Mit 92 Jahren ist Rupert Murdoch einer der einflussreichsten Medienschaffenden der Welt. Sein Rückzug wurde in seiner Heimat Australien deswegen mit sehr gemischten Gefühlen aufgenommen. „Es ist überwältigend“, formulierte es der frühere australische Premierminister Malcolm Turnbull im Interview mit dem Radiosender ABC Melbourne. Laut Turnbull habe es bisher keinen anderen Australier gegeben, „der weltweit so großen Einfluss hatte“.
Zum Medienimperium Murdochs gehören der konservative US-Sender Fox News wie auch die Mediengruppe News Corp, die das amerikanische Wall Street Journal, und die New York Post, australische Zeitungen wie The Australian und britische Blätter wie The Sun und The Times herausbringt. Murdoch, der einst 1952 startete, als er eine Mehrheitsbeteiligung an News Limited, dem Herausgeber einer Zeitung im australischen Adelaide, erbte, hatte sein Imperium stetig ausgebaut. Auf diese Weise gelang es ihm, über viele Jahrzehnte hinweg eine der einflussreichsten Stimmen in Australien, den USA und Großbritannien zu werden.
Ein „Wut-tainment“-Ökosystem geschaffen
Der ehemalige Premierminister Turnbull ging mit dem Vermächtnis Murdochs hart ins Gericht: Er nannte es „schockierend“. Die Murdoch-Medien seien diejenigen, die die Realität der globalen Erwärmung geleugnet und Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung verzögert hätten, meinte er. Mit Fox News habe Murdoch „ein ‚Wut-tainment‘-Ökosystem in den Vereinigten Staaten geschaffen“. Dieses habe die Amerikaner so sehr erzürnt und gespalten, wie dies seit dem Bürgerkrieg nie wieder der Fall gewesen sei. Mit dem Bürgerkrieg spielte Turnbull auf den Sezessionskrieg zwischen 1861 und 1865 an, als sich die Südstaaten in den USA wegen der Sklavenfrage abtrennten und in der Folge dann gegen die Nordstaaten kämpften.
Murdoch selbst schrieb in einem Memo an die Mitarbeiter, dass er wie auch sein Vater Keith stets fest an die Freiheit geglaubt habe. Gleichzeitig kritisierte er große Teile der anderen Medien. „Die Eliten hegen offene Verachtung für diejenigen, die nicht zu ihrer besonderen Klasse gehören“, meinte er. „Die meisten Medien stecken mit diesen Eliten unter einer Decke und verbreiten politische Narrative, anstatt der Wahrheit nachzugehen.“
Mini-Revolution in der Heimat
Letzteres ist eigentlich ein Vorwurf, den Murdoch sich selbst auch häufiger schon gefallen lassen musste. Turnbull ist bei Weitem nicht der erste frühere Premierminister, der sich kritisch über seine Medienmacht geäußert hat. 2020 startete der ehemalige sozialdemokratische Premierministers Kevin Rudd eine Petition, in der er der Murdoch-Presse vorwarf, Redefreiheit und öffentliche Debatte zu untergraben.
Auslöser war damals, dass Murdoch, der zu diesem Zeitpunkt bereits 14 der 21 großen Tages- und Wochenzeitungen in Australien sein Eigentum nannte, mitten in der Corona-Krise auf einen Schlag 112 lokale und regionale Zeitungen aufkaufte und sie entweder komplett einstellte oder auf digital umstellte. Dadurch sah Rudd die Medienvielfalt und die öffentliche Debatte in Australien gefährdet. Zudem wurden einigen Murdoch-Medien damals falsche oder zumindest nachlässige Berichterstattung sowie Stimmungsmache vorgeworfen. Beispielsweise hatten die Murdoch-Medien in Australien einige irreführende Artikel über das Coronavirus veröffentlicht und zuvor auch die Buschfeuer-Katastrophe um die Jahreswende heruntergespielt. So bezeichneten Moderatoren des Murdoch-Senders Sky News Australia die Debatte um die Rolle des Klimawandels bei den Bränden beispielsweise als „dumm“, „rücksichtslos“ und „offensiv“.
„In robuster Verfassung“
In Rupert Murdochs Fußstapfen tritt nun sein 52-jähriger Sohn Lachlan. Damit verlagert sich die Führung des globalen Murdoch-Imperiums wieder verstärkt nach Australien. Denn der jüngere Murdoch lebt seit März 2021 mit seiner Familie wieder in Sydney, wo seine in Australien aufgewachsene Frau Sarah den Lebensstil und die Schulbildung bevorzuge, wie es in lokalen australischen Medien hieß. Das Paar hat drei gemeinsame Kinder. Lachlan Murdoch selbst pendelt regelmäßig mit seinem Privatjet zur Arbeit bei Fox Corp in Los Angeles sowie zum Hauptsitz von News Corp in New York.
Ansonsten dürfte sich aber nicht allzu viel ändern. Denn – wie der Murdoch-Kritiker Turnbull bei der ABC betonte – Lachlan sei in seiner Herangehensweise an die Politik und das Mediengeschäft „weitgehend auf einer Wellenlänge“ mit dem Vater. Rupert Murdoch ist zudem weiter Mehrheitsaktionär. Außerdem will er sich trotz seines Rücktritts nicht völlig aus dem Mediengeschäft zurückziehen, wie er in seinem Mitarbeiter-Memo schrieb. „Während meines gesamten Berufslebens habe ich mich täglich mit Neuigkeiten und Ideen beschäftigt, und das wird sich auch nicht ändern.“ Das Unternehmen sei „in einer robusten Verfassung“, genau wie er selbst auch. Er werde auch weiterhin „unsere Sendungen mit kritischem Auge verfolgen, unsere Zeitungen, Websites und Bücher mit großem Interesse lesen und mich mit Gedanken, Ideen und Ratschlägen an Sie wenden“.
De Maart
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