KunsteckeImagine! „100 years of international surrealism“ in Brüssel

Kunstecke / Imagine! „100 years of international surrealism“ in Brüssel
© Salvador Dalí, Fundació Gala-Salvador Dalí, Figuere; © 2019, Succession Magritte c/o Sabam Foto: J. Geleyns - Art Photography

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1924 verfasst André Breton sein „Manifeste du surréalisme“. Auf der Grundlage dieser theoretischen Abhandlung entwickelt sich Anfang des 20. Jahrhunderts neben anderen Kunstbewegungen auch der Surrealismus als eigene Gattung. Am Rande des belgischen Vorsitzes in der Europäischen Union findet vom 21.2. bis 27.7.2024 im „Royal Museum of fine Arts of Belgium“ die als europäische Wanderausstellung konzipierte Schau „Imagine! – 100 years of international surrealism“ statt. Über 100 Werke sollen den Surrealismus und seine Vorläufer durchleuchten. Die Expo zieht nach Brüssel und Paris auch nach Hamburg, Madrid und Philadelphia.

Feiert Paris 2024 das 150-jährige Jubiläum des Impressionismus mit einer Expo im Musée d’Orsay, so beginnt nun in Brüssel eine beeindruckende Schau zum 100. Jahrestag des Surrealismus. In der Tat erinnert dieses Jahr an die Verfassung des „Manifestes des Surrealismus“ des Schriftstellers André Breton, doch die Wurzeln der so beschriebenen Bewegung reichen noch länger zurück. In Belgien beispielsweise hat es seit 1880 vorbereitende Strömungen diverser Arten gegeben. Die Kunstgeschichte des Landes listet Vertreter des Symbolismus wie Rops, Spilliaert, Khnopff und Minne auf, Künstler, die in obiger Expo vertreten sind. Langsam, aber zielgerecht entwickelt sich Brüssel später zu einem Zentrum des Surrealismus.

Wie weit reicht diese Schau?

Den Kuratoren dieser außergewöhnlichen Ausstellung geht es darum, den bedeutenden Einfluss des Surrealismus in zahlreichen Sparten des geistigen Lebens und Schaffens zu dokumentieren sowie bekannte Vertreter dieser Kunstrichtung zur Geltung zu bringen, etwa Max Ernst, Giorgio de Chirico, Salvador Dalí, Joan Miró, Jane Graverol, Dorothea Tanning, Man Ray oder Leonor Fini. Das Prinzip der Schau will eine Zweiteilung mit Hauptexponaten und Werken, die jeweils an die Landesbedingungen angepasst sind. Der Kern des Gezeigten ist an allen Ausstellungsplätzen derselbe, doch können die veranstaltenden Museen – also Centre Pompidou in Paris, Hamburger Kunsthalle, Fundación Mapfre in Madrid oder das Philadelphia Museum of Art – diesen mit lokalen Künstlern anreichern, um die Auswirkungen des Surrealismus auf die dortige Kunstwelt plastisch zu illustrieren. Dass der Startschuss der Tournee in Brüssel gefallen ist, hängt damit zusammen, dass diese Bewegung in und von Brüssel aus mit profilierten Künstlern Kunstgeschichte geschrieben hat.

Die belgische Hauptstadt beherbergt bekanntlich ein „Magritte-Museum“. Dieses setzt parallel zur genannten Expo den Mann mit dem schwebenden Hut, dem grasgrünen Apfel und der „imaginären“ Pfeife in Dialog mit den fantasievollen Werken von Jean-Michel Folon, einem belgischen Maler, der René Magritte zwar schätzte, ihn aber nie selber getroffen hat. Um den Kindern von heute den poetischen Diskurs in diesen Werken geschickt darzulegen, findet am 29. Februar ein Kindertag im Magritte-Museum statt. Auch die „Musées royaux des beaux-arts de Belgique“ geben sich begleitend zur Ausstellung die Mühe, mit Führungen und Konferenzen, etwa am 25. Februar, Sinn und Zweck der Exponate sowie den Surrealismus an sich zu erläutern.

Was ist Surrealismus?

Der Begriff „surréalisme“ stammt aus dem Französischen. Er wurde einst von Guillaume Apollinaire benutzt und heißt wörtlich übersetzt „über dem Realen/der Wirklichkeit“. Der Schriftsteller fügt dem hinzu, es gehe um die Darstellung des Unwirklichen, des Fantastischen, des Traumhaften, andere Künstler sprachen gar von dem „Absurden“, und ein Lexikon deutet den Surrealismus als „all jene Dinge, die nicht durch den menschlichen Verstand und seine Erfahrung zu fassen sind und oft in den Tiefen des Unterbewusstseins schlummern“.

Prägte Apollinaire den Begriff, so gelten generell vor allem Schriftsteller wie André Breton (1896-1966) und Künstler wie Max Ernst (1891-1976) als Begründer dieser Bewegung. Aus Literatur, Kunst oder Film sind uns – neben den bereits weiter oben genannten – auch Namen wie Paul Éluard oder Luis Buñuel bekannt. Diverse Kunstformen nahmen sich der theoretischen Grundlage von Breton an, um diese in einer eigenen Sprache und Gestaltung frei zu interpretieren. Heben wir in diesem Zusammenhang nur den Spanier Salvador Dalí (1904-1989) und den belgischen, bereits erwähnten Maler René Magritte (1899-1967) hervor. Beide waren vor Jahren in einer gemeinsamen Schau in Brüssel zu sehen, mit der nun anlaufenden Ausstellung wird das Spektrum der Surrealisten jedoch erheblich erweitert.

Die surrealistische Malerei sticht durch eine genaue und präzise Darstellung hervor, ohne aber die Zusammenhänge der gezeigten Motive erkennen zu lassen. Wird der Surrealismus einfach als „Kunst zwischen Traum und Wirklichkeit“ definiert, da es darum geht, eine Art „Überwirklichkeit“ zu schaffen. Die in der bildenden Kunst eingesetzten Techniken reichen von Collage, Zeichnung, Malerei bis hin zur Skulptur. Die Liste der interessanten Sachbegriffe ließe sich fortsetzen. Durch die genannte Vermischung von Realem und Erträumtem schöpfte der Künstler aus dem Vollen, auch wurden gerne Elemente aus der Vergangenheit verarbeitet. Die Stile prominenter Vorreiter wie Magritte, Dalí oder Miró sind sehr persönlich, geben darum ein breites, aber nicht einheitliches Panorama des Surrealismus ab.

Mit über 100 ausgewählten Werken wichtiger Künstler feiert das „Royal Museum of Fine Arts of Belgium“ zwar „100 Jahre Surrealismus international“, jedoch wie angekündigt mit einer Prise „belgischer Eigenmarke“. In den Kunstmuseen der Partnerstädte wird später die Kernpalette der gezeigten Arbeiten auch regional ergänzt. Dies dürfte vor allem in Paris und in Madrid spannend werden, da zahlreiche Epigonen des Surrealismus aus diesen beiden Ländern stammen. Bis Juli aber steht die Expo „Imagine!“ im nahen Brüssel im Mittelpunkt.

Informationen

Royal Museum of fine Arts of Belgium
rue de la Régence 3, 1000 Brüssel
www.fine-arts-museum.be

Musée Magritte
Place royale 1, 1000 Brüssel
www.musee-magritte-museum.be