Montag27. Oktober 2025

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GroßbritannienJohnson schafft die häusliche Quarantäne für positiv Getestete ab

Großbritannien / Johnson schafft die häusliche Quarantäne für positiv Getestete ab
Im jetzigen Stadium der Pandemie könne „die persönliche Verantwortung“ der Bürger an die Stelle staatlicher Vorschriften treten, sagt Boris Johnson – aber nicht alle sind zufrieden mit dem Premier Foto: AFP/Tolga Akmen

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Boris Johnson hat am Montag die Aufhebung aller Corona-Einschränkungen angekündigt. Das freut nicht jeden auf der Insel.

„Mit Covid leben“ – unter diesem Motto hat der britische Premierminister am Montag die Aufhebung sämtlicher gesetzlicher Einschränkungen in England angekündigt. Im jetzigen Stadium der Pandemie könne „die persönliche Verantwortung“ der Bürger an die Stelle staatlicher Vorschriften treten, argumentierte Boris Johnson im Unterhaus. Wie der Konservative sandte auch Labour-Oppositionsführer Keir Starmer beste Genesungswünsche nach Schloss Windsor, wo sich Queen Elizabeth II. eine Coronainfektion zugezogen hat.

Die Ansteckung der knapp 96-Jährigen erfolgte offenbar durch ihren ältesten Sohn und Thronfolger Charles. Ihre Majestät nehme „leichte Aufgaben“ wahr, teilte ein Palastsprecher mit, womit wohl die Lektüre wichtiger Regierungsakten gemeint war. Traditionell werden über den Gesundheitszustand britischer Royals selten Details bekannt; unter royalen Beobachtern gilt aber als ausgemacht, dass die Queen drei Impfungen gegen Sars-CoV-2 erhalten hat.

Zu teuer: Ende der kostenlosen Tests

Die Covid-Kennzahlen sind auf der Insel zuletzt kontinuierlich gefallen. So lag die Inzidenz im Königreich am Sonntag bei 450 pro 100.000 Einwohner, eine Halbierung binnen eines Monats. Im Durchschnitt der vergangenen Woche starben täglich 144 Briten an den Folgen einer Covid-Erkrankung, die Zahl der Toten pro einer Million Einwohner liegt nun bei 2.345 (Luxemburg 1.530).

Wichtigste Neuerung von Johnsons Maßnahmenpaket ist die Abschaffung der häuslichen Quarantäne für positiv Getestete. Bereits im vergangenen Monat hatte die Regierung die Isolationsperiode von sieben auf fünf Tage verkürzt. Außerdem soll das umfangreiche Testprogramm drastisch zurückgefahren werden. Jeder erwachsene Brite kann bisher kostenlos jede Woche ein Sieben-Tagespaket von Antigen-Tests bestellen. Wer dabei ein positives Ergebnis verzeichnet, geht zum ebenfalls kostenfreien PCR-Test.

Zukünftig sollen die rasch und einfach zu handhabenden Antigen-Tests kostenpflichtig werden. Die Ausgaben des Staates von zwei Milliarden Pfund (2,4 Milliarden Euro) pro Monat seien in der jetzigen Phase der Pandemie unverhältnismäßig, argumentierte Johnson. Von der walisischen Regionalregierung handelte sich der Konservative dafür einen heftigen Rüffel ein: Das erfolgreiche Testprogramm praktisch aufzugeben, ohne gleichzeitig einen Plan für Alte und gesundheitlich Vorbelastete zu veröffentlichen, sei „risikoreich und nicht akzeptabel“.

Innerhalb des Vereinigten Königreiches gelten auch weiterhin unterschiedliche Vorschriften. So hat Nordirland alle gesetzlichen Einschränkungen bereits vergangene Woche aufgehoben. Hingegen bleibt in Schottland und Wales die häusliche Isolation für positiv Getestete in Kraft, das Tragen einer Maske ist dort bis auf Weiteres verpflichtend.

Position Johnsons ist wackeliger geworden

Die Abschaffung der kostenlosen Tests scheint auch in der konservativen Regierung umstritten zu sein: Die Kabinettsitzung mußte am Montag um mehrere Stunden verschoben werden, Johnsons Regierungserklärung im Unterhaus erfolgte erst am späten Nachmittag. Die gewohnt bombastische Rhetorik des 57-Jährigen täuschte nicht darüber hinweg, dass die gesetzlichen Bestimmungen ohnehin nur noch einen Monat gegolten hätten. Schon deren Verabschiedung gelang nur mit Hilfe der Labour-Opposition, viele Tory-Hinterbänkler maulten damals lautstark, mehrere Dutzend verweigerten Johnson die Gefolgschaft.

Die Position des geschwächten Regierungschefs ist seither wackeliger geworden, weil die Kriminalpolizei wegen zahlreicher Lockdown-Partys in der Downing Street ermittelt. Neben rund 50 Anderen musste auch Johnson selbst einen Fragebogen ausfüllen, der rechtlich einer Beschuldigtenbefragung gleichkommt. Sollte Scotland Yard ihn eines Gesetzesbruchs beschuldigen, wollen unzufriedene Fraktionsmitglieder ein Misstrauensvotum erzwingen. Hingegen argumentierten Loyalisten wie Europa-Staatssekretär James Cleverly, das Land könne sich mitten in der Phase russischer Aggression gegen die Ukraine einen Wechsel im höchsten Regierungsamt nicht leisten