Samstag8. November 2025

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Pro/ContraKleeserchersdag: Sollte heute ein offizieller  Feiertag sein?

Pro/Contra / Kleeserchersdag: Sollte heute ein offizieller  Feiertag sein?
Bild einer Tageblatt-Kleeschen-Feier aus dem Jahr 2017 Foto: Editpress/Isabella Finzi

Es ist eine Frage, die die Gesellschaft spaltet: Sollte der „Kleeserchersdag“ ein offizieller Feiertag sein? Unsere Redakteure Christian Muller und Stefan Kunzmann diskutieren. Über die Umfrage auf Tageblatt.lu können auch Sie Ihre Meinung abgeben. Auf das Ergebnis werden wir mit Spannung warten.

Pro: Ein Tag für Kinder und Familie

Christian Muller
Christian Muller Foto: Editpress/Alain Rischard

Heute ist der Tag, an dem die Kinder freudig gespannt morgens früh aufstehen und möglichst schnell einen Blick unter den Christbaum werfen. Der „Kleeserchersdag“ – ein besonderer Tag in Luxemburg, der Kindheit und Tradition vereint, voller Magie und froher Erwartung.

Bereits in den Tagen davor herrscht Aufregung: Abends stellen die Kinder ihre Schuhe vor die Tür, um als eine Art Vorgeschmack auf den 6. Dezember einige kleine Geschenke oder Leckereien zu bekommen.

Jeder, der hierzulande aufgewachsen ist, hat daran Erinnerungen. An den Kleeschen, Nikloosdag, den Zinnikloos, an den Houseker und an die Lieder. Vielleicht auch an Geschenke, den Boxemännchen auf dem Teller, die Süßigkeiten oder sogar an eine „Rutt“.

Der ursprünglich religiöse Tag ist zu einem festen Teil der Tradition, der Folklore geworden. Gefeiert wird er zwar auch andernorts, doch ist er ist ein Stück luxemburgischer Identität. Eine der wenigen Traditionen, die Generationen überdauert haben und Familien zusammenbringen. Ein Teil unseres kulturellen Erbes. Während andernorts der Weihnachtsmann regiert, haben wir in Luxemburg den Kleeschen.

Doch so wirklich zusammen bringt er die Familien nur bedingt. Der „Kleeserchersdag“ ist nämlich kein offizieller Feiertag. Während die Kinder in den Grundschulen zwar am 6.12. nicht zur Schule müssen, müssen die älteren Geschwister ins Lyzeum. Auch für die Eltern ist es schwierig: Sie müssen die Zustimmung ihres Chefs erhalten, um sich einen Urlaubstag nehmen und den Tag mit ihren Kindern feiern zu können.

Familien, die ein Kind in der Grundschule und eins im „Lycée“ haben, haben es besonders schwer. Entweder gibt es frühmorgens schnell Geschenke und ein Kind muss dann schnell in die Schule. Oder, wenn sie gemeinsam feiern wollen, bleibt ihnen kaum was anderes übrig, als den Feiertag auf Weihnachten zu verlegen.

Dabei hat der Kleeschen längst mehr verdient – einen echten Feiertag. Einen Tag für die Familie, für die Kinder.

Contra: Kommerzielle Betulichkeit

Stefan Kunzmann
Stefan Kunzmann Foto: Editpress/Alain Rischard

Es ist nicht einmal ein Jahrzehnt her, dass in Luxemburg die Trennung von Staat und Kirche vollzogen wurde. Sie war eine der großen Errungenschaften der blau-rot-grünen Koalition. Einen „Kleeserchersdag“ als neuen Feiertag einzuführen, würde eine Rolle rückwärts in jene Zeit bedeuten, in der die katholische Kirche hierzulande noch mehr gesellschaftliche und politische Macht innehatte. Schließlich hat der Kleeschen einen religiösen Hintergrund, auch wenn sein Tag der 6. Dezember ist. Es stellt sich nämlich die Frage, ob Sankt Nikolaus dann auch von anderen Religionen gefeiert werden soll

Auch wenn der „KIeeserchersdag“ eine schöne Tradition in Luxemburg darstellt und etwas für die ganze Familie ist. Aber dabei handelt es sich heutzutage vor allem um einen völlig kommerzialisierten Tag, an dem den Kindern geschenkt wird, was der Einzelhandel hergibt. Besonders in einer Zeit, in der es immer mehr Menschen hierzulande schwerfällt, den Lebensstandard zu halten und die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer wird, muss dem kommerziellen Exzess nach Black Friday und Cyber Monday oder Cyber Week nicht noch etwas draufgesetzt werden: ausgerechnet das Fest mit einem alten, weißbärtigen Mann mit einer Mitra auf dem Haupt. Sonst noch etwas? 

