Mittwoch5. November 2025

Demaart De Maart

GesundheitspolitikKeine Revolution: Patientenvertretung vermisst viele ihrer Forderungen

Gesundheitspolitik / Keine Revolution: Patientenvertretung vermisst viele ihrer Forderungen
Vermisst im Regierungsprogramm viele Forderungen der Patientenvertretung: Präsident René Pizzaferri Foto: Editpress/Julien Garroy

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Vor der Wahl hatte die Patientenvertretung einen ausführlichen Forderungskatalog in Sachen Gesundheitspolitik veröffentlicht. Davon finde sich Regierungsprogramm wenig wieder, beklagt Präsident Pizzaferri.

Wenn René Pizzaferri auf das Regierungsprogramm von CSV und DP schaut, ist er ernüchtert. „Wir können jetzt nicht sagen, dass eine Revolution geschieht“, sagt der Präsident der Patientenvertretung. Im Koalitionsvertrag gebe es im Hinblick auf die Gesundheitspolitik wenig Neuerungen. Stattdessen viele Kontinuitäten: Noch im Juni dieses Jahres hatte die damalige Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) einen „Plan National Santé“ veröffentlicht. Der findet im Koalitionsvertrag von CSV und DP zwar keine wörtliche Erwähnung im Bereich der Gesundheitspolitik, werde aber wie alle laufenden nationalen Pläne evaluiert und nicht grundsätzlich verworfen, so Martine Deprez, die neue Ministerin für Gesundheit und soziale Sicherheit.

Pizzaferri hingegen sieht schon den ursprünglichen Plan kritisch, er bezeichnet ihn als „künstliches Gebilde“. Die Patientenvertretung sei in der Diskussion darüber involviert gewesen, diese hätte im Grunde aber nie richtig stattgefunden. Man könne nicht von einem Gesamtplan der Gesundheit sprechen, so Pizzaferri. „Das wurde damals im stillen Kämmerlein zusammengebaut.“

Vor den Wahlen im vergangenen Oktober hatte die Patientenvertretung einen Forderungskatalog an die Politik zusammengestellt. Eines der zentralen Themen: die Notfalldienste und die „Maisons médicales“. Vom Koalitionsvertrag ist Pizzaferri in dieser Hinsicht enttäuscht: „Da sehen wir im Text nur Andeutungen, Planungen und Studien, die gemacht werden sollen.“ Auch was die Ärzteschaft angeht, hatte die Patientenvertretung konkrete Forderungen, die ihren Weg nicht ins Regierungsprogramm gefunden hätten. „Es wird davon gesprochen, dass man die Hausärzte unterstützen möchte, aber wie, wird nicht gesagt.“

Mehr Kontrolle für Kontrollärzte

Ein für die Patientenvertretung wichtiges Thema, das ebenfalls nicht im Koalitionsvertrag angesprochen wird, ist der kontrollärztliche Dienst („contrôle médical“), der direkt der Ministerin Deprez untersteht und einer dringenden sozialrechtlichen Überarbeitung bedürfe. In den vergangenen Jahren war es immer wieder zu Beschwerden von Patienten gekommen, die wegen einer Krankschreibung zum kontrollärztlichen Dienst vorgeladen und dann schlecht behandelt worden seien. Die Patientenvertretung fordert unter anderem eine Kontrollinstanz für den kontrollärztlichen Dienst.

Ein Problem in der luxemburgischen Gesundheitsversorgung waren und sind die langen Wartezeiten für Termine. Die Patientenvertretung fordert, den Zugang zu medizinischen Spezialisten zu erleichtern, um die Wartezeiten zu verkürzen. Als positives Beispiel nennt Pizzaferri das Südkrankenhaus, das MRT-Untersuchungen auch am Wochenende anbiete. Gemeinschaftspraxen sollte man laut Patientenvertretung verpflichten, ihre Sprechzeiten auszuweiten, um die Notdienste zu entlasten. „Die Leute sind ja bei ihrem Arzt besser aufgehoben als beim Notdienst.“

Im Koalitionsvertrag angesprochen hingegen wird der sogenannte „virage ambulatoire“, die Auslagerung einzelner medizinischer Dienstleistungen wie z.B. Dialyse, bildgebende Verfahren oder onkologische Behandlungen jenseits der Krankenhäuser. Pizzaferri kritisiert, dass dabei das Lebensumfeld der betroffenen Personen nicht berücksichtigt werde: „Man kann nicht eine Person von 80 Jahren ambulant operieren und dann nach Hause schicken.“

Auch zu allgemeinen Liberalisierungstendenzen im Gesundheitssystem positionieren sich Pizzaferri und die Patientenvertretung: „Wir möchten nicht, dass Ärzte nach ihrer Bilanz bewertet werden und alles auf Gewinn getrimmt ist.“ Man könne sich nicht dagegen sträuben, dass zwei oder drei Allgemeinärzte eine gemeinsame Praxis hätten, um Kosten zu sparen oder um sich besser einteilen zu können für die Patienten. „Wir sind aber dagegen, dass sich finanzielle Gesellschaften einbürgern, deren einziges Ziel es ist, Profit zu machen.“ Die Forderung der Patientenvertretung zielt in die entgegengesetzte Richtung: Der Arzt solle nach der Zeit bezahlt werden, die er für den Patienten aufbringt. „Dieses Modell gibt es in der Schweiz schon lange“, so Pizzaferri.