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ÖsterreichImpfpflicht ist trotz neuen Rekords bei Neuinfektionen ausgesetzt

Österreich / Impfpflicht ist trotz neuen Rekords bei Neuinfektionen ausgesetzt
Gesundheitsminister Johannes Rauch (l.) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler erklärten gestern vor der Presse, die Impfpflicht werde innerhalb von drei Monaten überprüft Foto: Robert Jaeger/APA/dpa

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Ausgerechnet an dem Tag, an dem die Zahl der Neuinfektionen auf einen neuen Rekord schnellte, hat Österreich die seit fünf Wochen geltende Impfpflicht ausgesetzt.

Im November war die Alpenrepublik vorgeprescht, kündigte als erstes EU-Land eine Corona-Impfpflicht an, die am 4. Februar in Kraft trat. Mit Zuckerbrot und Peitsche wollte die türkis-grüne Regierung die Impfmuffel zur Nadel bringen – und scheiterte mit beidem: Die von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) bei der Präsentation des Impfgesetzes angekündigte Impflotterie kam nicht zustande, weil der Staatsrundfunk ORF deren Ausrichtung verweigerte. Der auf Unabhängigkeit bedachte Redakteursrat wollte nicht Teil der Regierungskampagne sein. Einen anderen Lotterie-Organisator konnte oder wollte die Regierung nicht finden. Auch die in Aussicht gestellten Finanzboni für Gemeinden mit hohen Impfquoten wird es nicht geben. Am Mittwoch stand die Entscheidung an, ob die zunächst nicht mit Strafen bewehrte Impfpflicht ab Mitte März scharf gestellt wird, indem notorischen Impfverweigerern bis zu 3.600 Euro Geldbuße aufgebrummt werden.

Doch der Ministerrat entschied anders: Die Impfpflicht wird ausgesetzt. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) begründete dies damit, dass eine Pflicht bei der Omikron-Variante nicht verhältnismäßig sei. Der nach dem Rücktritt von Wolfgang Mückstein erst am Dienstag angelobte neue Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) trug die Entscheidung mit. Der Neo-Minister, dessen Vorgänger nicht länger unter Rund-um-die-Uhr-Polizeischutz leben wollte, muss zumindest vorerst nicht den Zorn radikaler Impfgegner fürchten. Die triumphierten gestern.

Immerhin kann sich die Politik, die in der Vergangenheit Ratschläge von Fachleuten oft in den Wind geschlagen hatte, dieses Mal auf die Empfehlung einer Expertenkommission aus Medizinern und Juristen berufen. Diese hatte die Impfpflicht für nicht mehr verhältnismäßig erklärt, da kein Kollaps des Gesundheitssystems drohe.

Ob diese Einschätzung realistisch war, kann bezweifelt werden. Denn gestern kamen 47.795 Neuinfektionen hinzu, 16.000 mehr als am Tag davor und so viele wie noch nie in den zwei Pandemiejahren. Der dramatische Anstieg spiegelt die vor zwei Wochen beendeten Semesterferien wider. Noch nicht enthalten ist der Effekt der Aufhebung fast aller Corona-Schutzmaßnahmen am Wochenende. In den nun wieder geöffneten Diskos tanzt Österreich zu neuen Infektionsrekorden.

Spitäler füllen sich

Aus Sicht des Covid-Prognose-Konsortiums – ein anderes Expertengremium – kamen die Öffnungsschritte zu früh. Es rechnet mit einem Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenz von derzeit 2.560 auf über 3.000 binnen einer Woche.

Wie lange die Begründung für das Aussetzen der Impfpflicht also noch hält, wird sich bald herausstellen. Zwar stehen wegen der überwiegend milden Verläufe von Omikron-Infektionen die Intensivstationen tatsächlich nicht vor dem Kollaps, auf den Normalstationen schaut es in den Spitälern aber etwas anders aus. Die Hauptstadt Wien meldete gestern bereits mit 603 Covid-Patienten in ihren Spitälern einen Höchststand. Nach wie vor müssen nicht dringende Operationen verschoben werden.

Die oppositionelle SPÖ warnt bereits vor einer Katastrophe im Herbst, wenn die nächste Welle kommt. Erst in drei Monaten will die Bundesregierung entscheiden, ob die Impfpflicht wieder aktiviert wird. Ohne Zuckerbrot und/oder Peitsche wird sie aber nichts bringen: In den fünf Wochen der zahnlosen Impfpflicht gab es lediglich 26.000 Erststiche, die Impfquote blieb mit 77 Prozent fast unverändert.

HTK
10. März 2022 - 8.41

"...den Zorn radikaler Impfgegner fürchten. Die triumphierten gestern." und die Spitäler füllen sich. Na da werden doch sicher einige von denen dabei sein. Nach dem Motto: " Wir triumpfieren uns ins Abseits." Eine neue Art des Schwachsinns. Aber wir haben ja heuer ein anderes Problem als ein tödliches Virus.Der Spritpreis.
Da hört sogar keiner mehr den Clowns Pauli und Freitag zu.