CannabisIn Deutschland darf jetzt legal gekifft werden – die wichtigsten Fragen und Antworten dazu

Cannabis / In Deutschland darf jetzt legal gekifft werden – die wichtigsten Fragen und Antworten dazu
Ab dem 1. April tritt in Deutschland das Gesetz zur Teil-Legalisierung von Cannabis in Kraft Foto: AFP/John MacDougall

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Wer mit Cannabis erwischt wird, muss bisher in Deutschland mit einer Geldstrafe oder in schweren Fällen mit Gefängnis rechnen. Das wird sich nun ändern: Zum 1. April tritt das Gesetz zur Teil-Legalisierung von Cannabis in Kraft.

Der Besitz und kontrollierter Anbau von Cannabis zum privaten Gebrauch sind ab dem 1. April in Deutschland erlaubt – allerdings mit zahlreichen Einschränkungen. Fragen und Antworten zu den Plänen und ein Überblick über medizinische und gesundheitliche Aspekte des Cannabis-Konsums:

Was ist Cannabis?

Cannabis ist eine Hanfpflanze. Sie enthält den psychoaktiven Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC). Das Rauschmittel stammt dabei aus den Blütenspitzen und Blättern oder dem Cannabisharz. Als Droge wird Cannabis fast ausschließlich geraucht, oft vermischt mit Tabak. In kleinen Dosen kann der Konsum Euphorie, Angstverlust, Beruhigung oder Schläfrigkeit erzeugen.

Welche Wirkstoffe enthält Cannabis?

Eine Hanfpflanze enthält mehrere hundert chemische Verbindungen, darunter neben den so genannten Cannabinoiden auch Substanzen anderer Stoffgruppen wie Aminosäuren, Proteine, Zucker, Alkohole oder Fettsäuren. Die beiden wichtigsten Inhaltsstoffe von Cannabis sind Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Ihnen wird unter anderem eine schmerzlindernde, entzündungshemmende, appetitanregende, entspannende bis euphorisierende und krampflösende – dem THC vor allem die berauschende – Wirkung zugeschrieben.

Warum will die Regierung Cannabis teilweise legalisieren?

Die Ampel-Parteien hatten sich schon in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, „die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken“ zu ermöglichen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verweist darauf, dass die Versuche, den Schwarzmarkt strafrechtlich zurückzudrängen, gescheitert seien. Dort werde Cannabis „häufig verunreinigt“ angeboten, was zusätzliche Gesundheitsgefahren schaffe.

Was ist dran an verunreinigtem Cannabis auf dem Schwarzmarkt?

Der Deutsche Hanfverband, aber auch BKA und Zollkriminalamt warnen vor mit synthetischen Cannabinoiden versetzten Cannabisprodukten. Diese werden auf CBD-Hanf oder minderwertige Cannabisblüten aufgetragen und wirken oft stärker als das in Cannabis enthaltene psychoaktive THC. Dadurch steige das Abhängigkeitspotenzial und die Gefahr einer Überdosierung. Zudem wird Gras mitunter mit allem Möglichen wie Sand, Haarspray, Talkum, Gewürzen, Glas oder Blei gestreckt.

Wie sieht die Legalisierung aus?

Im öffentlichen Raum soll der Besitz von 25 Gramm getrocknetem Cannabis straffrei bleiben. Anbau und Abgabe soll vorerst über Anbauvereine ermöglicht werden. Im Eigenanbau zuhause sind bis zu 50 Gramm sowie drei Pflanzen erlaubt. Geplant ist ein abgestuftes Inkrafttreten der Reform: Das Gesetz insgesamt tritt am 1. April in Kraft, die Vorschriften für die Anbauvereinigungen jedoch erst am 1. Juli. Dies soll Behörden in den Kommunen genug Zeit für die Prüfung und Erteilung von Genehmigungen geben.

Wie viel Cannabis kann man über die Vereine bekommen?

Die Vereine oder Clubs dürfen den Plänen zufolge maximal 25 Gramm Cannabis pro Tag und 50 Gramm pro Monat an ihre bis zu 500 Mitglieder abgeben. Mitglieder können nur Erwachsene werden. Sind diese zwischen 18 und 21 Jahre alt, bekommen sie höchstens 30 Gramm pro Monat. Bei ihnen gibt es auch eine Begrenzung für den Gehalt des Rauschmittels THC – er darf nicht über zehn Prozent liegen.

Die Cannabis-Vereine dürfen zudem Samen und Stecklinge an die Mitglieder zum Eigenanbau zuhause weitergeben. Hier sollen maximal sieben Samen oder fünf Stecklinge pro Monat erlaubt sein.

Ist auch ein Verkauf über Fachgeschäfte geplant?

Mittelfristig ja. Die Bundesregierung will dies aber erst in einer zweiten Stufe und über ein weiteres Gesetz regeln, das derzeit vorbereitet wird. Geplant sind Modellregionen, in denen für fünf Jahre auch der kommerzielle Verkauf über lizenzierte Fachgeschäfte getestet wird.

Welcher THC-Grenzwert gilt im Straßenverkehr?

