angerichtet. Wirtschaftsminister Lex Delles hatte schon Tage zuvor klargestellt, der Premier habe die Sache mit der CO₂-Steuer „nicht wörtlich gemeint“.
Seit der Rede herrscht landesweit Aufruhr. Viele empfinden die Regierungspolitik inzwischen wie eine feindliche Übernahme. Der laute Aufschrei ist kaum anders zu deuten.
Verwirrend bleibt dabei, wie überrascht der Premier jedes Mal tut, wenn ihm der Wind nach patziger Politik mal wieder ins Gesicht bläst. Das lässt nur zwei Interpretationen zu. Entweder macht Frieden dem Land und seinen Bürgern etwas vor. Oder dem Premier geht das Einfühlungsvermögen derart ab, dass es ihm unmöglich ist, absolut erwartbare Reaktionen zu antizipieren. Beides ist beunruhigend.
Das Hin und Her bei sozialen Fragen ist zur Nervenprobe geworden. Die Rede zur Lage der Nation und die anschließenden Erklärungsversuche haben nichts besser gemacht. Ist das Kalkül? Dann wäre es Politik mit der Angst. Der soziale Kahlschlag steht weiter im Raum. Die Drohkulisse bleibt damit aufrecht. Frieden wurde auch dank des Versprechens gewählt, eine Klimapolitik zu machen, die nicht nervt. Bekommen hat Luxemburg einen Sozialdialog, der kurz davor ist, das Land den letzten Nerv zu kosten. Und eine Regierungskommunikation, die langsam, aber sicher jedem auf die Nerven geht.
De Maart

ES ist wohl allen klar dass der kalte Luc in Sache Pensionsreforn nicht gutes zu verkünden hat sei es er selbst oder seine asoziale Ministerin........
@Claude: ma sécher sin déi geplangte Reforme positiv, awer leider just fir d' Patronat an d'Versécherungsgesellschaften. D'Regierung soll séch fir d'Klima asetzen, wat richteg akut um wakelen as, anstatt un de Renten ze schrauwen, déi eventuell villäicht, wann et schlëmm kënt, a 25 Joer e klenge Problem wärten hun.
A mengem Berufsliewen hun ech missen léieren, dass Reformen quasi ëmmer en "Nivellement vers le bas" bedéit hun.
Mer ware laang gewinnt, dass Reformen eppes Positives bruecht hunn. Elo awer hu mer et mat enger Reform ze dinn, déi Verschlechterunge mat sech bréngt. Dat ass wahrscheinlech net esou einfach ze vermëttelen. D'Fro ass an deem Fall, ob d'Madame Deprez de Kapp duerhale muss fir e Projet vum "Neie Luc" ?
Mir wëssen eppes wat dir net wësst an mer soen iech och nach net. Spillschoul héich 3