Italien führt drastische Strafen für Flüchtlingsretter ein

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Das Sicherheitsergänzungsgesetz, ein Vorschlag der Lega, ist auch in der zweiten Kammer des Parlaments angenommen worden. Damit werden Maßnahmen, die aus Sicht Innenministers Matteo Salvini dem Schutz Italiens dienen sollen, auf allen Ebenen der Sicherheitskräfte eingeführt.

Von unserem Korrespondenten Wolf H. Wagner, Florenz

Kernstück des neuen Gesetzes ist die Abwehr von Flüchtlingsbooten: Organisationen, deren Schiffe sich dem Verbot, italienische Häfen anzulaufen, widersetzen, müssen mit Strafen in Millionenhöhe rechnen, ihre Kapitäne, wie jüngst Carola Rackete, mit langjährigen Haftstrafen. Auch Bewaffnung und Ausrüstung von Polizei sollen aufgestockt werden.

Mit 160 zu 57 Stimmen hat der italienische Senat das Sicherheitsergänzungsdekret in den Rang eines Gesetzes erhoben. Bereits zuvor hatte sich das Abgeordnetenhaus für die Annahme des von der Lega eingebrachten Gesetzentwurfs ausgesprochen. Die Regierung hatte mit der Abstimmung die Vertrauensfrage gestellt. Dies bewegte vor allem die Senatoren der Bewegung 5 Sterne (M5S), ihren ursprünglichen Protest aufzugeben und den Betreiber des Gesetzes, Lega-Chef und Innenminister Matteo Salvini, zu unterstützen.

Geldstrafen von bis zu einer Million Euro 

Lediglich fünf der M5S-Senatoren hatten moralische Skrupel und stimmten gegen das Gesetz, das den Sicherheitsorganen des Landes größeren Spielraum lässt. Allerdings muss noch Staatspräsident Sergio Mattarella das Gesetz abzeichnen, er hatte im Vorfeld starke Bedenken angemeldet. Zudem haben vor allem linksgerichtete Politiker die Hoffnung, dass das Verfassungsgericht das Gesetz als verfassungswidrig zurückweisen könnte.

Das Gesetz gibt Ordnungskräften wie der Polizei, den Carabinieri und der Küstenwache weit reichende Vollmachten. Seenotrettungsschiffen von unabhängigen Organisationen kann künftig noch deutlicher das Einlaufen in italienische Territorialgewässer oder Häfen untersagt werden. Zuwiderhandlungen müssten laut Gesetz das Aufbringen des Schiffes und seine Sequestrierung zur Folge haben. Die Betreiber müssen mit einer Geldstrafe bis zu einer Million Euro rechnen. Kapitäne solcher Schiffe, die sich wie Carola Rackete, den Anweisungen der Küstenwache widersetzen und aus humanitären Gründen dennoch einen italienischen Hafen anlaufen, haben mit langjährigen Haft- und hohen Geldstrafen zu rechnen. Strafandrohung gibt es auch für humanitäre Helfer an Land.

Helme, Mützen und Kapuzen

Das neue Gesetz verschärft die harten Regelungen des Bossi-Fini-Gesetzes. Das vom damaligen Lega-Nord-Chef Umberto Bossi und dem Führer der postfaschistischen Alleanza Nazionale, Gianfranco Fini, im Jahr 2002 eingebrachte Gesetz stellte sowohl die „illegale Einwanderung“ – also die Flucht nach Italien – als auch die Hilfe bei solcher Flucht unter Strafe. Die Migrationspolitik hat sich unter den verschiedenen Berlusconi-Regierungen noch verschärft – bis zum heutigen Ergebnis.

Obwohl Salvini mit seinem Gesetzentwurf in beiden Kammern durchgekommen ist, gefällt bei weitem nicht allen Italienern die neue Sicherheitsverordnung. Doch auch hier will der Lega-Chef vorauseilend agieren: Polizei und anderen Sicherheitskräften sind größere Vollmachten im Umgang mit Demonstranten eingeräumt worden.

Die gewaltsamen Ausschreitungen der Polizei beim G8-Gipfel in Genua 2001, bei denen der Student Carlo Giuliani erschossen und Hunderte Demonstranten verletzt wurden, sind immer noch tief im Gedächtnis politisch Protestierender vorhanden. Es mag wenig verwundern, wenn Demonstranten, die einer hochgerüsteten Staatsmacht gegenüberstehen, sich ebenfalls mit Helmen, Mützen und Kapuzen zu schützen suchen. Dies jedoch ist nun nach dem neuen Gesetz ein Straftatbestand, der verschärft verfolgt werden kann. Zwar galt bereits vorher ein Vermummungsverbot, doch sind die Strafen nun auf eine Haft zwischen zwei bis drei Jahren und einer Geldstrafe bis zu 6.000 Euro angehoben werden.

Elektrische Schusswaffen

Drastischer noch fällt die Strafe gegen Personen aus, die Stöcke, Feuerwerkskörper oder ähnliches gegen Ordnungskräfte benutzen. Der Verdacht reicht bereits aus, was das Graufeld dieser Taten bedenklich erhöht: Provokateure der Polizei – in der Vergangenheit bereits mehrfach beobachtet – könnten die neuen Gesetzeslage ausnutzen, um gegen Unliebsame vorzugehen.

Dabei sollen dem Gesetz zufolge auch die Mittel für die Ausrüstungen der Ordnungskräfte erhöht werden. Bislang nur in einigen großen Städten im Test, sollen jetzt auch auf breiter Ebene elektrische Schusswaffen, sogenannte Taser, zum Einsatz kommen. Kritiker befürchten, dass die Hemmschwelle, eine solche Waffen auch zu benutzen, stark sinken wird.

Matteo Salvini ist nicht der Politiker, der auf Deeskalation setzt. Der Lega-Chef will seine Machtpositionen ausbauen und mit allen Mitteln verteidigen. Die Senatoren der Demokratischen Partei stimmten gegen das Gesetz. PD-Chef Nicola Zingaretti nannte das Ergebnis der Abstimmung „beschämend“: M5S hätte sich als „Sklave des Machterhalts und der Lega gezeigt“. Italiens bekannter Anti-Mafia-Priester Don Luigi Ciotti, Gründer der Initiative Libera, erklärte, die italienische „Politik sei in Korruption verkommen“. Mit seiner Aktion „Unmenschlichkeit darf nicht Gesetz werden“ wolle er zum zivilen Widerstand gegen die Gesetzesnovelle aufrufen.

Müller jang
7. August 2019 - 16.12

Im Flüchtlingsdrama hat die gesamte EU versagt!

Nomi
7. August 2019 - 11.41

Den Salvini ob d'Menschenrechtsgeriicht ob DenHaag ! Et ginn aaner Meiglechkeeten de Problem ze lei'sen ! E Fong mat engem Marshall Plang fir Afrika, fir datt d'Leit vun do eng Perspektiv krei'en ! Si mussen hiren Ars . . selwer aus dem Dreck zei'en, an dann kennen se Stolz sinn !

de Prolet
7. August 2019 - 9.25

Todesstrafe für Retter von Menschenleben. So weit kommt's noch! Perverser geht's nicht.