EditorialInformationsschlachten – Wie die Explosion im al-Ahli-Arab-Krankenhaus den Krieg beeinflusst

Editorial / Informationsschlachten – Wie die Explosion im al-Ahli-Arab-Krankenhaus den Krieg beeinflusst
Zerstörung vor dem al-Ahli-Arab-Krankenhaus in Gaza Foto: AFP/Shadi Al-Tabatibi

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die Meldung erschütterte am Dienstag die Welt: Mitten im immer heißer laufenden Konflikt zwischen Israel und der Hamas gibt es vor oder in einem Krankenhaus in der Millionenstadt Gaza eine Explosion. Wahrscheinlich sind mehrere 100 Menschen gestorben. Die Medien – auch die europäischen und amerikanischen – reagieren sofort und jagen die Nachricht, die auf das „Gesundheitsministerium im Gazastreifen“ zurückgeht, über den Äther. „Hamas: Mindestens 200 Tote bei israelischem Angriff auf Krankenhaus-Komplex“, schickt etwa die französische Nachrichtenagentur AFP über den Ticker. Der Eindruck wird erweckt: Israel hat ein Krankenhaus beschossen.

Die Medien haben sich bei ihrer Berichterstattung über die Explosion des al-Ahli-Arab-Krankenhauses nicht mit Ruhm bekleckert. CNN, BBC und auch der Deutschlandfunk, sie alle übernahmen das Narrativ der Hamas, dass Israel – absichtlich oder nicht – ein Ziel angegriffen habe, wie es ziviler nicht sein kann. Ein Narrativ, das Israels Regierung und Militär vehement abstreitet, inklusive einiger mehr oder weniger überzeugender Beweise.

Aber die Medien dürfen nicht den Fehler machen, „die Hamas“ und ihre Komplizen mit der malträtierten Bevölkerung in Gaza oder palästinensischen Freiheitsbewegung zu verwechseln. Die Hamas und ihre Kassam-Brigaden haben die säkulare Fatah in einem Bürgerkrieg aus dem Gazastreifen vertrieben. Sie bestimmen seit 16 Jahren autokratisch über das schmale Stück Küste. Die Hamas wird von zahlreichen Staaten auf der Welt als Terrororganisation eingestuft – ein Prädikat, das spätestens seit den ultrabrutalen Angriffen vom 7. Oktober als mehr als gerechtfertigt gelten kann.

Ja, die Herrschaft der Islamisten ist tatsächlich irgendwo ein obskures Produkt der Demokratisierungsbemühungen in den palästinensischen Autonomiegebieten in den 2000er-Jahren. Aber ihrer Verwaltung dieselbe Legitimität wie den Behörden eines Rechtsstaats zu geben, ist absurd.

Wer schlussendlich die Explosion im al-Ahli-Arab-Krankenhaus verursacht hat, wird möglicherweise nie endgültig geklärt werden. Denkwürdig dagegen die Aussage des ehemaligen Chefs des israelischen Inlandsgeheimdiensts am Donnerstag: Man müsse sich darüber klar sein, wie erfolgreich die Hamas die Explosion im „information war“ genutzt habe.

Und tatsächlich: Genutzt hat die Katastrophe den Radikalen in Gaza – nicht dem demokratischen Israel. In sämtlichen arabischen Städten laufen die anti-israelischen Proteste heiß, in Europa werden Juden bedroht und angegriffen. Die Reaktionen gingen so weit, dass König Abdullah von Jordanien den Gipfel mit US-Präsident Biden, Ägyptens Staatslenker al-Sisi und PLO-Chef Abbas abgesagt hat.

Ist es für die Wahrheit schon zu spät? Die Medien sind mehr denn je gefragt, die wahren Schurken zu nennen – oder zumindest einzugestehen, wenn sie sie nicht kennen. Das sind sie den Menschen in Gaza wie Israel schuldig.