Zugegeben: Nichts gegen Feiertage. Doch es gibt sinnvollere wie etwa den vor nicht langer Zeit eingeführten Europatag am 9. Mai, den Luxemburg vor fünf Jahren einführte und an dem Frieden und Einheit Europas begangen werden sollen. Wenn man den Kindern schon etwas Gutes tun möchte, dann sollte man besser den Weltkindertag am 20. November feiern. Es ist der Jahrestag jenes Tages, an dem die Vollversammlung der Vereinten Nationen 1989 die Kinderrechtskonvention verabschiedete. Es wäre ein ganz und gar unkommerzieller Feiertag, der universelle Bedeutung hat, obwohl er in manchen Ländern an anderen Tagen begangen wird, und der vor allem an die Rechte der Kinder erinnern soll.

Leila
7. Dezember 2024 - 12.12

"...26.12 als feiertag abschaffen"

Sehr gut! U. a. auch schon wegen des Einkaufsstress', dem man davor ausgesetzt ist! Mit Pech ist es für drei Tage, wo man sich die Beine in den Bauch an der Kasse stehen darf.

Luxmann
6. Dezember 2024 - 20.26

Als kompromissvorschlag...man sollte den voellig sinnfreien 26.12 als feiertag abschaffen denn an den beiden vortagen wird schon viel zu viel gefressen und durch den 6.12 ersetzen

Dann bleibt die zahl der freien tage konstant und das patronat hat auch nichts zu meckern.

LeCze
6. Dezember 2024 - 14.38

Sollte Europa nicht lieber Abstand vom heiligen Nikolaus nehmen da dieser auch Schutzpatron der Russen ist? ....

Daniel Luciani
6. Dezember 2024 - 12.05

Ohne jetzt zur ursprünglichen Frage Stellung zu nehmen (es gibt auf beiden Seiten gute Argumente) : einen Tag wie den Nikolaustag (genauso wie die offiziellen Feiertage mit christlicher Prägung) auf eine rein christliche Tradition zurückzuführen, ist vereinfachend und vernachlässigt heidnische Einflüsse, genauso wie die Tatsache, dass sich diese Bräuche erhalten (und auch verändern) weil es die Bevölkerung (und nicht ein religiöser Kanon) ist, der dies so will.
Der "Kleeschen", wie wir ihn heute kennen, entstand wohl aus einem Zusammenspiel christlicher Mythologie und lokaler Folklore - was das mit einer Trennung von Staat und Kirche zu tun haben soll, ist mir aber schleierhaft. Sogar wenn er rein christlicher "Natur" wäre : hat der Staat nicht auch in diesem Fall für das korrekte "Setting" des religiösen Lebens zu sorgen, solange es sich um einen von der Bevölkerung praktizierter Brauch handelt?
Die institutionalisierte Religion mag an Bedeutung verloren zu haben, was aber nicht heißt dass die Menschen gänzlich areligiös wären. In der Postmoderne greifen sogar die weniger christlich geprägten (Zeit-)Genossen wieder zum (früher verpönten) Ritual (die Bärbel-Prozession in der KuFa ist in dem Sinne ein äußerst interessantes Beispiel, und auch bei der AHA findet man Vorschläge um christianisierte Feste zu "re-heidnisieren"). Menschen scheinen nun mal Rituale zu brauchen - nicht um einem religiösen Kult zu frönen, sondern um ihrer gemeinsamen Existenz auf kollektive Weise einen Sinn zu geben, der über die Bedeutung des Einzelnen hinausgeht. In dem Sinne : "chassez le symbolique - il revient au galop"!
PS - Lektüre-tipp für die wohl anstehende Debatte um den Weihnachtsmann : Claude Lévi-Strauss, Le Père Noël supplicié (1952)

Unverzagt Irma
6. Dezember 2024 - 10.24

Ich bin dagegen, ganz auf Stefan Kunzmann's Seite.

JJ
6. Dezember 2024 - 8.51

Haben die Katholen nicht schon 7 zusätzliche Feiertage? Wer glaubt noch an den Osterhasen,aber der Feiertag wird gerne genommen. Weihnachten kurz nach dem Nikolaus,das Geschäft brummt und es gibt zusätzliche Tage für Kinder und Familie. Opa will sein Geschenk und Vati baut den Kindern ein Atomkraftwerk.(Loriot) Und übrigens ,sollten wir den Kindern nicht jeden Tag Gutes tun?
Das muss ja nicht unbedingt ein neuer PC oder Handy sein. Und wie sagte einst der Kabarettist Rebers: " ..und auch die Moslems fühlen sich nicht in ihren religiösen Gefühlen verletzt wenn sie Weihnachtsgeld bekommen."