Kopf des TagesJos Thill verlässt Gemeinderat Käerjeng

Kopf des Tages / Jos Thill verlässt Gemeinderat Käerjeng
Jeder Abschied fällt schwer: Mit 80 und nach 38 Jahren in diversen kommunalen Funktionen zieht sich Jos Thill zurück Foto: Alain Rischard

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Jos Thill verlässt Gemeinderat Käerjeng

Wie geht Opposition? Jos Thill, LSAP, weiß es. Zum Beispiel, indem er in der Gemeinderatssitzung gestern in Käerjeng der CSV-„déi gréng“-Mehrheit eine banale, aber unbequeme und trotzdem durchaus berechtigte Frage zum Besuch des Nikolaus stellte. Mit schelmischem Lächeln. Der 80-Jährige beherrscht alle Register des kommunalpolitischen Handwerks. Er war Vertreter der Mehrheit und der Opposition, er war Schöffe und Bürgermeister.

Seit 1982 sitzt er im Gemeinderat Käerjeng. Mit 80 und nach 38 Jahren ist nun Schluss. In der gestrigen Ratssitzung hat Jos Thill, Jahrgang 1940, seinen Rücktritt angekündigt. Er gilt als einer der beliebtesten Politiker in der Gemeinde Käerjeng. Das liegt wohl auch daran, dass er, wie es heißt, stets ein offenes Ohr für Probleme und Problemchen seiner Mitbürger hat. Bisher und auch in Zukunft, wie er betont. 

Wer ihn sucht, weiß, wo er ihn finden kann. Jos Thill wohnt nämlich immer noch in dem Haus, in dem er vor 80 Jahren, mitten in den Zweiten Weltkrieg hinein, geboren wurde. Einige Umbauten habe er vorgenommen,  aber eigentlich sei es immer noch so, wie es damals gebaut wurde. Dem fühlt er sich verbunden und deshalb möchte er auch so lange wie möglich dort bleiben.

Jos Thill hat, wie das damals üblich war, nach der Schule seinen Dienst bei der Armee geleistet. Danach hat er eine Arbeitsstelle bei einem Metallverarbeitungsbetrieb in Niederkorn bekommen. Zur Weiterbildung wurde Jos Thill auch nach Paris geschickt. So wurde er zum Experten für Korrosionsschutz und war in dieser Funktion beim Bau der Roten Brücke (Pont Grande-Duchesse Charlotte) zuständig für Schutz vor Rost und für die Farbe. 18 Monate hatte er diese Arbeit inne und sogar ein Büro vor Ort. Und bei jeder Renovierung der Brücke ist er zur Unterstützung hinzugezogen worden.

Auch bei den Schleusen der Staumauer in Esch/Sauer konnte er seine Kenntnisse des Korrosionsschutzes unter Beweis stellen. Sein Wissen hat ihm dann auch einen Arbeitsplatz bei „Ponts et chaussées“ eingebracht.

Zur Politik kam der Staatsbeamte über den früheren Bürgermeister Robert Steichen: „Der hat mich als Persönlichkeit sehr beeindruckt und mir gezeigt, dass es wichtig ist für Menschen, einen Ansprechpartner zu haben.“

1982 wurde Jos Thill ein erstes Mal in den Gemeinderat gewählt und seither immer wieder. Er wurde auch Schöffe und von 1994 bis 1999 Bürgermeister der Gemeinde. „Das war keine einfache Zeit, manchmal auch echt frustrierend.“ Danach wechselte er wieder auf die Oppositionsbank.

Rüstig sieht er aus. Beneidenswert. Und er erzählt, dass er geraucht hat, leidenschaftlich Zigarre und Pfeife, nie Zigaretten, dann habe er vor vielen Jahren von einem Tag auf den anderen damit aufgehört. Vermissen tue er es nicht.

Ob er die Politik vermisst, wird sich zeigen. Aber eigenlich bedeutet der Rücktritt als Gemeinderat ja nicht, dass er nicht mehr politisch interessiert ist. Wer seine Meinung hören will, weiß, wo er ihn findet. Vielleicht ja auch auf einem der Wanderwege der Gemeinde, die er alle kennt und über alles liebt. (Marco Goetz)

de Prolet
8. Dezember 2020 - 16.24

Der Mann weiss, wann die Stunde zum Rücktritt geschlagen hat. Ad multos annos!