Bislang ist das Führen eines Kraftfahrzeugs unter Drogeneinfluss generell verboten. Eine unabhängige Expertengruppe des Bundesverkehrsministeriums hat sich jedoch für einen THC-Grenzwert von 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blutserum im Straßenverkehr ausgesprochen. Begründet wurde dies unter anderem mit den langen Nachweiszeiten von Cannabis: Autofahrerinnen und Autofahrer sollen in Zukunft nur belangt werden, wenn der Konsum „in einem gewissen zeitlichen Bezug“ zum Fahren erfolgte. Zur Einführung des vorgeschlagenen Grenzwertes muss nun noch das Straßenverkehrsgesetz geändert werden.

Was hat es mit dem THC-Wert auf sich?

Untersuchungen zufolge ist der THC-Wert in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Bei Cannabisharz, auch Haschisch genannt, verdreifachte sich der mittlere THC-Gehalt in etwa und bei Cannabisblüten verdoppelte er sich nahezu. Experten zufolge könnte damit auch eine Zunahme der Gesundheitsgefahren verbunden sein. Im Gegenzug ist Studien zufolge in vielen hochgezüchteten Cannabissorten der Gehalt an Cannabidiol, dem eine entspannende bis angstlösende Wirkung nachgesagt wird, gesunken. Dieses Missverhältnis zwischen viel THC und wenig CBD sehen Experten als erhöhtes Risiko für Cannabis-Psychosen.

Welche Gesundheitsrisiken birgt Cannabis?

Legalisierungskritiker verweisen auf die Gefahr von Schäden an Gesundheit und Psyche gerade für jüngere Menschen. Die Reifung des zentralen Nervensystems und des Gehirns sei erst mit Mitte 20 abgeschlossen. Je früher, häufiger und intensiver Cannabis konsumiert werde, desto größer sei beispielsweise das Risiko gerade für vorbelastete Menschen, an einer Psychose und Schizophrenie zu erkranken. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) entwickeln rund zehn Prozent der regelmäßigen Cannabiskonsumenten eine psychische Störung.

Auch Lauterbach verweist darauf, dass Cannabiskonsum „gefährlich“ sei – besonders für Jugendliche und junge Erwachsene. Sein Ministerium hat eine Aufklärungskampagne für diese Zielgruppe gestartet. Eine erste Bewertung zu den Auswirkungen der Legalisierung auf den Kinder- und Jugendschutz soll 18 Monate nach Inkrafttreten vorliegen.

Wo wirkt Cannabis im Gehirn?

Die pharmakologische Wirkung ist noch nicht vollständig aufgeklärt. Ein Großteil der Cannabiswirkungen wird zwei körpereigenen Cannabinoid-Rezeptoren – CB1 und CB2 zugeschrieben. Dem Hirnforscher Martin Korte von der Technischen Universität Braunschweig zufolge wirken sich Cannabinoide besonders auf den Stirnlappen aus, einen wichtigen Teil des Frontalhirns. Diese Hirnregion verleiht Menschen die Fähigkeit, Handlungen zu planen, Probleme zu lösen und Impulse zu kontrollieren. „Wenn Jugendliche regelmäßig kiffen, riskieren sie eine Minderung dieser Fähigkeiten, sie reagieren impulsiver und können sich schlechter auf eine Aufgabe konzentrieren“, sagt Korte.

Cannabis setzt vor allem am limbischen System an, das mit dem Kurzzeitgedächtnis, bestimmten Gefühlsqualitäten und der Konzentrationsfähigkeit verknüpft ist. Pathologische Veränderungen im Gehirn bilden sich auch nach Absetzen des Marihuanawirkstoffes nicht immer zurück. Langfristig wird bei Kiffern das Kurzzeitgedächtnis getrübt, das Denkvermögen beeinträchtigt, das Leseverständnis und die Fähigkeit, mathematische Probleme zu lösen, gestört.

Wie häufig sind Diagnosen?

Dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI) zufolge wurde 2021 bei insgesamt 108.313 gesetzlich Versicherten in Deutschland zwischen zehn und 54 Jahren eine psychische Störung oder Verhaltensstörung durch Cannabinoide dokumentiert. Das ZI geht aber von einer Dunkelziffer aus.

Daten der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) zeigten jüngst, dass in der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen die Diagnosen wegen eines akuten Rausches, einer Abhängigkeit, Entzugserscheinungen oder psychischer Probleme aufgrund von Cannabinoiden zwischen 2012 und 2022 um das Anderthalbfache anstiegen.

Welche Folgen drohen noch?

Neben dem kurzfristig berauschenden Gefühl kann es zu Angst, Panikgefühlen, Filmrissen, Herzrasen oder Übelkeit kommen. Cannabis verringert die Aufmerksamkeit und schränkt die Psychomotorik ein, also die durch psychische Vorgänge beeinflussten Bewegungen wie Gehen und Sprechen. Jugendliche, die Cannabis nehmen, haben Untersuchungen zufolge häufiger Schulprobleme und brechen ihre Ausbildung öfter ab. Daneben wird chronischer Cannabiskonsum mit einem erhöhten Risiko für körperliche Leiden wie beispielsweise Atemwegserkrankungen und Hodenkrebs in Verbindung gebracht.